Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0527
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1. Kirchenordnung 1533

[XI. Beibehaltung der überkommenen
Gebräuche]k |8r |
Alls sich in gemeinem Usschreiben, von meinem
gnedigen fursten und herrnn hievor zu mermaln inn
Cristliche Religion belangend, ettwaß Mißverstands
bei ettlichen pfarrernn und priestern zutragen, ist
denselben nachvolgende leuterung von seiner furst-
lichen gnaden Landthofmeysternn unnd Rethen zu
Baden heut dato gegeben.
Nemlich zum Ersten, die pfarrmessen belan-
gend, soll ein jeder pfarrer, wann er daran von Rei-
chung wegen der heiligen Sacramenten, Bicht heren
oder anndern zuefallenden pfarrlichen geschefften
oder leibs pledigkheit oder dergleichen billichen
Eehafften halben nit verhindert, sein pfarr Meß auf
alle unnd yede Sonnentag, hochtzeitliche unnd ann-
dere gepottne fest selbs aigner person lesen oder sin-
gen nach jedes orts gelegenheit. So verr aber ein
pfarrer obgemellter sachen halb ehaffte verhinde-
rung hat, als dann soll sein helffer, Caplen oder
Fruemesser oder anndrer gepfrundter inn der pfar-
kirchen solliche pfarrmessen derselben zeit versehen.
Doch das inn allweg vonn den pfarrernn hierinnen
khein geverlicheit gesuecht oder geprucht werde.
Sunst sollen die anndern priester, es seient Ca-
nonici, vicari, Fruemesser, Caplen oder |8v| anndere
bepfrundten, ire Messen luth unnd innhallt der fun-
dation irer pfrundten, deren gefell sie niessen unnd
inziehen, singen oder lesen, und deren on rechtmes-
sige, gepurliche verhinderung oder geverlicher weiß
kheine auf die Tag und wochen, wie die Stifftungen
usweisen, underlassen. Darauf auch jedes orts die
Stifft unnd Rurall dechann und pfarrer sambt den
Mesnern ir geflissens auffsehens haben unnd unnsers
gnedigen herrnn amptleut auch darob hallten sollen,
damitt sollichem gelept unnd nachkhomen werde.
Unnd nachdem unns anlangt, wie uber alle hoch-
gemellts unnsers gnedigen herren ausschreiben,
unnd sonnderlich innerhalb dreyen jaren den nech-
sten verschinen ausganngen, ettliche priester ettwas
sonderer nuwer Manire oder maß eigenns willens in
amptern der heiligen messen furnemen oder ge-
pruchen: Ettliche unntterlassen khleinen und gros-
k Fehlt in A, Abdruck folgt C.

sen Canonem gentzlich, ettlich zum teil, ettliche
unntterlassen darinnen etliche gedechtnus der heili-
gen Gottes unnd das ir furbitt unns bey Gott fur-
dere, wie dann darinnen gemellt wurdet, ettliche ha-
ben khain gedechtnuß unnd furbitt fur die abge-
storbne |9r| Christglaubigen, ettliche veranndern
oder unntterlassen ettwas wort inn Canone, nemlich
die wort Sacrifitium unnd oblatio, ettlich unntter-
lassen furpitt fur die obrigkheit geistlich unnd wellt-
lichs stannds und gepruchen sich doch eins usserli-
chen scheins mit weisen und geperden, als ob sy al-
les, hievor gemelldet, nach herprachter ordnung ge-
mainer Christenlicher khirchen beten und handle-
ten, das nichts annders dann ein aigenwillige, gesun-
dert, ungegrundt furnemen zu Trennung Christen-
licher ainigkheit in gmainer Khirchen, unnd unn-
serm gnedigen fursten unnd herren also zugedulden
oder zugestatten khains wegs gemeint. Unnd sollen
deshalben alle unnd jede priesterschaftenn in seiner
furstlichen gnaden furstenthumb und gepietten sich
hinfuren sollichs messigen unnd genntzlich enthall-
ten, sonder ein jeder priester die messen mit gewon-
lichen, herbrachten Ceremoniis, gepetten singen, le-
sen mit sambt den beiden Canonibus allermassen,
wie das in gemainer Christlichen Khirchen von all-
tem unnd bisheer auf dise zwispalltung in ubung ge-
wesen, hinfuro auch also volnbringen unnd hallten,
und darinnen khain Newerung oder sondere weiß
furnemen biß auf gemaine anderung eins ge- |9v| mei-
nen Christlichen Concilii oder Teutscher nation ver-
samlung, wie auch one zweivel der abgestorben fun-
datorn unnd Stifftern der pfrunden, so die priester-
schafften jetzund besitzen, nutzen unnd niessen, will
unnd meynung gewesen. Wellicher priester aber sol-
lichs nit thun unnd obgemelltem also nachkhomen
will, der mag das bey unnsers gnedigen herren
Canntzly zu Baden (doch mit Resignation unnd
aufgebung seiner pfrunden) anzeugen, dem soll deß
orts nach beschechner Resignation seiner pfrunden
weitter beschaid nach gestallt der sachen gesagt
werden.
Hiebei ist die meynung gar nit, das man die
Mißpreuch, so bey anrueffung der heiligen unnd ge-
pet fur die abgestorbnen oder sonst inn halltung der

509
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften