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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0512
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Baden

- und zwar auf einen Zeitpunkt vor der Regierungsübernahme Georg Friedrichs in Pforzheim, da als Gel-
tungsbereich nur die Obere Markgrafschaft (Hochberg, Sausenberg, Rötteln und Badenweiler) genannt
wird, das Herrschaftsgebiet Georg Friedrichs von 1584-1604. In der o.g. Handschrift B dagegen ist der
Titel viel allgemeiner: Fürstlich Marggrävisch Badenisches Ehebrecher Mandat. Somit muss geschlossen wer-
den, dass die Handschrift B (mit Eheordnung und Ehebruchmandat) deutlich nach 1604 entstand, denn
dem Ehebruchmandat wurde, anders als der Eheordnung, auch ein neues Vorwort vorangestellt. Vielleicht
steht all dies im Zusammenhang mit einem zu diesem Zeitpunkt erstellten Rechtsgutachten,123 das sich mit
der Frage der Ehegesetze in der nun zumindest verwaltungsmäßig vereinigten Markgrafschaft befasst.
Die Eheordnung und das Ehebruchmandat erscheinen beide wieder im Nachdruck der Kirchenordnung
von 1649, mit neuen Vorreden Friedrichs V. versehen. Die Eheordnung erhält dabei zusätzlich einen stark
erweiterten Schlussteil.124
Insgesamt werfen dieser späte Nachdruck und die Handschriften jedoch mehr Rätsel auf, als sie lösen,
denn falls die Handschrift B eine nach 1604 erfolgte Abschrift aus dem Sammelband (oder einer anderen
Vorlage) darstellt, ergibt sich das Problem, wieso sie im Ehebruchmandat gegenüber der Version A doch
einige Änderungen aufweist, die allerdings in den Nachdruck von 1649, als man an die Kirchenordnung
nämlich die Eheordnung und das Ehebruchmandat anfügte, nicht eingegangen sind. Diese Textversion
(Ehebruchmandat C) folgt also'fast wörtlich der Handschrift aus dem Sammelband (was insofern hilfreich
ist, als die Handschrift durch die buchbinderische Verarbeitung (Falz und Seitenbeschnitt) an etlichen
Stellen unleserlich oder verstümmelt ist).125

5. Die versuchten Konfessionswechsel 1590/99 und die oberbadische Okkupation 1594

Nachdem 1584 die Territorien Karls unter den drei Brüdern aufgeteilt wurden, spielten die konfessionellen
Verwerfungen des letzten Jahrhundertviertels, nämlich der Vormarsch des Calvinismus und der Gegenre-
formation, auch nach Baden hinein: Jakob III. von Hochberg konvertierte wenige Wochen vor seinem
frühen Tod126 1590 zum Katholizismus,127 aber da sein posthum geborener Sohn Jakob Ernst 1591 im Alter
von nur sieben Monaten starb, blieb dieser Schritt folgenlos. Gewarnt durch den Einfluss der zweimaligen
und für die evangelische Seite letztlich mit bitteren Verlusten verbundenen Vormundschaftsregierung in
Baden-Baden,128 reagierte der ältere der verbliebenen Brüder, Ernst Friedrich, schnell und entschlossen,
indem er die Territorien Jakobs an sich zog.

123 GLA Karlsruhe 74/1308.
124 Hierin werden vor allem die Strafen für die einzelnen
Tatbestände drastisch erhöht. Diesen Nachdruck der
Eheordnung berücksichtigen wir nicht mehr.
125 Einen Hinweis zur Lösung dieser Unstimmingkeit könn-
ten die in der Handschrift B für badische Mandate unge-
wöhnlichen und ungewöhnlich allgemeinen Titel: Fürst-
lich Marggrävische Badenische Ehe Ordnung und Fürst-
lich Marggrävisch Badenisches Ehebrecher Mandat liefern,
wenn geklärt werden kann, wann diese Titulatur fürst-
lich markgräflich geführt wurde. Da eine genaue

Beschreibung des Teil- oder Gesamtterritoriums fehlt,
vielleicht sogar absichtlich vermieden wird, wäre das
evt. ein Hinweis auf die Zeit der oberbadischen Okku-
pation (1594-1622).
126 Durch eine Lebensmittelvergiftung, vgl. Seeliger-
zeiss, Pforzheim, Nr. 220; von Weech, Badische
Geschichte, S. 279.
127 Nachdem er kurz zuvor noch im Kölner Krieg auf Seiten
des Erzbischofs Gebhardt gekämpft hatte, vgl. Bau-
mann, Ernst Friedrich, S. 38f.
128 Vgl. Press, Baden, S. 136-139.

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