Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0318
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25. Kirchenordnung 1578

und förcht sich vor dem strengen gericht und ge-
rechten urteil Gottes. Es ist im auch sein ubertre-
tung trewlichen 18 leid und bekennet solches alles
hie vor Gott und euch, der kirchen Gottes.

Weil er aber auß Gottes gnaden verstehet und
auß heiliger schrift gelernet hat, das Gott barm-
hertzig und gütig ist und allen bußfertigen, glaubi-
gen sündern alle ire sünd, wie groß, ungehewer und
abschewlich sie auch immer sein mögen, gnedig-
hchen umb Christi, seines lieben sons verdienst und
fürbitt willen, verzeihe 11 und sie widerumb als der
vatter den verlornen son 0 zu gnaden annemen
wölle, so nimmet er sich dessen von hertzen an und
ist tröstlicher zuversicht, der liebe Gott werde ihm
seine sünd auch nicht zurechnen, sondern gnedig-
lichen verzeihenP und mit dem teuren blut seines
sons abwaschen^, verspricht auch Gott, dem kir-
chendienst und euch, das er disen seinen [44] glau-
ben mit rechtgeschaffnen guten werken wöll bezeu-
gen und mit anrüffung göttlicher hülf und beystand
des Heiligen Geists sich forthin vor siinden hüten
und sein noch uberigs leben in dem gehorsam des
willen Gottes zu erbawung seines nechsten vol-
füren r.

Bittet derohalben umb Gottes willen Ewer Lieb
in gemein und ein jedes in sonderheit, ir wöllet ihme
für ewer person das gegebne ergernuß auß christ-
licher lieb in betrachtung menschlicher blödigkeit
verzeihen und Gott ernstlich für in anrüffen helfen,
das er im dise und alle seine sünd gnediglich ver-
zeihen und zu seiner kindschaft wider aufnemen

n Öhringer Formular Marg.: Ezech. 33 [10-20].

0 Öhringer Formular Marg.: Lucae 15 [11-32].

p Öhringer Formular Marg.: Esaiae 1 [18].

1 Öhringer Formular Marg.: 1. Ioan. 1 [7].

r Öhringer Formular Marg.: Math. 5, 1. Timoth. 1
[5-11?], Luc. 11 [9-15], Ioan. 6 [35. 37].

s Öhringer Formular Marg.: Gal. 6 [1].

1 In Langenburger Ex. hier auf eingebundenem
Zettel ersetzt: so hezeuget (n) er (sie) dann solches
[ ? ] hiermit offentlich auf f olgende fragen mit einem
deutlichen ja (folgen 3 Fragen an den Büßer und
die Büßerin).

u Öhringer Formular: + sintemal unser lieber herr
Christus von uns erfodert, das wir einander die
sunde vergeben (Marg.: Math. 18 [18], Math. 6 [12.
14]), und S. Paulus wil haben, das wir denen, so
mit einem feil [ = Fehl] ubereilet, mit sanftmuti-
gem geist wider zurecht halfen sollen (Marg.:
Rom. 14 [1. 10. 13], Gal. 6 [1]).

wölle. Wöllet in auch forthin euch in christlicher
lieb und ewrem embsigen gebet zu Gott ernstlichen
befolhen sein lassen, ihm auch und den seinen disen
fall nicht schmehlich aufrupfen 19, noch in argem
nimmermehr gedenken, sondern mit sanftmütigem
geist ihm wider zurechthelfen s und ihn fürohin
wider für ein geliecl unsers herrn Christi und seiner
kirchen halten und mit aller christlichen heb und
trew gemeinen.

Darmit aber meniglich 20 merken könne und spü-
ren, das ime die buß und bekerung zu Gott ernst
[44 b] sey und von hertzen gehe * 1, will er jetzund das
hochwürdig abendmal zur sterkung des glaubens
und newen lebens mit andern christen gebrauchen.

Nachdem nun solches nicht allein ein zimliche,
sondern auch ein gantze christliche bitt und begern
ist u, so bitten wir auch mit im und von seinetwegen,
in seiner bitt christlich zu gewehren, so wird solches
sonder zweifel als ein werk der christhchen lieb und
rechte frucht des glaubens Gott, unserm himhschen
vatter, mcht allein wolgefahen, sondern auch, mit
uns in unser gebrechhgkeit sovil destomehr gedult
zu haben, in verursachen.

Wöllet derohalben v miteinander für dise und für
alle not der gantzen christenheit in warem giauben
und ungezweifelter zuversicht also bitten:

Gebet

Allmechtiger Gott, himlischer vatter, wir sehen
auß deinem heiligen wort und erfarens auch an uns

v Für „Wöllet derohalben“ in Neuensteiner Ex. hs.
Änderung: So ihr beede nun solches von hertzen
meinet, so bekräftiget solches mit ewerm jawort.
Hierauf lasset uns. - Im folgenden in Öhringer
Formular: miteinander in wahrem glauben also
hetten.

18 „treulichen“ (plural. Form) = aufrichtig. „In Verbin-
dung mit der Formel ,es ist mir leid‘ ist das Wort oft
zur bloßen Zusatzpartikel abgeschwächt“ (Grimm
11, 1, 2 (373-377).

19 „Aus einem sinnlichen Aufrupfen oder Pflücken der
Flocken und Federn vom Kleid abzuleiten, was ein
Vorwerfen und Vorhalten von Mängeln oder Fehlern
ausdrückt“ (Grimm 1, 716).

20 = jedermann.

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