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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0604
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Herrschaft Wolfstein

sie an Christo bestendig verharren, seines bluts und
des ewigen, unvergenglichen lebens sich trösten und
ihr leib und seel Christo herzlich befelhen. Da soll ein
pfarrherr gedenken, daß solchs sei ein werk der barm-
herzigkait, welches Christus an jenem tag erkennen
und rümen wird, Math. 25 [36]. Davon besiehe fer-
ners das agentbüchlein, was mit solchen leuten zu
tun und zue handlen sei (pag. 79 et sequentibus
aliquot9).
Von dem heiligen ehestande.
Dieweil der eheliche stand von Gott gestiftet, ge-
ordnet und eingesetzt ist und Gott nicht will, daß
durch unordenliche, viehische vermischung das
menschliche geschlecht soll erbauet und erhalten
werde[n] bis auf den letzten tag dises weltlichen
wesens, so sollen
erstlich die pfarhern in ihren predigten disem
löblichen und göttlichen stande sein gebürlich lob
nicht entziehen, sondern denselben als ein göttliche
ordnung preisen und rühmen und hergegen alle
die ernstlich strafen, so disen stand für unrain
oder für ein unzucht halten, denselben verachten
und lestern.
Zum andern: Damit diser stand und ein züchtig,
keusches leben desto mehr geliebet werde, so sollen
sie aus Gottes wort und aus den grausamen exem-
peln das volk fleißig unterrichten, daß Gott greulich
und erschröcklich zürne wider alle unzucht und un-
ordenliche vermischung in allen menschen und das
er disen zorn gewißlich mit allerlai strafen als mit
krieg, blutvergießen und vertilgungland und leut und
andren greulichen krankhaiten erzaige und beweise
etc. Es sollen auch die pfarhern die eheleut treu-
lich erinnern, im ehestand fridlich zue leben, damit
nicht das heilige gebete bei ihnen verhindert werde,
wie der liebe Petrus lehret, 1.Petr. 3 [7].
Zum dritten sollen die pfarhern die verlobte
eheleut, braut und breutigam, wen sie sich bei ihnen
presentirn, mit fleiße dise folgende artikel fragen:

9 Sehling 11, 531-537.

1. Erstlich, ob sie baide frei und sich sonst mit
einer andern person nicht ehelig verlobt haben.
2. Zum andern, ob sie nicht mit frundschaft oder
schwägerschaft im ersten, andern oder dritten grade
aneinander verwant seind, davon in unser kirchen-
ordnung gehandelt wird. pag.1
3. Zum dritten, ob sie mit wissen und willen ihrer
eltern oder ihrer frundschaft und fürmunder sich mit
einander ehelig verlobt und versprochen haben.
Darumb were es billig, daß vater und mutter, für-
munder oder etliche der nechsten frund zugleich mit
braut und breutigam erschinen, welche neben und
an [der] jungen stat umb die verkündigung bitten
sollen.
Wo sich nun in disen fragstucken ein irrung be-
findet, solle man sie an die oberkait jedes orts
weisen und mit der verkündigung nicht fortfahren,
bis die irrung erörtert wird. Wo aber kain irrung für-
handen, soll man solche neue verlobte eheleut drei
sontäg oder feuertäg nacheinander für der ganzen
gemain öffentlich verkündigen. Doch solle man mit
solchen verkündigung auf den hohen festen innen-
halten und den nechsten tag oder feuertag hernach
solche verkündung verrichten.
Zum vierten sollen die pfarhern ernstlich darob
sein, daß es mit dem kirchgang und hochzeiten ehr-
lich und ordenlich gehalten werde, nach der lere
Pauli: Die ehe soll ehrlich gehalten werden, Heb. 13
[4]. Sonderlich sollen sie nicht zulassen noch gestat-
ten, daß die leut bei den hochzeiten schimpflich
ihre narhait treiben mit lachen, spotten, den breu-
tigam raufen und dergleichen leichtfertigkeit, wie
im babstumb für diser zeit geschehen ist, als were
es mit dem ehestand ein scherz oder kinderspil.
Zum fünften sollen die pfarhern auf den hoch-
zeiten in der kirchen für öffentlicher versamlung
vom ehestand ein predig tun, wie oben auch vermel-
det ist.
Zum sechsten sollen sie kaine frembde, unbe-
kannte leut weder verkündigen noch einlaiten, es sei
dan, das sie genugsame kundschaft können fürlegen,
1 Die Seitenangabe fehlt. Gemeint ist vielleicht Seh-
ling 11, 200. (537), wo aber noch weniger steht als
hier. Genaueres enthält die bald erwähnte Eheord-
nung (siehe unten S. 593-596!).

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