III 21 Kirchenregimentsordnung von 1572/1588
Beilagen.
[Beilage I.]
Articuln das ministerium ingemein betreffent.
[1.] Zum ersten: Wann sich zutragen wurde, daß
lehr, lehens oder ander sachen halber ein kirchen-
diener für das consistorium erfordert - ergernus und
ander weiterungen zu verhüten -, soll er noch in
wehrender handlung bis zu austrag solcher sachen
auf der canzel ganz und gar keine meldung tun.
[2.] Zum andern: Desgleichen, wann sich in
frembden, ausländischen kirchen sachen begeben,
so an sie nicht ordentlich gelangt, von denen man
keinen grund hat, sollen dieselbige ohn vorgehende
erkanntnus und erlaubnus des consistorii auf die
canzel nicht gebracht werden, welches zuvor hir-
über erkennen soll, ob es notwendig, nüzlich und zu
erbauung der kirchen dienen möge oder nicht.
[3.] Zum dritten: Es sollen auch die kirchendiener,
was unter der gemain aufgefangen und den kirchen-
dienern fürgebracht, nicht auf die canzel und darmit
ein guten teil der predig zubringen, sonder, da es
ärgerlich, durch den pfarrer mit christlicher ver-
mahnung verbessert oder, da es der wichtigkeit,
durch ihne dem consistorio fürgebracht werden soll.
[4.] Zum vierten: Da es sich begeben sollte, daß
durch jemand das ministerium ingemain oder ein
kirchendiener insonderheit mit reden beschwerlich
angegriffen, soll gleichergestalt weder durch den
pfarrer noch seine collegen solches auf die canzel
getragen, so ihnen zu rachgirigkeit gedeutet und
dardurch die gemain mehr verärgert dann gebessert,
sondern vermög der ordnung Christi verbessert oder
bei dem consistorio angebracht und desselben be-
schaids erwartet werden.
[5.] Zum fünften sollen sie ihre predigten so an-
stellen und mit den claren, hellen zeugnüssen heili-
ger schrift verwahren, damit den zuhörern nicht ge-
wissen und sünde, da keine sünde ist, gemacht und
also verwirret werden.
[6.] Zum sechsten sollen sie ihr strafampt nach der
lehr Christi und St. Pauli mit aller sanftmut und
lehr also führen, daß es zur besserung und nicht zur
zerstörung der kirchen diene; besonders aber keine
person auf der canzel ausmalen oder mit worten auf
sie stechen, dardurch allein verbitterung der gemü-
ter erweckt, sonder den ordentlichen proceß mit den-
selben halten, wie solcher durch Christus selbs,
Matth. 18 [, 15-18], fürgeschrieben ist.
[7.] Zum siebenden: Da sich begeben sollte, daß
ein person lange zeit nicht zum heiligen sacrament
gangen oder in einer irrigen opinion gesteckt oder
sonsten ein wild, rohes leben geführet und sich als
reuende sünder bei den kirchendienern anzeigen
wurden, sollen die kirchendiener, wann sie im be-
kantnus des glaubens richtig und zur besserung sich
erbieten, auf solch ihr bekantnus sie nicht lenger
aufhalten oder suspendiren, sondern von ihren sün-
den absolvieren, weil man kainen menschen in die
herzen sehen kan, sonder an der bekantnus des
munds sich muß benügen lassen. Da aber die besse-
rung nicht erfolgte, soll ihnen die erinnerung nicht
in den beichstuel oder, bis sie zu taufe stehen1 oder
zu dem heiligen abendmahl gehen wurden, gesparet,
sonder durch den pfarrer die gradus admonitionum
mit solcher person außerhalb solchen offentlichen
actibus fürgenommen werden.
[8.] Zum achten: Gleichergestalt soll es auch durch
die kirchendiener, wann jemands wuchers, feind-
schaft und dergleichen sachen halber bei dem mini-
sterio angegeben, gehalten und keinem, da er sich
bußfertig erzaigt, kein stund lang die absolution vor-
gehalten, wie auch weder bei der taufe abgestoßen
oder vom heiligen abendmahl offentlich ausgeschlos-
sen werden sollen; dann solche actus alle zugleich
species excommunicationis sein, so dem urteil der
kirchen zugehörig, die durch das consistorium re-
praesentirt, und solche fäll durch desselben erkant-
nus allein verrichtet werden sollen.
