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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0518
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Reichsstadt Regensburg

den soll, der nicht zuvor nach der regel und ord-
nung Christi per gradus vermahnet und als ein of-
fentlicher, unbußfertiger sünder in den christlichen
bann erkennet und erclert worden ist, dergestalt das
ministerium ein gut, unverlezt gewissen vor Gott be-
halten und in billichen verdacht nicht gezogen wer-
den kan, wann gleichmeßiger proceß gegen ainem
wie dem andern vermög der ordnung Christi gehal-
ten wird.f
Die sacramenta sollen nach Christi einsazung und
befelch, der sie nit umb der heiligen willen allein,
sondern fürnemblich um der armen sünder und
schwachen gewissen willen verordnet, kainem, wie
und wann er auch durch Gottes genad zu wahrer
erkänntnus seiner sünden, rechter reu und buß
komt, besserung seines leben verhaist, versagt, also
auch kainer damit, sonderlich in todesgefähr und
not gefährlich aufgezogen15 und verkürzt werden.
In der privatbeicht, gdieweil dieselb fürnemblich
umb bessers unterrichts und trosts willen aus Gottes
wort zu sterkung des gewissens angerichtet, soll auf
erzehlung der heimblichen sünde nit getrungen
noch darnach h(darmit nicht widerumb die päpsti-
sche tyrannei und marter der gewissen eingeführt
und hierdurch in zweifel der empfangenen absolu-
tion gesezt werde)h gefragt, sonderlich bei den
schwachen und kranken eine feine christliche be-
scheidenheit gehalten werden.
iWann aber ein person in großen verdacht oder
offentlichem geschrai eines schweren, ärgerlichen
lasters halben were, mag sie der kirchendiener des-
wegen in der beicht wol ansprechen, doch nicht der-
gestalt, von ihr zu erforschen oder bei dem gewissen
zur bekentnus desselben lasters mit versagung der
absolution zu zwingen, ob sie schuldig sei oder
nicht, sonder mit guter beschaidenheit nach gestalt
der personen vermelden - im fall, da etwas daran
g 1572: + Dieweil aber auch die edlen perl nit für
die seu gehören, so sollen und mögen die unpuß-
fertigen, so sünde nit fur sünde erkennen oder ja
in wissenlichen sünden auf zwo, drai oder mehr
christliche vermanungen und erinnerungen zu-
gesagte pesserung fortfaren, pillich ausgeschlos-
sen und die hende, sich irer sünden tailhaftig zu
machen, nit aufgelegt werden.

sein sollte, daß sie solches abschaffen und sich bes-
sern wölle; da sie sich aber disfalls unschuldig
wüßte, sie vermahnen, daß sie auch allen bösen
schein meiden und zu solchem verdacht oder ge-
schrei nicht ferner ursache gebe.
Es sollen auch die kirchendiener in der beicht sich
nicht zur verrichtung weltlicher händel gebrauchen
lassen, besonders ehestiftungen anzustellen, dieselbe
zu befürdern oder zu verhindern, sondern sollen die
beichtkinder auf ihr beschehen, freiwillig bekentnus
gebührlich der sünden halben erinnern, sie trösten
und absolviren und weltliche sachen, die nicht ihres
berufs, andern und derselben verstendigen, denen es
pflicht, aids oder sonst ihres ambts halben zu ver-
richten gebührt, befehlen und zuweisen.i
Dieweil auch christlich, löblich, und gebreuchlich,
denen, so in unserm glauben und bekantnus als mit-
glieder der kirchen gelebt, darinn also seeliglich ab-
schaiden, ein offentlich gezeugnus ihres lebens und
absterbens mit ehrlichen beglaittung zur begrebnus,
leichgesang und leichpredigen zu geben, so soll
gleichwol denjenen, so Gott etwa wunderbarlich in
ihrem letzten stündlein erleuchtet, daß sie ihr sünd-
lich ärgerlich leben erkennen, darüber rechte reue
und laid tragen, die sacramenta empfahen, in wah-
rem glauben und bekantnus abschaiden, solche ge-
zeugnus der ganzen kirch zu trost und freud auch
nit versagt noch geweigert werden, doch andern
rohen und sichern zu abscheu, dem abgestorbenen
aber zu ehren und glimpfen und der unterschid hal-
ben etwa hievorigen lebens und wandels erinnerung
beschehen.
kDarmit aber hierinnen der sachen weder zuviel
noch zu wenig geschehe, dadurch aintweders ärger-
nus bei der christlichen gemein oder gefehrlicher
widerwille und haß wider die kirchendiener erwach-
sen mögen, soll deswegen dem kirchendiener, so die
leichpredig oder vermahnung bei der begräbnus
h-h 1572: (one, worin einer verdacht und berüchtiget,
ime zu notwendiger erinnerung, warnung, trost
und sein gewissen zu verwahren).
i-i Fehlt 1572.
k-k 1572: Wie es aber mit andern,
15 = hingehalten.

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