VI 1 Christliche Instructio des Thomas Stieber von 1574
lassen zum heiligen sacrament gehen, kain kind
lassen aus der taufe heben noch andere christliche
werk verrichten. Denselben solle man auch sagen,
wie sie Christum verlaugnen und kaine Christen
seien und wie sie Gottes schweres urtail auf sich laden,
welchem sie nicht entrinnen werden, wo sie sich nicht
bekeren und sich bessern.
Zum dritten sollen solche gottlose leut, wan sie
sterben in verstockter, halstarriger unbußfertigkait,
ohne christliche ceremonien und außerhalb des
gottesackers begraben werden.
Die sünde aber, umb welcher willen solcher bann
soll gefüret werden, seind zauberei, abgötterei, cet-
zerei, gotteslesterung, verachtung Gottes, diebstal,
wuecher, füllerei, verachtung Gottes worts, der hei-
ligen sacramenten, aufrur, totschlag und derglei-
chen, von welchen Paulus sagt [Gal. 5, 24]: Die sol-
ches tun, werden das reich Gottes nicht ererben. Wie
auch das geistlich recht etliche solcher sünden er-
zelt, umb welcher willen die christliche begrebnus
und der gottsacker soll geweihet werden als in
summa Antonini zue lesen ist in parte 3. tit. 10. § 8.1
Doch soll hie gute beschaidenhait gehalten werden,
damit niemand unbillig angetastet oder wider recht
unschuldiglich christlicher gemeinschaft beraubt
werde. Sonderlich soll mit fleiß vermitten2 werden,
daß niemand in bann geton und aus der christlichen
kürchen ausgeschlossen werde von wegen ubertre-
tung menschlicher satzungen, wie im babstumb ge-
schehen ist, da man vilfältig den bann gebraucht
und geübt hat wider die, so menschliche, bäbstliche
aufsätz und gebot, die auch wider Gottes wort ge-
west sein, ubertreten und darwider gehandelt haben.
Von den festen und feuertagen.
Obwol unser gewissen an kainen tag oder fest ge-
bunden ist, so sollen wir doch die hohen fest, die ge-
1 Siehe oben S. 585! Anm. 4! Die Stelle in der dort
genannten Ausgabe 0 2v.
2 alte Form für vermieden (Schmeller 2, 1570).
3 Weihnachten, Ostern und Pfingsten, jeweils offenbar
zweitägig wie im Agendbüchlein ( Sehling 11, 538)
und in der Brandenburgisch-nürnbergischen Kir-
chenordnung (Sehling 11, 204).
4 Siehe oben S. 293 Anm. 33!
5 Sehling 11, 204.
ordnete sontäg und gewönliche feuertäg halten umb
der predig und historien willen, die uns auf sonder-
liche täg und fest fürgetragen werden, und umb der
christlichen liebe willen, das unsere gesinde auch
mög rue haben und in die predig gen, sich alda leh-
ren laß, bete und Gott lobe. Sollen
[erstlich] derhalben alle pfarhern, unserm gene-
digen herren zuegeton, die hohen feste3 und apostel-
täg4 sambt den festen Mariae, als da sind: Purifica-
tionis [2. Febr.], Annunciationis [25. März] et Visi-
tationis [2. Juli], auch den tag Joannis Baptistae
[24. Juni], wie dieselben in unser kürchenordnung
vermeldet werden (pag. 56 et 575), verkünden und
fleißig halten, damit auch in disem stück kain un-
richtigkait oder ergerliche ungleichait, wie bishero
geschehen, erfunden werde.
Das fest Visitationis Mariae soll auf den 15. tag
Augusti, auf welchen tag man im babstumb das ab-
göttisch fest Mariae himelfart helt, verschoben und
gehalten werden, wie bishero im brauch gewesen ist
bei denen, so sich unser kürchenordnung6 gebraucht
haben. Es soll auch der tag Michaelis [29. Sept.] ge-
feuert werden, dieweil derselbige bei unsern nacht-
barn und andern, so der reformierten7 religion sind
zuegeton, gehalten und gefeuret wird8.
Was aber andere fest Mariae und der heiligen sind,
die solle man unterlassen, auch auf solche täg nicht
predigen, damit man niemand in alter, gewönlicher
abgötterei sterke, ergernus unter dem gemainen
man zurichte und zur unordnung ursach gebe, son-
dern, so etliche täg der heiligen solche historias oder
text haben, so in Gottes wort gegrundet, sollen sie
auf den freutag fürgenomen und erkleret werden,
wie auch oben vermeldet ist9; dann wirs für gut
achten, daß der heilichen historien, so in Gottes wort
und heiliger schrift ihren grund haben, gehandelt
und erkleret werden, welche man betrachten soll
propter doctrinam, gratiarum actionem et imitatio-
6 wie in den Anm. 3 genannten Ordnungen (Sehling
11, 204. 538).
7 nicht in dem von Friedrich III. von der Pfalz ge-
brauchten Sinne = kalvinisch, sondern einfach =
evangelisch.
8 z.B. in der kurpfälzischen (Hauß-Zier 78) oder in
der pfalz-neuburgischen Kirchenordnung (f. 115v).
