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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0122
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Württemberg

Es were auch villeicht vonnöten, das wir nit al-
lein der Ceremonien, sonder vil mer der leer und
predig, an welcher weit mer gelegen wil sein, ein
form fürschreiben unnd den einfaltigen pfarrern an-
leyttung hierinn geben. Dieweil aber nun etliche jar
die götlich Biblisch geschrifft durch gnedige Gottes
schickung so klar und lautter an tag kummen, las-
sen wirs dabey bleiben. Wöllen solche Biblische
bücher unnsern predicanten unnd kirchendienern,
mit höchstem fleiß zu lesen, ganz ernstlich bevolhen
haben unnd hierinn allein form und weis der Cere-
monien, wie die in unserm Fürstenthumb gehalten
sollen werden, in Gottes namen fürstellen, inn mass,
wie hernach volgt. | Aiiiib |
Von der Leer.
Es soll ein yeder Pfarrer oder prediger an denen
orten, da das Evangelion vor nit gepredigt ist wor-
den, anfengklichs fürnemmen die hauptstuck Chri-
stenlicher leer und dieselbigen grüntlich und orden-
lich nacheinander handlen, damit dem zukünfftigen
baw ein starcker und vester grund gelegt werde.
Darnach mage man die Sontäglichen Evangelien
erst fürnemmen, deren der gemein man vor gewonet
und yetz desto leichter zu versteen hat, unnd mit
der zeit in den Stetten und grossen Flecken ein gant-
zen Evangelisten under die handt nemen und orden-
lich vom anfang bis zum end handlen und außlegen.
Damit auch das gemein volck erfarn und lernen
möge, was in allen Evangelisten unnd Apostolischen
schrifften verfasset sey, welches dann | Ava | bißan-
her nit woll hatt sein mögen, dieweyl sie allein die
Sontäglichen Evangelien gehört haben und auch
yetzundt mit dem predigen schwärlich zuwegen mag
pracht werden, man helffe dann der predig mit einer
lection, So wöllen wir, das alle Sontag und feyrtag,
nach dem das ander zeichen zu der predig gehört,
von stund an der pfarrer oder sein helffer, so er ei-
nen hat, auff die Cantzel steyge und mit gutten,
verstentlichen worten alda ein Capitel lese, also das
er fornen anfahe an dem Evangelisten Mattheo, und
also für und für bis zu end des newen Testaments,
4 Kol 3,16.

darnach fahe er vornen widerumb an, Dieweil man
doch vormals im bapstumb die zeit mit unnützer
verkündung der seelen und stiffter und andrer der-
gleichen nichtiger, ungegründter ding zugebracht
hat, und zu end diser lection soll man erst das letst
zeichen oder zusamenleytten an | Avb | die rechten
predig, damit, wer lust und willen hat, sich zu der
lection darvor auch verfügen möge. Am end einer
yeden predig auff die Sontag unnd Feyrtag, so die
gantz kirch zusamen kompt, sol man der Christen-
lichen gemein alle stend der Christenheit trewlich
bevelhen, alle not und anligen fürtragen.
Es sollen aber die predigen auch auff die Sontag
und Feyrtag über ein stundt nit verzogen werden,
damit die leut nit mit der vile unnd lengin über-
schütt und verdrützig werden, dieweil ye des gemei-
nen mans verstandt sich nit dermass auff einmal so-
vill mit lust zufassen auffthun mag, sonder mit ihme
gleichsam einem krancken zuhandlen, dem man
offt, aber wenig auff einmal fürstellen mus.
Wa man dann nit täglich predigt, |Avia| als in
den grossen Stetten und Flecken, soll doch in yedem
Flecken von dem Pfarrer zwey mal in der wochen
(wölche tag seinem völcklin am gelegnesten seyn
mögen) gepredigt werden, und sollen die werck täg-
lichen predigen in einer halben stund ungevarlich
geendet werden, damit also das heylig, lebendtma-
chendt Gottes wort reichlich under uns wone4 und
doch zum überdrus der schwachen unnd geprech-
lichen natur mit unmässigem fürschütten nit gerate,
sonder zu besserung dienstlich sey.
Von christenlichem gesang.
Weil es Got, dem herren, gefällig, das wir ine
loben und preisen mit Psalmen, lobgesang unnd
geistlichen lieder und derselbigen, zu disen zeiten
| Avib | aus seiner gnedigen schickung sovil in Teut-
scher sprach gemacht, auch aus andern sprachen, so
gantz schön und artlich in das teutsch verdolmet-
schet worden, unnd des menschen gemüt, sonderlich
der jugend, durch gesang treffenlich erhertziget und
bewegt wurdet, wöllen wir, das sollich Christlich
und besserlich übung under all unnser underthon so-

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