Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

6. Visitationsordnung 1611

77. Ob er auch Eltern wiße, die ihre erwachsene
kinder hinterlistiger, gefährlicher undt Eigennutzi-
ger weis ohne erhebliche ursachen am Ehelichen
heyrathen hindern.
78. Ob auch die Pfarrkinder gegen ihme, dem
Pfarrer, mit gebührlicher Ehrerbiethung, gehor-
schamn undt in andere weg der billigkeit gemes er-
zeigen. |10|
79. Ob auch die Eltern ihre kinder zur Schul hal-
ten.
80. Ob auch heimliche Hurenwinckel in der Ge-
mein oder verdächtige Spinnstuben gehalten wer-
den, da rein sich allerley gesinde pfleget zuesammen
zuefinden.
81. Ob auch verlobte persohnen zuesammen zie-
hen undt mit verdacht bey einander wohnen, ehe
denn sie copulirt.

n Sic!
o-o Gestrichen: 93. Ob auch Ehelaüte selb.
p Gestrichen: sich undt den Nächsten.
q Gestrichen: einander.

82. Ob auch ledige gesellen mit Mägden oder kö-
chinnen haus halten.
83. Ob auch Eheleute in unversöhnlichem wider-
willen beyeinander leben ooder wohl selbero sich de
facto geschieden undt nit beysammen wohnen.
84. Ob auch dem Pfarrer persohnen bewust, die
dem doppeln12 undt spielen nachgehen, deßelben
sich nehren, ein handtwerck undt gewohnheit dar-
aus machen.p
85. Ob auch dem Pfarrer persohnen bewust, die
mit Finantzen, unchristlichen contracten undt |11|
Wucherischen Händeln umbgehen.
86. Ob auch Lästerer undt Ehrendiebe unter
dem hauffen.
87. Ob auch persohnen in unversöhnlichkeit, haß
undt Feindtschafft gegen andernq leben.

12 Eigentlich würfeln, aber auch „andere gefährliche, ver-
derbliche glücksspiele“, Grimm, DWb 2, Sp. 1268.

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