1 als Paten nämlich.
505
Beilagen.
[Beilage I.]
Articuln das ministerium ingemein betreffent.
[1.] Zum ersten: Wann sich zutragen wurde, daß
lehr, lehens oder ander sachen halber ein kirchen-
diener für das consistorium erfordert - ergernus und
ander weiterungen zu verhüten -, soll er noch in
wehrender handlung bis zu austrag solcher sachen
auf der canzel ganz und gar keine meldung tun.
[2.] Zum andern: Desgleichen, wann sich in
frembden, ausländischen kirchen sachen begeben,
so an sie nicht ordentlich gelangt, von denen man
keinen grund hat, sollen dieselbige ohn vorgehende
erkanntnus und erlaubnus des consistorii auf die
canzel nicht gebracht werden, welches zuvor hir-
über erkennen soll, ob es notwendig, nüzlich und zu
erbauung der kirchen dienen möge oder nicht.
[3.] Zum dritten: Es sollen auch die kirchendiener,
was unter der gemain aufgefangen und den kirchen-
dienern fürgebracht, nicht auf die canzel und darmit
ein guten teil der predig zubringen, sonder, da es
ärgerlich, durch den pfarrer mit christlicher ver-
mahnung verbessert oder, da es der wichtigkeit,
durch ihne dem consistorio fürgebracht werden soll.
[4.] Zum vierten: Da es sich begeben sollte, daß
durch jemand das ministerium ingemain oder ein
kirchendiener insonderheit mit reden beschwerlich
angegriffen, soll gleichergestalt weder durch den
pfarrer noch seine collegen solches auf die canzel
getragen, so ihnen zu rachgirigkeit gedeutet und
dardurch die gemain mehr verärgert dann gebessert,
sondern vermög der ordnung Christi verbessert oder
bei dem consistorio angebracht und desselben be-
schaids erwartet werden.
[5.] Zum fünften sollen sie ihre predigten so an-
stellen und mit den claren, hellen zeugnüssen heili-
ger schrift verwahren, damit den zuhörern nicht ge-
wissen und sünde, da keine sünde ist, gemacht und
also verwirret werden.
[6.] Zum sechsten sollen sie ihr strafampt nach der
lehr Christi und St. Pauli mit aller sanftmut und
lehr also führen, daß es zur besserung und nicht zur
zerstörung der kirchen diene; besonders aber keine
person auf der canzel ausmalen oder mit worten auf
sie stechen, dardurch allein verbitterung der gemü-
ter erweckt, sonder den ordentlichen proceß mit den-
selben halten, wie solcher durch Christus selbs,
Matth. 18 [, 15-18], fürgeschrieben ist.
[7.] Zum siebenden: Da sich begeben sollte, daß
ein person lange zeit nicht zum heiligen sacrament
gangen oder in einer irrigen opinion gesteckt oder
sonsten ein wild, rohes leben geführet und sich als
reuende sünder bei den kirchendienern anzeigen
wurden, sollen die kirchendiener, wann sie im be-
kantnus des glaubens richtig und zur besserung sich
erbieten, auf solch ihr bekantnus sie nicht lenger
aufhalten oder suspendiren, sondern von ihren sün-
den absolvieren, weil man kainen menschen in die
herzen sehen kan, sonder an der bekantnus des
munds sich muß benügen lassen. Da aber die besse-
rung nicht erfolgte, soll ihnen die erinnerung nicht
in den beichstuel oder, bis sie zu taufe stehen1 oder
zu dem heiligen abendmahl gehen wurden, gesparet,
sonder durch den pfarrer die gradus admonitionum
mit solcher person außerhalb solchen offentlichen
actibus fürgenommen werden.
[8.] Zum achten: Gleichergestalt soll es auch durch
die kirchendiener, wann jemands wuchers, feind-
schaft und dergleichen sachen halber bei dem mini-
sterio angegeben, gehalten und keinem, da er sich
bußfertig erzaigt, kein stund lang die absolution vor-
gehalten, wie auch weder bei der taufe abgestoßen
oder vom heiligen abendmahl offentlich ausgeschlos-
sen werden sollen; dann solche actus alle zugleich
species excommunicationis sein, so dem urteil der
kirchen zugehörig, die durch das consistorium re-
praesentirt, und solche fäll durch desselben erkant-
nus allein verrichtet werden sollen.
1 als Paten nämlich.
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