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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0547
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rigen Stellung in einer feindlichen Umgebung und unter einem Kirchenherrn, der selbst in manchem
anders dachte, vornehm Rechnung trägt20.
1578 verursachte ein Wechsel der Verwaltungsverhältnisse innerhalb der Familie eine Änderung
der Pfarrbesoldung. Deshalb wurde eine neue Bestallung ausgestellt, die auch sonst geringe Änderungen
enthielt21.
Die Pfarrpfründe mußte dabei so ziemlich vollständig neu dotiert werden, weil das frühere Pfründe-
einkommen vorwiegend aus Zehnten jetzt als baierisch weggefallener Gebiete bestanden hatte22. Es ist
wahrscheinlich, daß den Rest des verbliebenen Einkommens jetzt der Graf übernahm.
Am 17. Mai fand der erste Gottesdienst in Altenortenburg statt, am 1. Trinitatissonntag in der neu
hergerichteten Marktkirche. Verwendet wurde wieder wie schon 1563 die Nürnberger Kirchenordnung
in Veit Dietrichs Agendbüchlein, dessen damals erscheinende Auflage unverändert den Text der Aus-
gabe von 1545 wiedergab23.
Wenn daneben auch noch die württembergische Kirchenordnung verwendet wurde24, so zeigt das
wohl, daß die ganze Gottesdienstordnung von 1563 wieder aufgenommen wurde. Man mag daraus folgern,
daß diese Ordnung ein persönliches Werk des Grafen ist, da er ja der einzige gleichgebliebene Mann war.
Auch der dem Kalvinismus so anstößige Chorrock wurde getragen25.
Als Eheordnung wurde in der Grafschaft die der Grafen von Hanau26 verwendet.
Auch Holzkirchen bekam einen evangelischen Gottesdienst und einen Geistlichen. Für die in
Baiern gelegenen Tochterkirchen aber versprach Joachim, einen eigenen katholischen Geistlichen zu be-
stellen.
Trotzdem gab Albrecht von Baiern keine Ruhe. In unaufhörlichen Bedrängnissen suchte er den
Grafen zu ermüden und die Evangelischen zur katholischen Kirche zu gewinnen. In verschärftem Maße
nahm Wilhelm V. 1580 den Kampf gegen Ortenburg wieder auf. Er entzog der Grafschaft unter mannig-
fachen, aber immer gleich grundlosen Vorwänden verschiedene Teile. 1583 ließ er die Kirche in Holz-
kirchen unter kirchenschänderischem Vorgehen schließen. 1586 wurde sie unter Mißachtung des orten-
burgischen Hoheitsrechtes und Patronats katholisch besetzt. Sie blieb katholisch. Dann sprach der Herzog
65 ortenburgische Untertanen als baierische Untertanen an. Von ihnen verlangte er die Rückkehr zur
katholischen Kirche. 26 folgten dem Befehl zur Auswanderung. 14 fügten sich. Die anderen wollten sich
zwar nicht fügen, versuchten aber noch auf irgendeine Weise, um die Auswanderung herumzukommen.
Bei dem Zusammenschluß der lutherischen Kirchen um die Konkordienformel verhielt sich Graf
Joachim gegenüber allen Werbungen ablehnend, obwohl sich sein Pfarrer Pflacher sehr für den Anschluß
einsetzte27. Der Graf ging aber noch weiter. Die Verluste durch die baierischen Maßnahmen sowie die
hohen Ausgaben für die unaufhörlichen Prozesse brachten ihn an den Rand des wirtschaftlichen Zu-
sammenbruchs. Um sich über Wasser halten zu können, mußte er für Pfalzgraf Johann Kasimir
(1583-1592) das Statthalteramt in der Oberpfalz übernehmen und dort für die Einführung des Kalvinis-
mus tätig sein. So machte er in dieser Zeit auch den Versuch, den Kalvinismus in seiner Grafschaft einzu-

20 Unsere Nr. IV 3.
21 In unserer Nr. IV 3.
22 Theobald, Einfuhrung 3.
23 Sehling 11, 482. — Der Text: a.a.O. 487—553.
24 Theobald, Durchführung 151.
25 Theobald, Durchführung 151. - Ob das allerdings auch späterhin noch der Fall war, muß fraglich bleiben, da
Graf Joachim 1584 als Statthalter in der Oberpfalz den Chorrock ausdrücklich verbot (s. oben Seite 323).
26 Theobald, Durchführung 151. - Eheordnung Straßburg [1563] nicht bei Richter.
27 Theobald, Durchführung 157.

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