8. Kirchenordnung 1536
8. Kirchenordnunga
1536
Gemein kirchenordnung, wie die diser zeit allenthalb im
Fürstenthumb Wirtemberg gehalten soll werden.
[Wappen Herzog Ulrichs]
Anno M.D.XXXVI. | Aiia |
Von Gottes gnaden, Wir, Ulrich, Hertzog zu Wir-
temberg und zu Teck, Grave zu Mümppelgart, etc.
Wiewol an mißhellung und ungleichheyt der eus-
serlichen ceremonien nit so hoch in der Christen-
lichen kirchen gelegen will sein, wann die haupt-
stuck Christenlichs glaubens, namlich wort und sa-
crament, durch welche unns Christus, unnser lieb-
ster heiland, das recht, war himmelbrot angericht,
fürgetragen unnd außgeteilt, wirdet gleich rein und
unverfelscht beleiben, Dann auch die erst kirch, wie
das die heiligen vätter und alte, glaubwürdige hi-
storien gnugsam beweisen, nit aller ding in ceremo-
nien und solchen eusserlichen dingen gleichheit ge-
halten hat, | Aiib | noch dannocht, dieweil der heylig
Apostel Paulus nit vergebens so fleissig bevolhen
hat, das es ordenlich und zierlich in der kirchen zu
soll geen1, haben wir dis nachvolgende kirchenord-
nung nach der regel götlicher geschrifft gestelt unnd
angericht, welche wir auch, ergernus der schwachen
unnd allerley leichtvertige nachrede der missgün-
stigen zu verhütten, von allen unsern predigern,
Pfarrern und Diacon also unverprüchlich gehalten
haben wöllen.
Nit der meinung, das sie darfür geacht werde,
als solt man mit dem werck solcher ordenlicher
handlung die sünd büssen unnd Gottes gnad, wie
etwan vor jaren gschehen und gelert worden, zuver-
dienen understeen, dann Christus, unser liebster
heylandt, ist allein, der für der menschen sünd ge-
nug gethan, uns Gottes gnad erlangt und verdient
hat, | Aiiia | sonder, das die erber, ordenlich zucht ge-
meiner kirchen versamlung anreytzung und ursach
gebe, die predig Göttlichs worts desto fleissiger zu
a Textvorlage (Druck): UB Tübingen L XIII 22. Abdruk-
ke: Reyscher, Gesetze VIII, S. 42-59; Richter,
EKO I, S. 265-273; Sattler, Geschichte des Herzog-
tums III, Beil. Teil 3 S. 192-213.
besuchen unnd die Sacrament mit grösserem ernst
zu empfahen. Dann dise zwey stuck, wie vor gemel-
det, namlich predig unnd Sacrament, der Christen-
lichen kirchen notwendige und hauptstuck seyen,
dadurch der glaub in Jesum Christum, unsern selig-
macher, von Gott durch den heyligen geyst ge-
pflantzt, gesterckt, ja die recht frumbkeit und sälig-
keit außgetheilt und dargereicht wirdt, welchen Sa-
cramenten in keinen weg verglichen werden könden
sovil und mancherley ceremonien der alten Bäpsti-
schen kirchen, welche zum merertheil nit allein kin-
disch, sonder auch dem edelen, ewigen wort Gottes
und reinen glauben in Christum Jesum gantz und
gar zuwider | Aiiib | streben, den sie nit allein ungüt-
lich ansprengen unnd anlauffen, sonder greulich zu
boden schlahen und aus der menschen gemütter von
grund außreuten, wie das (Gott sey lob) nun schier
in aller welt bekant und nun etlich zeit durch grundt
Göttlicher geschrifft von vilen treffenlichen leuten
und Christenlichen lerern gewaltig und unüberwint-
lich erwisen worden, also das es aller ding von un-
nötten, das sie allererst von uns hie angefochten sol-
ten werden.
Wir haben aber für gut angesehen, das alle sol-
che Ceremonien in unnser teutschen mutter sprach,
die wir alle verstehn, gehandlet werden, Damit alle
ding zu besserung unnd aufbawung Christenlicher
gemein nach der leer Pauli dienen und reichen
mögen2; Dann diser apostel nit will, das in der ge-
meind Gottes mit unbekanten zungen geredt werd,
Es | Aiiiia | sey dann etwar zugegen, der solches auß-
legen und den beiwesenden zu besserung deuten
möge3.
1 1Kor 14,40.
2 1Kor 14,19.26.
