Der Verfasser zeigt sich in seiner Kirchenordnung als praktischer Pädagoge. Er teilt seinen Stoff sy-
stematisch ein und gliedert jeden Hauptteil in eine Menge einzelner Punkte, die er fortlaufend numeriert.
Dadurch bewahrt er sich selbst vor der Gefahr, weitschweifig zu werden, und gleichzeitig gibt er seinen
Pfarrern leicht behaltliche Einzelstücke.
Die Einschaltung eines kleinen Religionsunterrichts auch in den sonntäglichen Hauptgottesdien-
sten nach der Meßordnung stammt schon von Veit Dietrich, ebenso die fortlaufende Lesung der Evan-
gelien und der Apostelgeschichte17.
Weiter ist besonders beachtlich seine Anregung, Krankenpflegerinnen in der Gemeinde zu bestellen.
Das gleiche gilt für die ausführlichen Bemerkungen über das gesellschaftliche Leben der Geistlichen.
Gedruckt wurde die Kirchenordnung bei der geringen Anzahl von Pfarreien, für die sie bestimmt
war, niemals.
Daraus, daß sie nur handschriftlich vorhanden war, erklärt sich vor allem, daß diese Kirchenord-
nung - verfaßt von einem unbekannten Landpfarrer und bestimmt für ein recht kleines Kirchengebiet -
keine Übernahme durch eine andere Kirche fand. Das ist um so begreiflicher, als die Ordnungen großer
Kirchen längst zur Übernahme lockten. Bestimmt hätte sie aber doch größere Beachtung verdient.
Wahrscheinlich aus dem gleichen Jahr wie die Kirchenordnung stammen auch die Eheartikel18, die
ihrer ganzen Fassung nach gleichfalls von Stieber herrühren. Sie haben die Ansbacher Eheartikel von
1565/157319 zur Grundlage, sind aber eingehender und volkstümlicher. Während sie die verbotenen Ver-
wandtschaftsgrade nur streifen, beschäftigen sie sich z.B. stark mit dem Verhalten von Vormündern und
Mündeln. Die Eheschließung erfolgt für diese Eheartikel eindeutig durch die gegenseitige Willenserklä-
rung der Brautleute. Sie ist aber nur gültig, wenn sie vor irgendwelchen Zeugen erfolgt ist. Die eheliche
Gemeinschaft darf aber doch erst nach dem Kirchgang aufgenommen werden.
In einem zweiten Teil folgen Strafbestimmungen gegen die Übertreter. Sie bringen zwar zumeist
nur allgemeine Bemerkungen, ergeben aber eine pädagogisch geschickte Möglichkeit zu einer kurzen Wie-
derholung der ganzen Eheartikel.
Eine Ergänzung erhielt die Kirchenordnung einige Jahre später in einer Ordinations- und In-
stallationsordnung:
Forma, wie ein neuer pfarrherr, so von dem wohlgebornen herrn, herrn Hanns Endressen von
Wolfstein, freiherrn etc., unserm gnedigen herrn, zum pfarrambt gnommen, volgents in publico ex-
amine fur richtig erkennt, nachfolgents auch christlich nach wahrer apostolischer und der ersten kirchen
löblichem gebrauch offentlich ordinirt und zu einem pfarrherrn bestetiget worden, auf die pfarr, dahin er
verordnet, solle investirt und eingesetzt werden. Gestellt durch den ehrwürdigen M. Thomam Stieberum,
pfarrherrn am Sultzperg und löblicher freien herschaft Ober-Sulzburg superintendenten. Anno 157820.
Schon ihr Titel gibt einen anschaulichen Einblick. Noch interessanter wäre es freilich, genau zu
wissen, wie z.B. das examen publicum, dem sich der Kandidat unterziehen mußte, aussah und wie weit
dabei die Öffentlichkeit ging. Das aber sollte diese Ordnung selbst schon nicht mehr bringen. Sie bietet
nur eine reine Installationshandlung, der all das Genannte schon vorhergegangen war. Sie besteht ledig-
lich in einer Ansprache, die nacheinander kurz eine Reihe von Bibelstellen (Hes. 3, 17-21; Matth. 25,
21; 1. Tim. 3, 1-7; Matth. 18, 7) nennt und bespricht, und schließt mit einem Gebet. Sie ist nicht in der
17 Ähnlich verfährt auch die rothenbergische Kirchenordnung von 1618 (unsere Nr. V 2).
