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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0591
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VI 1 Christliche Instructio des Thomas Stieber von 1574

Zum dreizehenden sollen alle pfarherrn ihre
jetz genante gewönliche predig (die in kainen weg
aus faulkait sollen unterlassen werden) allzeit ver-
richten in ihrem corrock27, wie solches bisher bei uns
gebreuchlich gewest ist.
Zum vierzehenden sollen alle pfarhern nach
ausweisung ihres ampts ihre pfarkinder fleißig ver-
mahnen, daß sie Gottes wort besuchen, hören und
lernen, sollen ihnen auch anzaigen, wie es Gottes un-
wandelbares gebot sei in diesem leben, daß sein
evangelium soll in öffentlicher versamlung gepredi-
get und gelehret werden, und wie es ein greuliche
sünde sei, solche christliche versamlung verachten,
zerstören und nicht erhalten helfen, wie etliche grobe
menschen tun, die nicht allain für sich selbsten nit
in die kirchen gehen und auch ihre kindlein zue kai-
ner kürchen halten noch gewehnen. Sie sollen auch
die eltern fleißig vermahnen, daß sie ihre kinderlein
zum catechismo in die kirchen schicken, damit sie
in der jugent Gottes wort lernen und hernach desto
mehr glücks und segens von Gott haben mögen.
Zum fünfzehenden: Damit auch allerlai ver-
achtung und versaumnus göttliches worts und rech-
ten gottesdiensts abgeschafft werde, so sollen forthin
aus ernstlichem befelh unsers genedigen herren am
feiertag zur stunde, wen man predigt oder nachmit-
tags den catechismum helt, kaine spilpletz, dänz
oder essen und trinken in wirtsheusern gestattet
werden. Es sollen auch zu solcher zeit die wiert nie-
mand weder essen noch trinken raichen, auf daß
sie nicht helfen zu versaumnus göttliches worts
und solcher schwerer sünde sich tailhaftig machen.
Es soll auch zue solcher predigzeit kain prandwein
verkauft oder handarbait getriben werden, sondern
alles, was die predig göttliches worts und den wah-
ren gottesdienst hindert, abgeschafft und verboten
sein etc.
Zum sechzehenden sollen die pfarherrn ihre
pfarrkinder fleißig vermahnen in der predig, daß die
leut unterricht und rat begeren, wo sie mangel am
verstand oder schwere feel der gewissen haben
(Brandenb[urgische] K[irchenordnung] 146).28

25 Das geschah dann aber doch nicht.
26 nach den altkirchlichen Evangelienperikopen z. B.
am 1. Advent.

Zum sibenzehenden sollen die pfarhern in ih-
ren predigen der leut laster ernstlich strafen und zu
wahrer ernstlicher buß fleißig vermahnen, Esa. 58
[1]. Doch sollen sie in disem stuck nicht schimpf-
licher oder lecherlicher reden gebrauchen, auch die
leut nicht schenden und schmehen; dan bessern sol-
len sie und nicht schenden.
Von der administration der heiligen,
hochwürdigen sacrament.
Diweil die gütigkait unsers lieben Gottes so groß
ist, daß er uns nicht allain sein genadenwort gibt und
uns fürtragen lest, sondern ordnet auch neben dem
wort sein heilige, hochwürdige sacrament, dadurch
wir der verhaißenen genad vergwißt und im glau-
ben und vertrauen zue Gott tröstlich gesterkt wer-
den, so sollen
erstlich alle pfarhern die heiligen sacrament
anderst nicht handlen, dieselben auch nicht zerrei-
ßen, auch nicht verfelschen, sondern nach Christi
ordnung und befelh administrirn und raichen und
den rainen verstand der einsetzung, nutz und ge-
brauch der heiligen sacrament treulich behalten und
die leut von solchen hohen nutzlichen stucken oft-
mals erinnern und berichten.
Zum andern solle man bei der administrirung
der heiligen, hochwürdigen sacrament nichts hand-
len oder gebrauchen, das der einsätzung und ord-
nung Christi entgegen oder sonst der heiligen gött-
lichen schrift nicht gemeß ist.
Zum dritten sollen die pfarhern jederman ohne
ansehen der person die heiligen sacrament gern und
williglich raichen und geben, es weren dan ursachen
fürhanden, umb welcher willen den leuten die hei-
ligen sacrament versagt werden, davon hernach ge-
nugsame meldung geschehen soll.
Zum vierten sollen sie jederman die heiligen
hochwürdigen sacrament gratis raichen und geben,
nach dem befelch Christi: Gratis accepistis, gratis
date [Matth. 10, 8]! Es were auch ein gottloser han-
del, daß ein armes umb gelts willen solt der hoch-
27 Dem Superpelliceum der mittelalterlichen Kirche
(siehe oben S. 77 Anm. 34!).
28 Sehling 11, 186.

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