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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0505
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Einleitung

regionalpolitischen Überlegungen von vornherein feststand,72 gab es nur bei der Formulierung der Vorrede
einige Streitpunkte. Die sächsischen Theologen Mörlin73 und Stössel74 störten sich am Katechismus von J.
Brenz und wollten scharfe Verwerfungen gegen Katholiken, Zwinglianer und andere aufnehmen, was ihnen
aber durch den Göppinger Superintendenten Andreä75 und den kurpfälzischen Hofprediger Diller76 ver-
wehrt wurde.77 Der Kommission gehörten außer den vier genannten Theologen auch drei weltliche badische
Räte an: Kanzler Achtsynit, der Tübinger Philosophieprofessor Sechel78 und der Leibarzt Karls, Georg
Renz79.
Da die badische Kirchenordnung in keiner Weise einen eigenständigen Text bietet, sondern eine Über-
nahme der württembergischen darstellt, wird hier nur die Vorrede abgedruckt. Der eigentliche Text der
Ordnung ist aus der württembergischen Kirchenordnung von 1553 ersichtlich,80 die badischen Varianten
sind als textkritische Anmerkungen im entsprechenden Apparat zu finden.

Die inhaltlichen Unterschiede (unter Absehung orthografischer und drucktechnischer Varianten) der badi-
schen Kirchenordnung zur württembergischen lassen sich auf folgende Punkte reduzieren:
a) Korrektur einiger offensichtlicher Fehler in den marginalen Bibelstellenangaben;
b) Umstellung des Registers vom Ende an den Anfang der Druckausgabe;
c) Umstellung und Umformulierung zweier Absätze im Abschnitt Von der leer unter Aufnahme der Schmal-
kaldischen Artikel als Bekenntnisschrift, dafür wird die Confessio Virtembergica nicht erwähnt;
d) Aufnahme der Apologie der CA als Bekenntnisschrift in der Abendmahlsordnung;
e) konsequente Ersetzung des Wortes wortzeichen (für Sakrament) durch waarzeichen;
f) Aufnahme des kompletten Textes von Ex 20 in den Text des Brenz’schen Katechismus bei den Fragen
zum Dekalog;
g) Zulassung von Luthers Kleinem Katechismus als Variante zum Brenz’schen Katechismus; dabei wird der
Brenz’sche Katechismus abgedruckt, der Luthersche allerdings nicht;
h) Einführung von täglichen Passionspredigten in der Karwoche.

Die wichtigsten Änderungen sind dabei die Punkte c) bis g). Sie sind sicher als Kompromiss in Richtung der
sächsischen Lutheraner zu verstehen, die vom Hofprediger Johannes Stoltz strenge Anweisung erhalten
hatten, auf die Einführung von Luthers Katechismus zu drängen und jeden zwinglischen und auch bren-

72 Sulzer an Bullinger am 6. 6. 1556: Formulam Reformatio-
nis prorsus Virtembergensi similem esse. Linder, Sulce-
rana Badensia, S. 12.
73 Maximilian Mörlin, geb. 1516 Wittenberg, 1533 Stu-
dium Wittenberg, 1546 Dr. theol., seit 1543 in sächsi-
schen Diensten als Superintendent, Hofprediger und
Visitator, gest. 1584.
74 Johann Stössel, geb. 1524 Kitzingen, Studium Witten-
berg und Jena, 1550 Diakon Jena, 1554 Superintendent
Heldburg, 1561 Superintendent Jena, 1562 Professor
Jena, 1568 Superintendent Pirna, 1574 wegen des Philip-
pistenstreites verhaftet, gest. 1578 Senftenberg in der
Haft.
75 Jakob Andreä, geb. 1528 Waiblingen, 1541 stud. Tübin-
gen, 1546 Diakon in Stuttgart, 1553 Superintendent
Göppingen, prom. Dr. theol., 1562 Propst, Kanzler und
Prof. in Tübingen, gest. 1590 Tübingen.

76 Michael Diller, geb. Speyer, dort Prior des Augustiner-
klosters, 1523 Studium Wittenberg, 1538 ev. Prediger
Speyer, 1548 Flucht in die Schweiz, 1553 Hofprediger
Ottheinrichs in Neuburg, 1556 Heidelberg, gest. 1570
Heidelberg.
77 Vgl. den Bericht Mörlins und Stössels über die Beratun-
gen an ihre Landesherren, in: Zier, Markgraf Karl II.,
S. 155.
78 Johann Sechel gen. Ezechielis, geb. 1520 Tübingen, 1535
stud. Tübingen, 1540 Prof. für Philosphie Tübingen,
1556-1559 badischer Kirchenrat, 1561 Hofgerichtsasses-
sor Tübingen, gest. 1580 Stuttgart.
79 Vgl. Elble, Einführung, S. 22.
80 Vgl. in diesem Band, Teil Württemberg, Text Nr. 29.

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