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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0333
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Ehegerichtsordnung 1563

sen istd, alß soe sie schwanger, geschwecht oder be-
schlafen gewesen vor der zeit, hie soll abermals der
richter erstlich die versonung suchen, die frau umb
Gottes willen um vorzeihung bitten und sich zu
allem gehorsam erbiethen. Und soll der man erinnert
werden, das man auch solcher armen weiber schonen
solle, dann sie khunnen hernach nicht widerumb zu
ehren kommen, item, es sey Gott gefellig, das ein
mensch des andern schande, sovil muglich ist, zu-
decken.
fZum dritten, so aber der man zu hart ist und will
dem weib nicht gnad ertzaigen uf vorgehende gute
erinnerung und begehrt endlich, das man ihne ledig
spreche, sollen die eherichter ungeacht, das diese
klag vor oder alßbaldt nach der hochzeit vor gericht
bracht, zuvorn auch diese fursichtickeit uben:
Nemblich der man und das weib sollen gefragt
werden, ob der man das weib auch hernach berurt
habe, nachdem er gewust hett, daß sie zuvor von
einem andern beschlafen seye, und so man solches
befindet, das er sie hernach berueret hette, solle
man sie nit scheiden. Dann der man hat noch die-
sem wissen in sie gewilligt und khanng errorem
nicht allegiren.
Die ander fursichtickeit ist, das man das weyb
heimlich frage, ob der unehliche thäter sie auch
nach der verlubdtnus beruret habe und, so dieses
geschehen, so khan der man ledig gesprochen wer-
den, quia sumus in casu adulterii und ist hdes
richtersh gewissen sicherer i.
Zum vierdten, wann der man noch allen diesen
processen daruf verharret, das er endlich begehret,
man solle ihnen ledig sprechen, und hette das weib
nicht berurt noch der zeit, da er innen worden, das
sie zuvorn von einem andern beschlafen gewesen,
sollen ihnen die eherichter im nahmen Gottes aus
obgehörten rechtmessigen ursachen vormog kayser-
lichen und mosaischen rechtens ledig sprechen.
Dann wiewohl die burgerliche gesetz im Mose uns
d Fehlt Cgm 2553. e Fehlt Cgm 2553.
f Cgm 2555 Marginal: + 3.
g Cgm 2555: + also.
h-h Cgm 2553: der richter im.
i Cgm 2555: sicher.
k Fehlt Cgm 2555; Cgm 2553: doch.
l Cgm 2555: + doch.
m-m Fehlt Cgm 2553.

nit binden, so sihet man dannochtk darinnenl, was
Gott zuleßt oder nicht, und ist die christliche ob-
rickeit in ihrem gewissen sicher, das sie nicht wider
Gottes willen handelt, so sie etwaß ex authoritate
zulesset, das in Mose und anderer christlicher kayser
gesetze zugelassen ist.
Und soll der man darbey erinnert werden, das
sollich ledigsprechen seinem gewissen zu guetem
beschehe. Darumb soll er alßo leben, das er Gott in
gutem gewissen anrufen konne, mund mag auch
wohl ein andere nehmenm, sintmal kein gebot
Gottes ihme gebeuth, ohne ehe zu bleiben oder die
unreihne zu behalten.
Das weib aber soll gestraft werden, dieweil sie viel
sunde begangen, erstlich das sie unzucht getrieben
wider Gott, darnach das sie den man betrogen und
betrubet, zudem auch ergernusn geben. Darumb
soll ein solche betriegerin in der stadt oder ampt,
da der man seine wohnung hat, nit geduldet, jedoch
derselbigen an andern orten sich der gepuer zu vor-
heurathen nit abgeschlagen oder verboten werden.
oWas hie von den geschwechten oder geschwen-
gerten weibern gesagt ist, soll auch von andern an-
sehelichenp qualitatibus verstanden werden, alsq
nemblich, wann einer sich mit einer taub oder plin-
den oder, die sonst eine unleidenliche, ewig sucht
als den aussatz, unwissentlich verlobt und die ehe
mit dem beyschlaf nit volnzogen hette.
Dann wo derselibigen jhmandt solchen grossen,
ewigen mangel einen an seiner vortraueten oder ver-
trauetem funde, mit welchem er wissentlich sie oder
ihne genommen hette, der oder die ist betrogen und
soll frey sein, auch macht haben, sich zu vorendern
ungeacht des bebstlichen rechtens.
Und obwohl dargegen möcht eingefuretr, war-
umb einer oder eine nicht mit vleiß noch solchem
mangel zuvor gefragt habe und alßo die schuldt
seiner unvorsichtickeit gegeben werden, sos soll est
doch vil weniger jhenes teil helfen, das es seinen
n Cgm 2555: ergernußen.
o Cgm 2555 Marginal: + Surditas, caecitas, ele-
phantiasis solvunt sponsalia.
p Cgm 2555: ansehenen.
q Fehlt Cgm 2553.
r Cgm 2553: + werden.
s Fehlt Cgm 2553 und 2555.
t Cgm 2553: solches.

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