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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0500
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Baden

Ein Mandat aus dieser Zeit, das derartig bestimmte, einzuhaltende Zeremonien aufzählt, ist in der Karls-
ruher Sammlung nicht erhalten und auch sonst nicht auffindbar; allerdings wird im Mandat Nr. [VIII] von
1531 auf ein vorige[s] Usschreiben hingewiesen, das die Pfarrer zur Einhaltung der herprochten Ceremonien in
der Kirche auf Karwochen, Ostern, Uffartstag und Pfingsten verpflichtete;27 das in der Sammlung erhaltene
Mandat Nr. [VII] von 1528 kann damit aber nicht gemeint sein.28 Es muss also zwischen dem Erlass der
jetzigen Mandate [VII] und [VIII] ein weiteres Mandat ausgegangen sein. Kattermann vermutet, dass
dieses verschollene Mandat noch gar keine Abwendung des Markgrafen von seiner reformfreundlichen
Haltung beinhaltete, sondern lediglich eine antizwinglianische Stoßrichtung hatte29 - was aber kaum den
Kern dieser Maßnahmen trifft, wenn Bucer bzgl. der Karfreitags-, Himmelfahrts- und Fronleichnamsriten
richtig informiert ist. 1529 darf das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal auch wieder eine Novizin aufneh-
men.30 Die badischen Klöster überstehen so diese Periode der Ungewissheit weitgehend unbeschadet: Lich-
tenthal und Frauenalb stehen nach 1535 unter Baden-Badener Schirmherrschaft.31 Lediglich der - vor allem
auch wirtschaftliche - Niedergang der Benediktinerabtei Gottesau war soweit vorangeschritten, dass 1556,
bei Einführung der Reformation in Durlach, nur noch ein Mönch verblieben war und die Aufhebung des
Klosters keinen Widerstand fand.32
In den Mandaten der Kirchenordnung ist die Entwicklung des Markgrafen Philipp I. zurück in den Schoß
der katholischen Kirche insofern ablesbar,33 als dass ab 1527 die Reichung des Abendmahls unter beiderlei
Gestalt zwar nicht wieder verboten, aber stillschweigend übergangen und damit der Empfang unter einer
Gestalt zum Normalfall, und dass in den letzten vier Mandaten ab dem Jahre 1531 besonders eindrücklich
auf die Einhaltung der überkommenen, also katholischen Zeremonien gedrängt wurde.34 Die einzelfallwei-
sen Genehmigungen zur Priesterehe wurden aber weiterhin von der badischen Kanzlei erteilt.35 In diesem
Zusammenhang kann auch auf eine am 9. März 1531 mit dem Bischof von Speyer stattgefundene Tagsat-
zung hingewiesen werden, in deren Protokoll unter Punkt acht diese Dinge ebenfalls aufgezählt werden.36

27 Vgl. unten, Kirchenordnung 1533, Mandat Nr. [VIII].
28 Gegen Bartmann, Die badische Kirchenpolitik, S. 26.
29 Er versucht, die Namen der 1528 und 1531 vertriebenen
Pfarrer der zwinglischen bzw. der lutherischen Richtung
zuzuweisen; vgl. Kattermann, Kirchenpolitik, S. 68.
30 Vgl. Kattermann, Kirchenpolitik, S. 78; das Ablegen
der Profess bleibt allerdings bis auf weiteres untersagt.
Die neue Novizin ist die spätere Äbtissin des Klosters,
Anna von Mörsberg (amt. 1544-1551), vgl. Krimm,
Markgrafen, S. 73; und Schindele, Frauen aus Adel
und Bürgertum, S. 41.
31 Auch die Tochter von Hieronymus Veus, Barbara (Ge-
burtsdatum und Klostereintritt unbekannt), wird
Nonne in Lichtenthal und später eine der bedeutendsten
Äbtissinnen, sie amtierte von 1551 bis zu ihrem Tod
1597; sie hielt das Kloster mit fester Hand gegen die
reformatorischen Bestrebungen Philiberts und die ver-
suchte Einflussnahme Baden-Durlachs zusammen, vgl.
Bartmann, Kirchenpolitik, S. 115-118; und sie sorgte
für die wirtschaftliche und geistliche Konsolidierung des
Klosterlebens, vgl. Wolters, Barbara Veus, S. 152-158;
Krimm, Markgrafen, S. 73; Schindele, Lichtenthal
vom 16. bis zum 20. Jh., S. 129; Strathmann-Döh-
ler, Barbara Veus, S. 307f.
32 Der letzte Abt war schon 1526 oder 1529 gestorben; in
den Jahren nach dem Bauernkrieg werden fast syste-

matisch die Immobilien und Wertgegenstände des Klo-
sters veräußert; von den verbliebenen Mönchen lebten
1550, bei der letzten Visitation durch den Speyerer
Bischof, gegen die der Konvent sich zwei Jahre gewehrt
hatte, nur noch zwei im Kloster, eine weitere Handvoll
versah die auswärtigen Pfarreien; vgl. Czihak, Das
Ende des Klosters Gottesau, S. 13.
33 Vgl. Bartmann, Die badische Kirchenpolitik, S. 24-28.
34 Was sich ja schon 1528 andeutete. Überdies entsprach
dies der Linie des Augsburger Reichstagsabschiedes, vgl.
Kattermann, Kirchenpolitik, S. 87f. Den gebürtigen
Pforzheimer Johann Schwebel, Zweibrücker Hofprediger
und Reformator Pfalz-Zweibrückens, veranlasste dies zu
einem Mahnbrief an den Markgrafen, vgl. Schwebel,
Deutsche Schriften II, S. 64.
35 Vgl. Lederle, Die kirchlichen Bewegungen, S. 414f.
36 Zum Achten und letzten, daß uß allerhand beweglichen ...
[unleserlich] ursachen und zufordst Gott zu lob, verhietung
allerhannd unweßens, unordnung, gut nachpurschaften
mein gn[ädiger] H[err] d[er] Marggrave seiner f[ürstlichen]
G[naden] Amptleute bevelchen, des gevlissens uffsehens
zuhaben und die pfarrer, predicanten unnd priester ver-
waren lassen, daß sie sich inn priesterlichenn, erbarn,
zuchtigen weßen und wanndel, auch herprachte, lobliche
Ceremonias und die Messen uf die Sonteg unnd annder
herprachte Feirtage und sonnst bei ihren fundation halten

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