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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0344
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Esslingen

24. Artikel zum Kirchen- und Schulwesen 16. Oktober 1538 (Text S. 392)
In Folge der Reformationseinführung in Württemberg nach 1534 gewannen die Geistlichen in Esslingen an
Einfluss. So erhoben sie 1538 gegenüber dem Rat ein Mitspracherecht bei der Umgestaltung des Kirchen-
wesens. Gemeinsam mit den Schul- und Zuchtherren hielten sie ein Memorandum ab, auf dem sie Reform-
artikel für das Kirchen- und Schulwesen ausarbeiteten. Zu den einzelnen Punkten gab der Rat seine Stel-
lungnahme ab: Man beschloss, künftig nur evangelisch gesinnte Personen, die der Gemeinde ein gutes
Beispiel geben konnten, in städtische Ämter einzusetzen. Die Haushaltung im Barfüßerkloster sollte ver-
bessert werden, die Zuchtherren hatten strenger darauf zu achten, dass ihre Anweisungen auch befolgt
wurden. Die Ratssitzungen sollten nicht zur selben Zeit stattfinden wie die Predigtgottesdienste125 und den
drei Predigern wurde eine feste Besoldung ausgewiesen. Die Mädchen sollten wie die Jungen in einer deut-
schen Schule unterrichtet werden und die Schulmeister der einzurichtenden drei deutschen Schulen126 eben-
falls vom Rat besoldet werden. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gab es in Esslingen zwei Knaben- und
zwei Mädchenschulen.127 Für sämtliche dieser Institutionen war das Scholarchat zuständig, ein dem Magi-
strat unterstehendes Gremium, das vor dem Interim aus neun, seit 1552 aus 15 Personen128 bestand.
Der mit den Artikeln zum Kirchen- und Schulwesen beschrittene Weg, dass die Prädikanten dem Rat
konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreiteten, wurde der zukünftige modus vivendi zwischen Rat und
Geistlichkeit.129

25. Läuteordnung zum Predigtgottesdienst 21. März 1540 (Text S. 394)
Um Missverständnissen hinsichtlich des Predigtbesuchs zu begegnen, erließ der Esslinger Rat 1540 eine
neue Läuteordnung: Es sollte sonntags zu den drei Vor- und Nachmittagspredigten zunächst einmal aus-
giebig mit der Werktagsglocke geläutet werden, um die Gläubigen herbeizurufen, und anschließend noch
einmal kurz mit der Mittagsglocke, zum Zeichen, dass die Predigt nun beginne. Offensichtlich bestand
immer noch der bereits in zahlreichen Mandaten und Ordnungen monierte Widerwille der Esslinger Bevöl-
kerung, die Predigtgottesdienste zu besuchen.130
26 a/b. Ordnung des Gebetsgottesdiensts 17. Dezember 1542 / [1543] (Texte S. 395)
Das Bemühen des Esslinger Rats, die Gemeinde zum regelmäßigen Besuch der Sonntagsgottesdienste zu
bewegen, zeitigte auch zehn Jahre nach Einführung der Reformation noch nicht den gewünschten Erfolg.
1542 wurde die Bürgerschaft ermahnt, den sonntäglichen Gebetsgottesdienst zu besuchen. In einer weiteren
Satzung wurde wenig später betont, dass die Gläubigen dem Gottesdienst bis zum Ende beiwohnen und am
Gemeindegesang teilnehmen sollten.

125 Vgl. Nr. 22a.
126 Bis 1550 besaß Esslingen zwei Jungen- und zwei Mäd-
chenschulen. 1584 musste eine der Mädchenschulen
wegen geringer Schülerinnenzahl wieder schließen, vgl.
Schröder, Kirchenregiment, S. 357.
127 Schröder, Kirchenregiment, S. 357; vgl. Böhringer,
Schulen, S. 19.
128 Drei Bürgermeister, der Stadtammann, zwei Geheime

Räte, der Oberpfarrer und seine drei Diakone, der Spi-
talpfleger, der Kastenpfleger, zwei Konsulenten und der
Stadtschreiber.
129 So etwa beim Gutachten der Prädikanten zu Leichen-
predigten und Predigern in den Esslinger Vororten vom
14. Juni 1541, Abdruck bei Krabbe/Rublack, Akten,
Nr. 189; Schröder, Kirchenregiment, S. 131f.
130 Siehe oben, Nr. 5, 11, 14, 17, 22.

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