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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0614
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Herrschaft Wolfstein

kaine blutsfründ hetten, so sollen sie sonsten zwen
oder drei ehrliche menner zu solcher heuratshand-
lung erfordern damit aller verdacht, falschait und
betrug der fürmunder, so etwa betrüglicherweise
und umb geschenk willen ihre pflegkinder böslich
verheuraten, abgestelt und aufgehoben werde.
Zum achten soll sich niemand untersten - er sei
man oder weibe -, daß er wolt jung leut, so noch
unter ihrer eltern oder fürmünder gewalt seind, zu-
sammenkuppeln und zwischen ihnen haimliche und
unchristliche ehe stiften, damit man den kindern
nicht ursach gebe, wider das vierte gebot zu sündi-
gen und sich den eltern unbedacht aller empfange-
nen woltaten unerbarlich zue entziehen.
Zum neunten: Dieweil zum oftermaln auf heim-
liche eheverlübnus oder winkelehe großer unrat als
schwere mainaid, unerbare beischlafung und andere
große mengel erfolgen, so soll sich forthin niemand -
er sei jung oder alt - haimlich und im winkel verlo-
ben und ehelich versprechen, sondern, damit in sol-
chen sachen aufrichtig gehandelt und kain tail vom
andern betrogen werde, auch kaines gelegenhait hab,
hernach dem andern tail verhaisene ehe oder andere
bindung nicht gestendig zue sein, so sollen zum
wenigsten zwen blutsfründ oder schwäger oder sonst
zwo erbare redliche personen erbeten und erfordert
werden, mit welchen sie im fall der not ihre eheliche
pflicht nottürftiglich und rechtmeßig beweisen kön-
nen.
Zum zehenden: Wo sich jemand mit einem an-
dern ehelich verlobet hat, soll er nicht unter dem
schein versprochener ehe beischlafen, sondern soll
zuvor seinen christlichen und gebreuchlichen kürch-
gang und öffentliche hochzeit haben.
Zum eilften: Wo zwai eheleut durch den tod
voneinander geschieden werden und das eine tail
sich wider verheurat, so sollen solche verlobte per-
sonen nicht ehe heuslich beieinander wohnen, sie
haben dann zuvor ihren öffentlichen kürchgang und
hochzeit gehalten, auf das sie nicht ursach haben,
sich für der hochzeit fleischlich zu vermischen, dar-
aus gemeniglich großer unrat und langwieriger un-
willen erfolget.
Zum zwelften: Wan sich zwo person ehelich

miteinander verlobt haben, so soll kaines das ander
wider seinen willen ohne alle billigkait mit dem
kürchgang und hochzeit zu lang aufhalten, sondern
sollen zu rechter zeit hochzeit halten, damit sie
nicht durch den Teufel zur unzucht und ehebruch
getriben oder durch böse leut gegeneinander verhetzt
und in erbitterten, ergerlichen unwillen geführet
werden.
Zum dreizehenden soll kain ehegemahel von
dem andern prüchig werden weder durch ehebruch
oder unchristlich hinweglaufen, sondern soll bei sei-
nem gemahel bleiben und ihme ehelich beiwohnen
in frid und treu, bis sie Gott durch den tod vonein-
ander schaidet.
Zum vierzehenden solle sich niemand nach
absterben seines gemahels für einem viertl jars mit
einem andern wider verheuraten, vil weniger für
einem viertl jars hochzeit halten, sondern soll seinen
verstorbenen ehegemahel zue ehren und, ergerliche
leichtfertigkeit zu vermeiden, in einem viertljar
seinen witwestand nicht verrucken.
Straf derer, so dise artikel ubertreten werden.
So jemand wider den ersten artikel handlen
wird als, wan sich jemand mit zwaien oder mehr
personen zugleich ehelich verspricht oder für ab-
sterben seines gemahels einer andern person künftige
ehe zuesagt, so sollen solche personen durch die ober-
kait ernstlich umb solcher unchristlicher leichtfer-
tigkait willen gestraft werden am gut oder mit ge-
fengnus. Es sollen auch alle verlobung, so werenter
ehe mit andern gemacht, für nichtig und kraftlos
gehalten werden. Wo aber die beischlafung in hoff-
nung künftiger ehe erfolgt were, sollen solche perso-
nen desto herter gestraft und ihrer kaineswegs ver-
schonet werden.
Wer aber wider den andern articul handelt als
wann sich jemand mit einer solchen person in ehe-
gelübdung einleßt, so ihme in verbotenen graden
der blutfründschaft und schwägerschaft verwandt
ist, so soll solch verlübdnus für kraftlos und un-
bündig erkant und abgeschafft werden. Wo aber in
denen graden der blutfründschaft und schwäger-
schaft, so im göttlichen gesatz5 verboten seind, die

5 3.Mose 18.

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