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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0608
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Herrschaft Wolfstein

nem. Doch soll man in allweg mit höchstem fleiße
verhüeten, wan wir der heiligen historien also hand-
len, daß wir nicht fabeln und lügen mit untermen-
gen, wie der solchen ohne zal in der legenda sancto-
rum10 zue finden seind. Desgleichen soll auch ver-
hüetet werden, daß wir aus den heiligen kaine not-
helfer und mittler zwischen Gott und den menschen
machen; dann solches ain greuliche lesterung ist des
mittlerambts unsers lieben Herren Jesu Christi und
ein recht greulich crimen laesae majestatis divinae,
dafür wir prediger die leut treulich warnen sollen
und sie allain zue Christo weisen, der do sagt: Venite
ad me omnes, qui laboratis, et onerati estis! Ego
refocillabo vos [Matth. 11, 28].
Zum andern sollen die pfarhern dise nötige ver-
mahnung stetigs treiben mit großem ernst, das die
fest- und feuertäg geheiliget werden und das man
solche täg und fest nicht mißbrauche mit unorden-
lichen fressen, saufen, spilen, denzen und andern
lestern, wie gemeinglich solche laster an solchen tä-
gen getrieben werden. Darumb auch solche vermah-
nung hoch von nöten ist.
Zum dritten: Wo aber durch die oberkait an
feuertägen oder sontägen etliche züchtige dänz er-
laubt und zugelassen werden, so soll man solche
dänz nicht ehe anfahen, man hab dann die kinder-
lehre und catechismum zuvor verrichtet. Aber an
den hohen festen sollen ganz und gar kaine denz ge-
stattet noch gebilliget werden und in der fasten ganz
und gar verboten und abgeschafft sein.
Von etlichen stücken der kürchendiener,
ihr ambt und ministerium betreffent.
Damit die pfarhern und kürchendiener an ihrem
ambt nichts versaumen oder andere an ihrem ambt
hindern, so soll
[erstlich] ein jedlicher pfarherr gegen dem super-
intendenten oder inspectori, von unserm genedigen
herren verordnet, sich also verhalten, daß er alle
treue erinnerung und vermahnung fründlich anneh-
10 Gemeint ist die in vielen Drucken schon früh er-
schienene Historia lombardica sive legendae sanc-
torum oder auch legenda aurea, bes. in der Bearbei-
tung durch Jacobus de Voragine.

men und, das sie zu seiner besserung geschehen, da-
für erkennen und halten wöll.
Zum andern: Wo einer aus seinen collegen und
mitbrüdern etwa krank würde und deshalben sein
ambt nicht verrichten könt, so soll ein jedlicher sei-
nem kranken mitbruder in aller fürfallenter not aus
brüderlicher liebe umb Gottes willen zuespringen
und das beste tun mit predigen, sacrament raichen
und andern kürchendiensten, damit niemand ver-
saumbt oder an seiner seligkait verhindert werde,
sonderlich, daß nicht etwa kleine kindlein ohne taufe
durch unser versaumnus sterben möchten.
Zum dritten soll kainer ausraisen oder uber feld
wandeln, er hab dann seiner benachbarten mitbru-
der einen bestelt, damit, wan etwa leut gelings krank
wurden oder schwangere weiber unversehens ihrer
frucht entlediget wurden, daß alda kain mangel er-
scheine.
Zum vierten: Wann auch sonsten ein pfarherr
will ausgen, soll er seinem mesner befelg tun, das er
könne fürfallenter not eilends erfordert und berufen
werden.
Zum fünften soll ein pfarherr von seinen- mitbrü
dern und collegis das beste reden, kainer den andern
übel ausrichten oder bei seinen pfarrkindern verklai-
nern, damit wir das ministerium nicht selbst ver-
nichten oder andern ursach geben, das heilige mini-
sterium und desselben diener zue schmehen und zu
verachten.
Zum sechsten soll kainer dem andern in sein
ambt greifen oder ihme seine pfarrkinder entwenden
und zu sich hengen, daraus großer unwill, zank und
feindschaft folget, so doch in alweg die kürchen-
diener miteinander einträchtig leben und den schö-
nen kürchenfride, davon der 133. psalm sagt, sollen
erhalten helfen.
Wie wir uns aber halten sollen gegen denen, so
unter dem babstischen pfaffen wonhaft und von den-
selben kain christliche pfarreeht können bekommen,
ist oben aus unser kürchenordnung11 im articel von
der administration der heiligen sacrament ange-
zaigt.
11 Siehe Sehling 11, 198 f.

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