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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0560
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Über die Einführung evangelischer Ordnungen in den Pfarreien der Ganerbschaft ist einstweilen
noch nichts bekannt. Es darf angenommen werden, daß sich die jeweiligen Burggrafen, die ja immer nur
auf drei Jahre gewählt wurden, sowohl in Förderung wie in Behinderung evangelischer Regungen stark
zurückhielten. Zwar wird herkömmlicherweise das Jahr 1529 als das der Einführung der Reformation
in der Ganerbschaft genannt3. Ein Beweis dafür ist aber nicht vorhanden. Sebastian Stiebar von Butten-
heim, der 1512-1538 Burggraf war, ging auf alle Fälle 1538 als bischöflicher Rat nach Eichstätt, und
sein Sohn und Nachfolger (als Burggraf 1538-1546) Hans Joachim vertrieb noch 1551 seinen Pfarrer
in Vorra wegen dessen evangelischer Haltung4. Dagegen, daß es mit der Einführung der Reformation so
rasch und einheitlich ging, spricht auch die Tatsache, daß die Tochterkirche Reichenschwand der Pfarrei
Neunkirchen am Sand durch den Besitzer des dortigen Rittergutes 1531 von dieser abgetrennt und zu-
nächst der nürnbergischen Pfarrei Ottensoos5 zugewiesen wurde. Anderseits muß sich die evangelische
Umgebung im nürnbergischen Gebiet sehr wohl geltend gemacht haben.
So mußte die Haltung der einzelnen Ortsgeistlichen entscheidend werden, wobei Ottensoos natürlich
von vornherein evangelisch war6. Die evangelische Richtung war wohl bereits allgemein zum Sieg ge-
kommen, als in Kuroberpfalz die Reformation durchgeführt wurde (1556).
Bezeichnend für diese Entwicklung ist, daß auf die Pfarreien bambergischen Besetzungsrechts
auch in der evangelischen Zeit immer ein Bamberger Domherr als Pfarrer ernannt werden durfte. Für
die - evangelischen - Geistlichen, die dann als ihre Vikare die tatsächlichen Pfarrer waren, übte aber
der Burggraf ein Vorschlagsrecht aus. Aber auch der Bamberger pastor verus, der nur eine Pension
einsteckte, blieb nicht unbehelligt. Er mußte - erst persönlich, dann durch einen Vertreter - einen
Pfarrereid leisten, in dem er sich zu evangelischer Lehre und Ordnung verpflichtete7.
Das Einkommen entbehrlich gewordener Pfründen verwendeten die Ganerben für ihren Burgbau.
Dafür wurden ihnen bei der Gegenreformation 1683 6500 fl. in Rechnung gestellt8. Kirchenkleinodien
gingen aber nicht diesen Weg; sie wurden nur für Zwecke der betreffenden Kirche veräußert9.
Als Kirchenordnung wurde dann die in der Nachbarschaft gebräuchliche brandenburg-nürn-
bergische Ordnung10 benützt. Doch fand auch Veit Dietrichs Agendbüchlein11 Verwendung12. Ebenso
wird Ottheinrichs Kirchenordnung (von 1556) genannt13. Die obrigkeitliche Einführung einer bestimm-
ten Ordnung ist aber kaum anzunehmen.
An diesen Verhältnissen änderte auch die kurpfälzische Visitation von 1557 nichts14. Sie brachte
nur vielleicht die Kirchenordnung Ottheinrichs von 1556 noch dazu15. Auch die kuroberpfälzische Visi-
tation von 158016 brachte schwerlich eine Ordnung, zumal ja dann gleich die dortigen konfessionellen
Wirren begannen.

3 Schütz, Ganerbschaft 75.
4 Otto Graf Seefried, Aus dem Stiebar-Archiv ( = Schriftenfolge der Gesellschaft für Familienforschung in Franken
4) Nürnberg 1953. 48. — Heinz Dannenbauer, Die Nürnberger Landgeistlichen bis 1561, in: ZbKG 9 (1934) 224.
5 Simon, Atlas 537.
6 Dannenbauer, (= Anm. 4) 7 (1932) 226ff.
7 Unsere Nr. V 1.- Schütz, Kirchen 23, 153; 24, 61f.
8 Schütz, Kirchen 23, 151; 24, 123-128.
9 Schütz, Kirchen 24, 103f.
10 Götz, Visitation 85, 241. 244. - Die Ordnung: Sehling 11, 140-279.
11 Sehling 11, 487-553.
12 Siehe unten S. 550!
13 Götz, Visitation 85, 241.
14 Götz, Bewegung 153.
15 Götz, Visitation 85. 241.
16 Götz, Visitation 85. 240-244.

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