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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0635
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5. Kirchenordnung 1610

Soviel die Ordnung betrifft, halt es sich mit dem
Leuthen wie am Sontag, darauff soll gesungen wer-
den ein Psalm oder Geistlich Lied, deß sich mit der
Predigt, sovil immer sein kan, vergleichet, ohne daß
von weyhennacht biß auff Liechtmes35 der weyhen-
nacht gesängen und von Ostern biß auff die him-
melfahrt Christi der osterlichen sich zu gebrauchen.
|20|
Dem gesang soll volgen die Ermahnung zum ge-
bett, das vatter unser, die verlesung des Texts und
Erclerung, wie am Sonttag drobenu vermeldet.
Zu Geylndorff würdt gleich vorm altar die Li-
tanei36 gesungen, auff den dörffern aber solle sie
vomv Pfarherr auff der Cantzel mit diesen wortten
verlesen werden: Last uns auch Gott, dem herren,
fürtragen die noth und das anligen der gantzen
Christenheit und also miteinander bitten: Christe,
erhöre uns etc.
Es sollen aber die Pfarherr selbige also verlesen,
das sie die Pitt nacheinander erzehlen und zu lezst
mit dem Erhör uns etc. beschliessen, Damit es nicht
auff jede Pitt, wie etwan sonsten gebräuchig, wider-
hohlet werde, und baides verstendtlich, deutlich mit
sonderer affection, desto mehr andacht und Ernst in
den hertzen der zuhörer zuerweckhen.
Auff die Litanei werde abgelesen das gebreuchig
gebett in der Kirchen Ordnung, dessen anfang: O
allmechtiger Herr Gott, der du der Elenden Seuff-
zen nicht verschmächst etc.w,37 Oder an dessen statt
das für gegenwerttige noth verordnete, es sei zu
Krieg, Pestilenz oder theuren zeitten. Darauff spre-
che er dise wortt: Solches von Gott, unserm himli-
schen vatter, durch Christum mit glauben zuerlan-
gen, wöllen wir ihn anrueffen |21| mit einem andäch-
tigen vatter unser. Das laß er in der Stille betten,
spreche dann widerumb: Der allmechtig, barmhert-
zig Gott wöll unser Gebett gnediglich erhört haben
und mit seiner gnadt und hülff bei uns allzeit sein,

u Fehlt KO 1619.
v KO 1619: der.
w KO 1619: unnd der Pedrübten Hertzen verlangen nicht
verachtet.
x KO 1619: verlesung der.
y Fehlt KO 1619.

Amen. Und beschließ dann mit dem Segen. Es were
dan ein Kindt zutauffen, so werde solcher Actus
nach verlessenerx Litanei, Collect oder gebett und
gethonem vatter unser verrichtet, also erst der See-
gen gegeben.
Das Drit Capitell:
Von der Tauff.
Der gantze Actus der hailigen Tauff soll abgele-
sen und verrichtet werden wie der Kirchen Ordnung
einverleibt38 undy bißher im brauch gewessen ist,
und zu end der Seegen beschliessen.
Wann er aber fürzunemmen, kann kein gewisse
zeit bestimbt werden, sondern steht zu der Eltern
gelegenheit, ob sie vor- oder Nachmittag und zu was
stunden, die bequemlich sein, inn beisein etlicher
Persohnen, sonderlich des Vatters, tauffen lassen.
Wo es sein kann, ist es am besten, das die Kinder
auff die Predigtäg zur heiligen tauff gebracht wer-
den, die sollen dann am Sonttag nach der Predigt
und Gebett inn seiner Ordnung wie obengemelt auff
|22| die Mittag Predigt nach dem Catechismo, inn
den wochen Predigten nach verlesung der Litanei
und Gebett getaufft werden.
Es sollen aber die Pfarherr vermahnung thun,
das bei zeitt die tauff, und wo es immer müglich
vom vatter selbst, angezaigt und alsobaldt inn ein
darzu verordnet Buch eingeschrieben werde, wes das
Kindt, wie es haiß, wer es auß der tauff geho-
ben39 sambt dem tag und jahrzahl, auch fleissig
nach fragen, ob es nicht jach getaufft worden. Wo
nicht, die tauff als dann verstendtlich mit Gottsee-
ligem Ernst und Eyffer handlen und dabei keine
Leichtfertigkeit gestatten, sonderlich wol auffsehen,
das Christliche, verstendige, ehrliche, fromme
Leuth zu Gevattern gebetten und dargesteldt wer-
den.

35 2. Februar, nach mittelalterlichem Brauch endet hier die
Weihnachtsfestzeit.
36 Luthers Litanei, vgl. AWA 4, Nr. 29; die auch in der
Württembergischen Kirchenordnung enthalten ist.
37 KO Württemberg 1553, S. 264.
38 KO Württemberg 1553, S. 233-237.
39 D.h. wer die Paten sind.

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