3 1Kor 14,39f.
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8. Kirchenordnunga
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Gemein kirchenordnung, wie die diser zeit allenthalb im
Fürstenthumb Wirtemberg gehalten soll werden.
[Wappen Herzog Ulrichs]
Anno M.D.XXXVI. | Aiia |
Von Gottes gnaden, Wir, Ulrich, Hertzog zu Wir-
temberg und zu Teck, Grave zu Mümppelgart, etc.
Wiewol an mißhellung und ungleichheyt der eus-
serlichen ceremonien nit so hoch in der Christen-
lichen kirchen gelegen will sein, wann die haupt-
stuck Christenlichs glaubens, namlich wort und sa-
crament, durch welche unns Christus, unnser lieb-
ster heiland, das recht, war himmelbrot angericht,
fürgetragen unnd außgeteilt, wirdet gleich rein und
unverfelscht beleiben, Dann auch die erst kirch, wie
das die heiligen vätter und alte, glaubwürdige hi-
storien gnugsam beweisen, nit aller ding in ceremo-
nien und solchen eusserlichen dingen gleichheit ge-
halten hat, | Aiib | noch dannocht, dieweil der heylig
Apostel Paulus nit vergebens so fleissig bevolhen
hat, das es ordenlich und zierlich in der kirchen zu
soll geen1, haben wir dis nachvolgende kirchenord-
nung nach der regel götlicher geschrifft gestelt unnd
angericht, welche wir auch, ergernus der schwachen
unnd allerley leichtvertige nachrede der missgün-
stigen zu verhütten, von allen unsern predigern,
Pfarrern und Diacon also unverprüchlich gehalten
haben wöllen.
Nit der meinung, das sie darfür geacht werde,
als solt man mit dem werck solcher ordenlicher
handlung die sünd büssen unnd Gottes gnad, wie
etwan vor jaren gschehen und gelert worden, zuver-
dienen understeen, dann Christus, unser liebster
heylandt, ist allein, der für der menschen sünd ge-
nug gethan, uns Gottes gnad erlangt und verdient
hat, | Aiiia | sonder, das die erber, ordenlich zucht ge-
meiner kirchen versamlung anreytzung und ursach
gebe, die predig Göttlichs worts desto fleissiger zu
a Textvorlage (Druck): UB Tübingen L XIII 22. Abdruk-
ke: Reyscher, Gesetze VIII, S. 42-59; Richter,
EKO I, S. 265-273; Sattler, Geschichte des Herzog-
tums III, Beil. Teil 3 S. 192-213.
besuchen unnd die Sacrament mit grösserem ernst
zu empfahen. Dann dise zwey stuck, wie vor gemel-
det, namlich predig unnd Sacrament, der Christen-
lichen kirchen notwendige und hauptstuck seyen,
dadurch der glaub in Jesum Christum, unsern selig-
macher, von Gott durch den heyligen geyst ge-
pflantzt, gesterckt, ja die recht frumbkeit und sälig-
keit außgetheilt und dargereicht wirdt, welchen Sa-
cramenten in keinen weg verglichen werden könden
sovil und mancherley ceremonien der alten Bäpsti-
schen kirchen, welche zum merertheil nit allein kin-
disch, sonder auch dem edelen, ewigen wort Gottes
und reinen glauben in Christum Jesum gantz und
gar zuwider | Aiiib | streben, den sie nit allein ungüt-
lich ansprengen unnd anlauffen, sonder greulich zu
boden schlahen und aus der menschen gemütter von
grund außreuten, wie das (Gott sey lob) nun schier
in aller welt bekant und nun etlich zeit durch grundt
Göttlicher geschrifft von vilen treffenlichen leuten
und Christenlichen lerern gewaltig und unüberwint-
lich erwisen worden, also das es aller ding von un-
nötten, das sie allererst von uns hie angefochten sol-
ten werden.
Wir haben aber für gut angesehen, das alle sol-
che Ceremonien in unnser teutschen mutter sprach,
die wir alle verstehn, gehandlet werden, Damit alle
ding zu besserung unnd aufbawung Christenlicher
gemein nach der leer Pauli dienen und reichen
mögen2; Dann diser apostel nit will, das in der ge-
meind Gottes mit unbekanten zungen geredt werd,
Es | Aiiiia | sey dann etwar zugegen, der solches auß-
legen und den beiwesenden zu besserung deuten
möge3.
1 1Kor 14,40.
2 1Kor 14,19.26.
3 1Kor 14,39f.
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