9 Siehe oben S. 474!
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lassen zum heiligen sacrament gehen, kain kind
lassen aus der taufe heben noch andere christliche
werk verrichten. Denselben solle man auch sagen,
wie sie Christum verlaugnen und kaine Christen
seien und wie sie Gottes schweres urtail auf sich laden,
welchem sie nicht entrinnen werden, wo sie sich nicht
bekeren und sich bessern.
Zum dritten sollen solche gottlose leut, wan sie
sterben in verstockter, halstarriger unbußfertigkait,
ohne christliche ceremonien und außerhalb des
gottesackers begraben werden.
Die sünde aber, umb welcher willen solcher bann
soll gefüret werden, seind zauberei, abgötterei, cet-
zerei, gotteslesterung, verachtung Gottes, diebstal,
wuecher, füllerei, verachtung Gottes worts, der hei-
ligen sacramenten, aufrur, totschlag und derglei-
chen, von welchen Paulus sagt [Gal. 5, 24]: Die sol-
ches tun, werden das reich Gottes nicht ererben. Wie
auch das geistlich recht etliche solcher sünden er-
zelt, umb welcher willen die christliche begrebnus
und der gottsacker soll geweihet werden als in
summa Antonini zue lesen ist in parte 3. tit. 10. § 8.1
Doch soll hie gute beschaidenhait gehalten werden,
damit niemand unbillig angetastet oder wider recht
unschuldiglich christlicher gemeinschaft beraubt
werde. Sonderlich soll mit fleiß vermitten2 werden,
daß niemand in bann geton und aus der christlichen
kürchen ausgeschlossen werde von wegen ubertre-
tung menschlicher satzungen, wie im babstumb ge-
schehen ist, da man vilfältig den bann gebraucht
und geübt hat wider die, so menschliche, bäbstliche
aufsätz und gebot, die auch wider Gottes wort ge-
west sein, ubertreten und darwider gehandelt haben.
Von den festen und feuertagen.
Obwol unser gewissen an kainen tag oder fest ge-
bunden ist, so sollen wir doch die hohen fest, die ge-
1 Siehe oben S. 585! Anm. 4! Die Stelle in der dort
genannten Ausgabe 0 2v.
2 alte Form für vermieden (Schmeller 2, 1570).
3 Weihnachten, Ostern und Pfingsten, jeweils offenbar
zweitägig wie im Agendbüchlein ( Sehling 11, 538)
und in der Brandenburgisch-nürnbergischen Kir-
chenordnung (Sehling 11, 204).
4 Siehe oben S. 293 Anm. 33!
5 Sehling 11, 204.
ordnete sontäg und gewönliche feuertäg halten umb
der predig und historien willen, die uns auf sonder-
liche täg und fest fürgetragen werden, und umb der
christlichen liebe willen, das unsere gesinde auch
mög rue haben und in die predig gen, sich alda leh-
ren laß, bete und Gott lobe. Sollen
[erstlich] derhalben alle pfarhern, unserm gene-
digen herren zuegeton, die hohen feste3 und apostel-
täg4 sambt den festen Mariae, als da sind: Purifica-
tionis [2. Febr.], Annunciationis [25. März] et Visi-
tationis [2. Juli], auch den tag Joannis Baptistae
[24. Juni], wie dieselben in unser kürchenordnung
vermeldet werden (pag. 56 et 575), verkünden und
fleißig halten, damit auch in disem stück kain un-
richtigkait oder ergerliche ungleichait, wie bishero
geschehen, erfunden werde.
Das fest Visitationis Mariae soll auf den 15. tag
Augusti, auf welchen tag man im babstumb das ab-
göttisch fest Mariae himelfart helt, verschoben und
gehalten werden, wie bishero im brauch gewesen ist
bei denen, so sich unser kürchenordnung6 gebraucht
haben. Es soll auch der tag Michaelis [29. Sept.] ge-
feuert werden, dieweil derselbige bei unsern nacht-
barn und andern, so der reformierten7 religion sind
zuegeton, gehalten und gefeuret wird8.
Was aber andere fest Mariae und der heiligen sind,
die solle man unterlassen, auch auf solche täg nicht
predigen, damit man niemand in alter, gewönlicher
abgötterei sterke, ergernus unter dem gemainen
man zurichte und zur unordnung ursach gebe, son-
dern, so etliche täg der heiligen solche historias oder
text haben, so in Gottes wort gegrundet, sollen sie
auf den freutag fürgenomen und erkleret werden,
wie auch oben vermeldet ist9; dann wirs für gut
achten, daß der heilichen historien, so in Gottes wort
und heiliger schrift ihren grund haben, gehandelt
und erkleret werden, welche man betrachten soll
propter doctrinam, gratiarum actionem et imitatio-
6 wie in den Anm. 3 genannten Ordnungen (Sehling
11, 204. 538).
7 nicht in dem von Friedrich III. von der Pfalz ge-
brauchten Sinne = kalvinisch, sondern einfach =
evangelisch.
8 z.B. in der kurpfälzischen (Hauß-Zier 78) oder in
der pfalz-neuburgischen Kirchenordnung (f. 115v).
9 Siehe oben S. 474!
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