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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0510
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Baden

Unterhalt des Gebäudes konnte von Ort zu Ort sehr unterschiedlich geregelt sein, des Öfteren waren die
Pfarrer verpflichtet, einen mehr oder weniger großen Anteil selbst zu tragen.109 Die durchaus häufigen
Stellenwechsel in den Jahren vor und nach der offiziellen Einführung der Reformation,110 daneben die
langjährigen Streitigkeiten oder generellen Ungewissheiten bezüglich der Patronate und Kollaturen hatten
sicherlich nicht dazu beigetragen, die Zustand der kirchlichen Gebäude zu erhalten oder gar zu bessern.
Schließlich nehmen in den Visitationsprotokollen die Fragen nach Zucht und Sitte sowohl der Gemeinden
als auch der Amtsträger geistlichen und weltlichen Standes einen breiten Raum ein. Die den Visitatoren
vorgetragenen Probleme bewegen sich dabei im für die Zeit üblichen Rahmen, der dann auch in der Kir-
chenzuchtordnung von 1564 seinen Niederschlag findet, wie der offenbar nachlässige Kirchenbesuch und
Abendmahlsempfang oder die üblichen zeitgenössischen Beschwerden über das Trinken, Tanzen, Feiern,
Fluchen und Schwören. Aber auch die Amtleute werden zu Zucht und Sitte, auch zum regelmäßigen Kir-
chenbesuch, angehalten. Diese Ordnung wurde noch 1564 gedruckt und an alle Pfarrer und Amtleute
verteilt und fand danach Aufnahme in die Nachdrucke der Kirchenordnung von 1598 und 1649, wobei
lediglich die Höhe der zu verhängenden Strafen angepasst wurde.
Über die Lage des Kirchengesangs ist ebenfalls nur aus den Visitationsprotokollen ersichtlich, dass es
allgemein schlecht um ihn stand. Im Jahre 1559 erschien in Zürich das Christenlich Gsangbuch von Conrad
Wolffhart, das der Markgräfin Anna anlässlich ihrer Eheschließung mit Karl gewidmet ist. Es dürfte sich
allerdings nicht um ein offizielles Gesangbuch der Markgrafschaft gehandelt haben, eher ist davon auszu-
gehen, dass Straßburger Gesangbücher oder Sammlungen mit Luther-Liedern verbreitet waren.111

4. Der Fortgang der Reformation nach dem Tode des Markgrafen Karl II.

Die drei Söhne Karls II. standen nach dessen Tod im Jahre 1577 bis 1584 unter Vormundschaft.112 1579
wurde trotz des Widerstandes einiger oberbadischer Pfarrer und Superintendenten113 die Konkordienformel
ratifiziert. 1581 wurde von der Vormundschaftsregierung eine Eheordnung erlassen, die 1598 unverändert in
den Anhang zum Nachdruck der Kirchenordnung aufgenommen wurde.

während der Bau offenbar von der Gemeinde selbst aus-
geführt wurde; in Mengen drohte die markgräfliche
Regierung dem Kollator, dem Herren von Bodman, mit
Einzug der Kollatur, falls er nicht für das Pfarrhaus
sorge, vgl. Elble, Einführung, S. 86.
109 In der Großen württembergischen Kirchenordnung von
1559 werden sie z.B. verpflichtet, die regelmäßigen
„Schönheitsreparaturen“ und den Ersatz von „Ver-
schleißteilen“ selbst zu bezahlen, werden aber von allen
anderen Verpflichtungen befreit; vgl. Teil Württemberg,
Text Nr. 42a.
110 Vgl. die Auswertung der Visitationsprotokolle bei Elb-
le, Einführung, S. 33-102.
111 Vgl. Erbacher, Gesang- und Choralbücher, S. 32-34.
112 Vormünder waren neben der Witwe Karls, Anna von
Veldenz, Kurfürst Ludwig VI., Pfalzgraf Philipp Ludwig
von Neuburg und Herzog Ludwig von Württemberg.

113 Darunter der Pfarrer Theophil Grynaeus und der Super-
intendent Johann Jakob Grynaeus, die Söhne des ersten
Röttelner Superintendenten Thomas Grynaeus. Sie ver-
ließen den badischen Kirchendienst 1579. Sulzer, ein
Anhänger des Konkordienwerkes (vgl. oben Fußnote
66), hatte sein Amt als Generalsuperintendent schon
1574 krankheitshalber niedergelegt. Nachfolger Sulzers
als Basler Antistes wurde 1586 dann ausgerechnet
Johann Jakob Grynaeus, da er 1575 als vermeintlicher
Gefolgsmann Sulzers schon die Professur für Altes
Testament in Basel erhalten hatte; er verhinderte in
Basel die Übernahme des Konkordienwerkes und führte
die Stadt vom lutherischen Kurs Sulzers zurück in den
Kreis der Schweizer Reformation. Der Briefwechsel zwi-
schen den Vormündern Kurfürst Ludwig und Herzog
Ludwig, ein Gutachten von Lukas Osiander sowie die
Eingaben zweier oberbadischer Pfarrer sind enthalten im

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