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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0508
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Ravensburg

deßhalb zbey den verordneten zuchtherrenz verclagt,
wurde ain ersamer rath adurch sy, die zuchtherrena
,gegen inen auch gebeurlichs einsehen thun und der
ehehalten notturfft auch handlen lassen.
Doch soll dardurch der herrschafft unbenomen
sein, ire eehalten, wann sy wöllen, mit bezalung irs
verdienten lidlons77 | 42 | nach anzal der zeit unnd
auß redlichen ursachen zu urloben, doch soll auch
hierinn dhain gefar oder arglisst gebraucht werden.
Unnd insonnders verbeuth ain rath darneben, das
niemandts dem andern seine eehalten gefarlich ab-
reden oder abligkern78 sölle. Also, wa darwider ge-
z-z In ZuchtO 1550 gestrichen, fehlt ZuchtO 1555.
a-aIn ZuchtO 1550 gestrichen, fehlt ZuchtO 1555.
b-b ZuchtO 1550 verbessert, ZuchtO 1555: eins raths.
c-c ZuchtO 1550, 1555: das dhain unngepurliche grosse oder
gevarliche spil, weder in trinckhstuben, gesellschafften
noch in wurtzheusern, beschehen. Besonnder soll in kai-
nem wiertzhaues [fehlt ZuchtO 1555] theurer noch höher
dann umb ain haller oder pfening, weder tags noch
nachts, gespilt oder kurtzweylt werden. Dann wo wir er-
faren wurden, das darwider gehanndlt oder ainiche unn-
gepurliche, grosse oder gefarliche spil von den unnsern
beschehen wurden, sollen wir die ubertretter unnd auch
die jhenigen, so ain solchs in iren trinckhstuben, gesel-
schafften oder heusern gestaten, grösslich unnd mit
sonnderm ernnst darumb ansehen unnd straffen. Doch
sollen die spil auf der kart unnd im prett, so von kurtz-
weyl unnd nit ungepürlich oder gevarlicher weiß be-
schehen, dardurch nit verpotten sein.
Von mumereyen, verwelckhen [=Verkleidungen],
auch anndern unzuchten nachts
unnd tags auff der gassen
Es ist auch unnser ernnstlicher will unnd verpott, das
nuhinfüro dhainer oder dhaine in unnser statt, weder
tags noch nachts, auf der gassen oder sonnst in heusern
dhain geschray, unnzuchten, unnfuren [= Unruhe] oder
annder dergleichen hanndlungen prauchen, üben oder
begeen, item das auch dhain mumerey anngericht unnd
darmit geganngen werde. So soll sich auch niemanndts
ausserthalb gepürlicher claider, weder mit schemen
[= Masken] noch in annder weg verwelckhen noch auch
bey nächtlicher weil, somers zeit nach zehen urn und
winters zeit nach neun urn, one ain liecht auff der gassen
geen, alles unnd yedes bey peen und unnser treffenn-
lichen straff.
Von hochzeitten
Unnd dieweil dann ain grosser missbrauch unnd unord-
nung in den hochtzeiten, unanngesehen unserer hievor
beschechnen gepot, eingerissen worden, so setzen unnd
wellen wir, ist auch unnser gepot, das es ernnstlich ge-
halten werde, namlich das alle diejhenigen, so hinfuro
hochtzeit in unnser statt unnd oberkait halten wellen,

handelt wurde, soll dieselbig herrschafft, so der ann-
dern ire eehalten also gefarlicher weise abge-
setzt79 hette, nach erkanntnus bunnserer zuchther-
renb zu jeder zeit gestrafft unnd der eehalt ain halb
jar in der statt zudienen nit geduldet werden.
Vom spylen
Setzen unnd ordnen wir, wöllen auch, das sollichs
hinfüro in unnser statt und gepieten gehalten werde,
namlich cdas niemandts ander spil dann allain umb
ain | 43 | haller oder pfening unnd nit höher noch
das dieselbigen uber drey oder vier tisch, ald [= aber] wo
die zway eeleutt so ain grosse freundtschafft [= Ver-
wandtschaft] hetten, das sy von irer freundtschafft her,
doch ausserthalb derselben dhaine frembden mer, laden
müessen oder geursacht wurden, mögen sy wol unnge-
varlich funff tisch, also das sy ungevarlich über [ZuchtO
1555: auf] 40 personen und mer nit one unsere sonndere
erlaubung haben unnd laden, aber niemanndts dann die
nechsten freundt.
Darneben so wellen wir auch, das ainiche hochzeit lenn-
ger nit dann ain tag weren solle dergestalt, das am ann-
dern tag gar niemanndts dann allain die jhenigen, so hie-
vor bey der hochzeit gewest unnd dem preuttigam oder
der hochtzeitterin mit freundtschafft verwanndt [= ver-
wandtschaftlich verbunden], darbey sein unnd mitain-
anndern essen mögen. Damit wellen wir also all letzinen
[= Abschiedsessen] oder ander dergleichen nachhochzei-
ten oder schännckhinen [= Ausschank] unnd die tenntz
des anndern tags genntzlich aufgehept unnd abgethon
haben. Wa aber jhemanndts darwider hanndlen [ZuchtO
1555: hanndlen oder die würt bey ainert hochzeit mer
tisch halten würden], die [ZuchtO 1555: die alle] wellen
wir dermassen straffen, das menigclich spüren unnd ab-
nemen [= erkennen] soll, das wir alle die jhenigen, so wi-
der unnser verpot hanndlen, mit ernnst zubüessen vor-
habenns sein.
Vom tanntzen
Vom tanntzen, so bißher offennlich bey den hochzeiten
unnd sonnst in wingkhln beschehen ist, setzen, ordnen
unnd wellen wir, das ganntz unnd gar dhain sollich
danntzen nit mer in unnser stat beschehe unnd fürgann-
ge. Annderst dann bey den hochzeiten wellen wir erber,
züchtig dänntz, so tags beschehen, biß vesstper zeitt nit
verpotten noch abgestrickht haben [ZuchtO 1555: ha-
ben; doch sollen solliche täntz nit auf offner gassen be-
schehen]. Unnd nach dem nachtessen mag bis neun urn,
aber daruber auch nit unnd allain bey den hochtzeitten

77 Siehe vorige Anm.
78 Ablocken, abwerben, vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 74.
79 Abgeworben.

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