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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0530
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Reichsstadt Regensburg

die eingeschriebene zahl10 einzulegen, damit man
solche auf den fall bei der hand haben möge. Dar-
neben sollen sie auch dem volk in den predigten und,
wo von nöten, bei der beicht für sich selbst und
durch den custodem zusprechen, daß sie in den stü-
len sitzen bleiben und eines nach dem andern herzu-
gehen, desgleichen, daß sie keinen beichtvater dem
andern fürziehen sollen, weil S.Paulus ihme die un-
ordnung bei der kirchen zu Corinth, da einer pau-
lisch, der ander kephisch, der dritt apollisch sein
wollen [1.Kor. 1,12. 3,5f.], sehr übel gefallen lassen.
[11.] Eilften: Die beicht soll in denen hierzu ver-
ordneten stülen11 und nicht mehr in der sacristei ge-
halten werden, es sei dann, daß einer von einem des
rats oder andern fürnehmen personen in die sacri-
stei gefordert werde, die mag er darinnen hören und
nachmals sich wieder in seinen beichtstul begeben.
Es soll auch keiner auf einen sonn- oder feierabend
in beiden kirchen, sondern nur in einer, dahin er
denselben tag verordnet, zu beicht sitzen.
[12.] Zwölften: Wann kinder von acht, neun, zehen
jahren zur beicht kommen, bei denen sie nicht ge-
nugsamen verstand vermerken, sollen sie die eltern
freundlich vermahnen, mit ihnen nicht zu eilen, weil
zu diesem sacrament ein sonderer verstand und prob
gehörig, und daß ihnen an ihrer seligkeit, da sie
sonsten wol erzogen, nicht nachteilig, wie die dann,
so sie Gott aus diesem leben, ehe dann si zur com-
munion kommen, abfordern solte, sowol als andere
erwachsenen auf ihrer, der eltern begern sollen mit
der gewöhnlichen proceß und ceremonien, laut der
regimentsordnung12 zur erden bestättigt werden.
[13.] Dreizehenden: Demnach beneben dem gro-
ßen mißverstand vom heiligen abendmal, so noch
vom papstum herrühret, die calvinische schwerme-
rei je länger je weiter sich ausbreitet, sollen hinfüro
nicht allein am Palmtag und Grünen donnerstag,
sondern auch vor Pfingsten am sontag Exaudi und
vor Weinachten auf den tag S. Thomae Apostoli von
diesem hochwürdigen sacrament in allen drei kir-
chen predigten gehalten und solches der gemein
zuvor angedeutet werden.
10 Zur Hostienanzahl vgl. oben S. 73 Anm. 9!
11 Siehe etwa oben S. 436!
12 Siehe oben S. 498!

[14.] Vierzehenden: Dieweil Gott selbst im alten
testament den Aaron und seinen söhnen befohlen,
das volk Israel in den offentlichen versamlungen zu
segnen, auch eine form des segens fürgeschrieben
mit vertröstung, daß solcher nit leer abgehen werde,
so soll hinfüro der seegen, wie er Num. 6 [4.Mose 6,
24-26] verfaset, auch hin und wieder in den kir-
chen augspurgischer confession üblich13, jedesmal
nach verrichtem kirchenactu, durch einen kirchen-
diener, der sonsten die collecten singet, vor dem al-
tar, am samstag aber von der canzel, nach verlese-
nen beichtvermahnung und beschehenem gebeten
gesprochen, auch je zu zeiten die zuhörer ermanet
werden, dessen zu erwarten und mit sich anheim zu
nehmen.
[15.] Lezlichen: Nachdeme lange predigten nicht
erbaulich, sondern die gedächtnus schwächen und die
zuhörer verdrossen machen, sollen die morgenpre-
digten an sonn- und feiertägen nicht mehr über eine
stund verzogen, sondern aufs längst eine stunde ge-
halten werden. In den wochenpredigten aber sollen
die ministri sich nicht weniger, sondern auch viel-
mehr der kürze befleißigen und ihre predigten also
anstellen, daß sie aufs längste über drei viertelstund
nit gehalten, damit die rats- und amtspersonen auf
ihre gewisse stunden zu rat kommen und der arme
handwerksmann nit über die zeit von seiner arbeit
abgehalten, auch alle zuhörer in die kirchen zu kom-
men und des segens zu erwarten, desto lustiger wer-
den.
Jussu et approbatione amplissimi senatus
decretum in consistorio 10. Aprilis
anno 1588.
[Nachtrag14:]
Nachdem ein erbarer cammerer und rat nicht
ohne mißfallen in erfahrung kommen, daß eine zeit
hero die hiesigen buchtrucker ohne vorwissen und
bewilligung ihrer erbaren weisheit allerhand trac-
tätlein, lieder, carmina, neue zeitung und anders
13 nach Luthers Deutscher Messe (WA 19, 102) etwa in
Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und Nürnberg
(Sehling 11, 198. 500).
14 Siehe oben S. 500!

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