18 Unsere Nr. VI 2.
19 Sehling 11, 367-370.
20 Köler 260.
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stematisch ein und gliedert jeden Hauptteil in eine Menge einzelner Punkte, die er fortlaufend numeriert.
Dadurch bewahrt er sich selbst vor der Gefahr, weitschweifig zu werden, und gleichzeitig gibt er seinen
Pfarrern leicht behaltliche Einzelstücke.
Die Einschaltung eines kleinen Religionsunterrichts auch in den sonntäglichen Hauptgottesdien-
sten nach der Meßordnung stammt schon von Veit Dietrich, ebenso die fortlaufende Lesung der Evan-
gelien und der Apostelgeschichte17.
Weiter ist besonders beachtlich seine Anregung, Krankenpflegerinnen in der Gemeinde zu bestellen.
Das gleiche gilt für die ausführlichen Bemerkungen über das gesellschaftliche Leben der Geistlichen.
Gedruckt wurde die Kirchenordnung bei der geringen Anzahl von Pfarreien, für die sie bestimmt
war, niemals.
Daraus, daß sie nur handschriftlich vorhanden war, erklärt sich vor allem, daß diese Kirchenord-
nung - verfaßt von einem unbekannten Landpfarrer und bestimmt für ein recht kleines Kirchengebiet -
keine Übernahme durch eine andere Kirche fand. Das ist um so begreiflicher, als die Ordnungen großer
Kirchen längst zur Übernahme lockten. Bestimmt hätte sie aber doch größere Beachtung verdient.
Wahrscheinlich aus dem gleichen Jahr wie die Kirchenordnung stammen auch die Eheartikel18, die
ihrer ganzen Fassung nach gleichfalls von Stieber herrühren. Sie haben die Ansbacher Eheartikel von
1565/157319 zur Grundlage, sind aber eingehender und volkstümlicher. Während sie die verbotenen Ver-
wandtschaftsgrade nur streifen, beschäftigen sie sich z.B. stark mit dem Verhalten von Vormündern und
Mündeln. Die Eheschließung erfolgt für diese Eheartikel eindeutig durch die gegenseitige Willenserklä-
rung der Brautleute. Sie ist aber nur gültig, wenn sie vor irgendwelchen Zeugen erfolgt ist. Die eheliche
Gemeinschaft darf aber doch erst nach dem Kirchgang aufgenommen werden.
In einem zweiten Teil folgen Strafbestimmungen gegen die Übertreter. Sie bringen zwar zumeist
nur allgemeine Bemerkungen, ergeben aber eine pädagogisch geschickte Möglichkeit zu einer kurzen Wie-
derholung der ganzen Eheartikel.
Eine Ergänzung erhielt die Kirchenordnung einige Jahre später in einer Ordinations- und In-
stallationsordnung:
Forma, wie ein neuer pfarrherr, so von dem wohlgebornen herrn, herrn Hanns Endressen von
Wolfstein, freiherrn etc., unserm gnedigen herrn, zum pfarrambt gnommen, volgents in publico ex-
amine fur richtig erkennt, nachfolgents auch christlich nach wahrer apostolischer und der ersten kirchen
löblichem gebrauch offentlich ordinirt und zu einem pfarrherrn bestetiget worden, auf die pfarr, dahin er
verordnet, solle investirt und eingesetzt werden. Gestellt durch den ehrwürdigen M. Thomam Stieberum,
pfarrherrn am Sultzperg und löblicher freien herschaft Ober-Sulzburg superintendenten. Anno 157820.
Schon ihr Titel gibt einen anschaulichen Einblick. Noch interessanter wäre es freilich, genau zu
wissen, wie z.B. das examen publicum, dem sich der Kandidat unterziehen mußte, aussah und wie weit
dabei die Öffentlichkeit ging. Das aber sollte diese Ordnung selbst schon nicht mehr bringen. Sie bietet
nur eine reine Installationshandlung, der all das Genannte schon vorhergegangen war. Sie besteht ledig-
lich in einer Ansprache, die nacheinander kurz eine Reihe von Bibelstellen (Hes. 3, 17-21; Matth. 25,
21; 1. Tim. 3, 1-7; Matth. 18, 7) nennt und bespricht, und schließt mit einem Gebet. Sie ist nicht in der
17 Ähnlich verfährt auch die rothenbergische Kirchenordnung von 1618 (unsere Nr. V 2).
18 Unsere Nr. VI 2.
19 Sehling 11, 367-370.
20 Köler 260.
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