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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0386
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Esslingen

Dweil es nun dise gestalt hat mit allen cristen
und den heiligen sacramenten, so bitten unnd er-
manen ir ersam weißheit euch allesampt und ein je-
des in sonderheit uffs allerhechst und zum treulich-
sten, ir wellet der sachen ain jeder bey ime selbs uffs
aller vleissigist nachgedencken unnd euch durch das
heilig gots wort 2v | ermanen lassen, Got umb gnad
anzusuchen, damit ir auch geschickt und daugen-
lichen megen werden, bey gesundem leib mit andern
cristgleibigen zu dem disch des hern zu geen unnd
ewern glauben zu betzeugen, so doch der handel
ewer aigen ist unnd nichts anderß hierinnen gesucht
wirdet weder7 ewer aller selen hail unnd gemeine
besserung. Wo ir also gemeine khuntschafft ewers
cristenlichen glaubens unnd lebens in der warheit
bey dem heiligen nachtmal geben mechten, wie ir
dann alle ein leib seind in Cristo Jesu, das wirdet
alsdann ein gewissen trost unnd besserung bringen
in der gantzen gemein.
Darauß dann gewißlichen volgen, das ir auch das
heilig sacrament des thauffs mit grosserer ehererbie-
tung, mit besserem trost der gewissen und mit me-
her furcht under euch geprauchen, so ir ewern khin-
dern eben den glauben von got mit ernst begerten,
den ir selbs angenomen und in der warheit bekhent
hetten. Dann wie vil seind leider in diser stat in den
stand der heilgen ehe khomen und khomen noch
theglichen darein, die auch zum thail eliche khinder
haben, die auch nit wissen, was das seie, ja (wolte
got), das sie nit auch das heilig evangelium und deß
hern nachtmal verachteten und verlesterten, |3r |
unnd lassen dannocht darzwischen nichts destmin-
der ire khinder tauffen, seind auch gevattern und
zeugen bey dem heiligen tauff allein auß altem her-
khomen von wegen des geitz, wissen wenig, was es
fur ein handel seie. Da wirdet je gotes eher erfor-
dern, das soliche leit bericht werden, wie sie im glau-
ben auch billichen vorhin solten bekhent haben, es
beschehe gleich mit mund oder mit dem heiligen
nachtmal, uff das sie nit also leichtfertigklichen und
verachtlich mit dem heiligen sacrament des tauffs

umbgiengen, darumb sie nit ein schwere straff vor
got miesten erwarten.
Seitmaln8 dann khunt unnd wissent, das vil hie
sind, die etliche jar her nach des hern nachtmal nit
vil frag gehept und noch gar wenig darnach fragen,
etliche auß mutwil und frechheit, etliche auß ver-
achtung, die andern auß grossem unverstand und
hinlessigkheit, unnd aber die erfarung gipt bei allen
verstendigen, das, wo man also solte fürfarn, gemei-
ner unrat auff ein gantze gemeind mieste fallen des
leibs unnd der selen. Dann was wolte man guts ver-
hoffen an den khindern, deren eltern nichts nach got
fragen, unnd aber es nit ein ringer handel ist, das
heilig nachtmal zu prauchen. |3v [ Will ir ersam
weißheit nit, das jemants in vermeg dises verpots als
gezwungen gleich also hinzugange und das heilig
nachtmal brauche, inen als der oberkheit zu gefal-
len, oder aber das jemants mechte gedencken, es
welte ein newe thyrannei und gleißnerei, wie vor-
mals auch beschehen, angerichtet werden, besonder
ist, das ir ersam weißheit entlich furnemen, gute
wolmeynung unnd vetterlich vermanen, das sich je-
derman mit vleis zum heiligen Gottes wort verfiege
und mit hertzen zu got schreie, soliche khuntschafft
in der warheit und mit hertzen von ime zugeben.
Und wo etwa ein feel, mangel oder unverstand bey
jemants were des glaubens oder lebens halben, der
mag sich zu den verordenten predicanten verfiegen
(die auch hierinnen mit willen geneigt, auch des zu
thun schuldig und pflichtig sein werden und nach
irem getrewen rath handlen), die sollen und werden
mit einem jeden uffs allerfreuntlichst ratschlagen,
was ime zuthon seie. Unnd waß also durch sie, die
predicanten, vorstender mangel halben ein jeder fur
guten, satten bericht empfachen und es die gelegen-
heit |4r| der personen unnd sachen will unnd mag
erleiden, nach demselbigen mag sich jemants zu des
hern nachtmal verfiegen oder biß auff fernern un-
derricht obersteen9, damit niemants versompt unnd
ubereylt werde. Dan dises ein heiliger hendel, darinn
khein mensch, sonder allein got meister ist, dann so
vil ein jedes nach seinem ampt unnd beruff Gottes

7 Als. 9 Abstehen, fernbleiben.
8 Da ja.

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