Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0511
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III 20 Kanzelabkündigung über das Kirchenzuchtverfahren von 1576

ob wir in demselben mehr unser rachgir und wider-
willen gegen bestimten personen ubeten, denn unser
ampt verrichteten, hat- ein erbar cammerer und rat
(damit sich niemand zu beschweren, da er in der
kirchenstraf gefallen, das wir die gebür gegen ime ge-
handelt) sich mit dem erwirdigen ministerio einer
gewissen und beständigen ordnung vergleichet, wie
es hinfüro in der evangelischen kirchen allhie gehal-
ten werden soll, nemblich:
da einer in seinem leben und wandel ungebürlich
und ergerlich gehalten und solichs von ime offenbar
worden, das er zum ersten mal für den pfarrer er-
fordert und vermög der ordnung Christi durch ine
aus Gottes wort gestraft und zur besserung verma-
net und, da er besserung versprochen, ime weiter zu-
gesehen und von gemeinschaft der heiligen sacra-
menten nicht abgehalten, sondern auf sein verspro-
chene besserung zugelassen werden soll.
Da er aber soliche, seine beschehne zusagung nicht
halten, sondern in seinem ergerlichen leben vort-
fahren würde, soll er zu andern abermals für den
pfarrer erfordert, welcher in beiweisen [!] eines oder
zweier andern kirchendiener ine noch ernstlicher aus
Gottes wort strafen und zur christlichen buße ver-
mahnen soll und, da er umb verzeihung gebeten,
gleichergestalt, wie hievor von der ersten straf ver-
meldet, gegen ime gehandelt werden.
Sollte er aber auch soliche straf und warnung ver-
achten und in seimb unbußfertigen leben verharren,
alsdann soll er nicht mehr für die kirchendiener al-
lein, sonder für das consistorium gefordert werden,
wölches von allen dreien ständen - aus dem mitel
eines erbarn rats, erwirdigen ministerii und der er-
barn gemein6 - bestellt und also in diser ernstlichen
handlung die ganze christliche gemein vertritt, in
wölcher versammlung der sünder, so sich nach vor-
gehenden ordenlichen vermanungen noch unbuß-
fertig erzeigt, noch schärfer und ernstlicher aus
Gottes wort zum dritten und letsten mal vermanet
und gestraft und, da er dise gemein der eltesten hö-
ret und besserung verspricht, ime also noch weiter
zugesehen und gleichergestalt nicht von der gemein-
schaft der heiligen sacrament abgehalten werden soll.

Wann aber auch dise vermanung, so ime von der
gemein der eltesten beschehen, wie alle vorgehende
getreue, väterliche warnungen an ime verloren und
er in seinem unbußfertigen, ergerlichen leben ver-
harren würde, soll derselbig nach erkentnus des con-
sistorii aus der gemein Gottes offentlich vor der
ganzen versammlung ausgeschlossen und zum heili-
gen abendmal und gevatterschaft bei der heiligen
taufe nicht zugelassen werden, er hab denn buße ge-
tan, seine begangene, ergerliche sünde offentlich ab-
gebeten und [sei] also auch offentlich mit derselben
versönet worden.
Es will aber ein erbarer cammerer und rat, do dem
nicht weniger christlicher zucht als die administratio
der gerechtigkeit in vorfallender irrung der burger-
schaft angelegen, jederzeit fursehung ton und ein
solichen ernst mit der straf gegen offentlichen, un-
bußfertigen verächtern Gottes und seines worts er-
zeigen, das ein soliche unbußfertige person, mit wel-
cher es bis auf die dritte vermanung kommen, der
burgerschaft und geistlicher gemein in diser statt
kein ergernus weiter geben solle.
Es möcht aber einer ein so ergerlich laster begehn,
das solicher gradus oder ordnung nicht aller ding
mit ime zu halten, sonder, nachdem er von der obrig-
keit nach gestalt seiner ubertretung ernstlich ge-
straft, ime zum schreck und besserung, auch der
ergernus dadurch zu miltern, für die gemein der
eltesten des consistorii erfordert und daselbsten auf
vorgehende ernstliche vermanung und strafe des
gegebnen ergernus halben zur abbit angehalten und
alsdenn erst zur heiligen absolutio, heiligen abend-
mal und gevatterschaft bei der heiligen tauf zuge-
lassen werden.
Darmit nun, wenn soliche leut nach beschehenem
sündigen fehl sich offentlich bei dem heiligen abend-
mal finden wurden, sich niemend aus der christlichen
gemein ob irer person ergern, sondern wissen möch-
ten, das sie nicht unbußfertig oder ohne vorgehende
beschehne christliche abbite zur gemeinschaft der

6 vgl. oben S. 485.

491
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften