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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0489
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III 19 Kirchenordnung (von 1567?)

nach gemeinem nutz als sein eigen gut hat, als nem-
lich ist leib und leben, verbeut darin nit allein das
eußerlich morden mit schwerd und faust, mit schen-
den, schelten und ungeberden, sondern auch das
innerlich morden des herzens, zorn, neid, haß und
allerlei feindschaft gegen dem negsten, item sein
selb morden mit unordentlichem, uberflüissigem
fressen und saufen. Dargegen so gebeuts legitimam
defensionem sein selbs und eins andern, liebe, gedult,
langmütigkeit, freundlichkeit, gütigkeit, meßigkeit
und dergleichen tugente.
Sextum praeceptum.
Dis gebot redet von dem negsten gut, so der
mensch das liebste hat und haben sol nach seinem
selb eigen leib und leben, als nemlich ist sein ehe-
gemahl. Ordnet Gott und bestetigt damit abermals
den ehelichen stand, verbeut und verdampt alle un-
zucht, eußerliche und innerliche, es sei mit werken,
worten oder geberden oder nur mit lüsten und ge-
danken allein gegen eins andern ehegemahel, die itze
gegenwertig eins andern ist oder werden sol. Gebeut
reinigkeit, keuschheit, zucht gegen ihm selb und
gegen frembden, liebe und treue gegen sein eigen
ehegemahel.
Septimum praeceptum.
Dis gebot redet von dem zeitlichen gut und na-
rung, als das zu erhaltung aller stende und eines
jeden selb eigen leib, leben, weib, kind, gesinde (von
denen allen in negsten geboten bisher gehört ist)
auch von nöten und derhalben in gemein und in son-
derheit einem jeden billich angelegen ist, bestetigt ei-
nem jeden sein eigen gut, ehrlichen, ziemlichen ge-
winst und brauch desselben.
Verbeut alle ungerechtigkeit in gewinnung, be-
sitzung und brauch der narung an allen stenden und
personen, offentliche und heimliche, auch falschen
schein der gerechtigkeit, als nit allein ist das offent-
liche rauben, stelen, scharren, kratzen, schinden,
schaben, umbschlagen und wuchern, kargen, ver-
schwenden, sondern auch das heimliche stelen mit
geizen, triegen, ubersetzen und allerlei verforteilen,
faul sein und müßiggehen, mit müßiggehen oder
mit ubels tun gute tage und hoffart suchen usw.
Gebeut dargegen treue erinnerung, besitzung,

brauch und widerausspendung seiner narung, es sei
mit erbnemen, hantiren, kaufen, verkaufen, leihen,
geben, nachdem einem jeden zu geben ist, zu kirchen
und regiment, zu gebürlicher unterhaltung sein selb
und der seinen, auch der waren armen und, das ein
jeder darzu etwas gutes lerne, was er gelernt hat und
selber kan, dasselbig treulich übe, womit sein narung
dadurch zu gewinnen, doch andern menschen umb
des Herrn willen damit zu dienen und das sein selb
eigen brot nit mit sünden esse.
Octavum praeceptum.
Dis gebot von ehre und von gutem namen, welchs
auch der hauptgüter hie auf erden eins ist, fordert
darum warheit, das ein jeder sich der ehren und gu-
tes namens nach göttlichem wort und warheit,
rechtschaffen und aufrichtig für Gott und für men-
schen mit gutem gewissen befleiße, auch andern
menschen, einem jeden sein ehre und guten namen
bewaren helfe, welchs alles geschicht mit treuer lere
und übung guter künste in allerlei sachen, mit war-
haftiger handlung für gericht und für oberkeit, mit
treuen glauben in gewerben, mit aufrichtigkeit
und redlichkeit in allerlei gemeinschaft, beide mit
worten und mit werken, als für Gott, der die herzen
kennet und richtet.
Verbeut dagegen allen falsch in allen diesen stük-
ken, insonderheit auch das gemein, schendlich laster
des afterredens und nit allein die bösen taten eines
jeden selb, sondern auch allen bösen schein dersel-
ben.
Nonum et decimum praeceptum.
Das neunt gebot ist ein erklerung der vorigen aller
und das zehent weiter des neunten erklerung, das die
vorigen gebot nit allein sollen verstanden werden
vom eußerlichen gehorsam der werk, sondern auch
vom innerlichen gehorsam des herzens und das
neunt gebot nit allein von steinern oder hülzern
haus, sondern von allem, was des negsten ist. For-
dert, das ein jeder sich benügen lasse an dem seinen,
wie Gott das einem jeden austeilt, nachdem er weis
am besten zu sein, und einem andern helfe, das seine
bewaren.
Verbeut dargegen allen gewalt und böse prakti-
ken, eins andern gut an sich zu bringen, auch böse

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