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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0519
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III 21 Kirchenregimentsordnung von 1572/1588

halten wurd, durch das consistorium ein gemaine
(wie zu ende mit A und B zu sehen16) oder sonders
gewisse form zugestellt werden, darnach der kir-
chendiener sich unverwislich17 habe zu halten und
niemand ursach gegeben werde, sich billich ihres vat-
ters oder mutters oder verstorbenen frainds halben
zu beklagen.
Desgleichen soll es auch gehalten werden mit de-
nen personenk, so etwa unversehens mit dem tod
übereilet, ihnen selbs laid tun oder sonst unbußfertig
dahir absterben, ldarüber allzeit die consistoriales
sich miteinander fleißig unterreden und, wo von
nöten, auch an ein erbaren rat ihr bedenken gelan-
gen lassen, darauf alsdann abermalen dem kirchen-
diener gewisse maß fürgeschrieben, wie er sich in
allweg unverwislich verhalten soll.
Damit auch die armen zugleich als die reichen in
ihrer krankheit nicht trostlos verlassen, sollen die
kirchendiener sie nicht weniger als die reichen in
solcher ihrer krankheit fleißig besuchen, auch glei-
chergestalt christlich zur erden bestättigen helfen
und bei disen wie auch anderer, ehrlicher leut leichen
nicht warten, bis sie alle oder zum teil berufen wer-
den, sonder sich ihres ambts erinnern und, so viel
ihnen ohne versäumbnus dessen müglich, bei solchen
erscheinen, auch deswegen von niemands besondere
belohnung fordern und in solchem der christlichen
gemein ein gut exempel fürtragen, daß sie sich bei
solchen christlichen predigten und erinnerung flai-
ßig finden lassen.l
[Allgemeine Pflichten der Geistlichen.]
Es soll auch ein jeglicher, so zu diesem kirchen-
ambt berufen ist, sich wie gegen menniglich, also in-
sonders gegen den andern, seinen mitbrüdern fein
christlich, freundlich, friedlich und ainig halten,
kainer den andern hassen noch neiden, auch nit zu
zorn oder ungeberden, dardurch die brüderliche lieb

l-l 1572: sol hernach unter des herrn pfarrhers be-
velch und ambt anrögen beschehen.
a-a1572: entschaiden und darin
b-b Fehlt 1572.

getrennt, bewegen lassen, sonder einer des andern
gebrechen mit christlicher geduld übertragen helfen,
sich sanftmütig und ehrerbietig gegeneinander ver-
halten, allen privataffect umb der kirchen ehr und
frieden willen ablegen und schwinden lassen.
Viel weniger soll ainer den andern auf der canzel
oder sonsten hinderrucks beschwerlich anziehen
noch verklainern, sondern auf Gott und die kirche
sehen, damit nit durch ihr aemulation, spaltung und
unwillen zerrittung in der ganzen kirch erfolg und
angerichtet werde.
Wann sich auch irrung zwischen ihnen begeben,
dieselben zu keiner erbitterung des gemüts erwach-
sen, sondern zeitlich durch den herrn pfarrhern,
asoviel immer möglich, ärgernus zu verhüten, in der
stille vergleichen und entschaiden, sich auch darin
die parteien, vermög ihres tragenden ambtsa,
christlich weisen lassen.
bDa aber die sachen also beschaffen, daß der
pfarrer bei einem oder baiden tailen nichts nuzliches
verrichten können, sondern, da die sachen lang an-
stehen bleiben sollten, zweispalt in der lehr oder är-
gernus der kirchen erwachsen möchte, soll der pfar-
rer solches bei dem consistorio unverzogentlich an-
bringen und daselbsten mit reifem, zeitigen rat, ehe
das feuer unter das tach kommen, vergleichen wer-
den, damit ärgernus und schädliche trennung ver-
hütet werden möge.b
Er soll [es] auch bei der ordnung, ceremonien und
gebräuchen, wie es bei diser kirchen herkommen, in
allem unverendert bleiben lassen, nichts widerwerti-
ges darin für sich fürnemen, sonder, do etwas daran
zu verbessern sein solle, sich mit dem herrn pfarrer
oder superintendenten beschaidentlich daraus be-
reden, welcher alsdann, cob es zu erbauung der kir-
chen nuzlich und dienstlich, mit gelegenheit wird
wissen, bei dem consistorio anzubringen, ohne wel-
ches rat und bedenken wie auch eines erbarn cam-
merer und rats vorwissen und bewilligung durch den

c-c 1572: mit gelegenhait wird wissen, die gebür zu
handlen.
16 Siehe unten S. 507 f.!
17 = unverweislich = tadellos ( Grimm 11 III 2119f.).

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