Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0583
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

1. Die Reichsstadt Aalen
Im Jahre 1339 stand Aalen unter der Herrschaft der Grafen von Oettingen, 1360 wurde es als Reichsstadt
bezeichnet.1 Aalen mit seinen rund 1500 Einwohnern war nahezu vollständig vom Herrschaftsgebiet der
Fürstpropstei Ellwangen umschlossen.2 Der Ellwanger Abt besaß zudem das Patronatsrecht der Aalener
Pfarrkirche St. Nikolaus, die der Abtei 1340 inkorporiert wurde.3 Die Sakrallandschaft der Reichsstadt, die
zum Bistum Augsburg gehörte,4 wurde durch die Kapelle im Heilig-Geist-Spital sowie die Johannes- und die
Armenhauskapelle ergänzt.5
Die Geschichte der Reichsstadt in Mittelalter und Früher Neuzeit lässt sich nur schwer fassen, da 1634
ein verheerender Brand nicht nur die Stadt, sondern auch die schriftliche Überlieferung weitgehend zerstört
hat.6 Während die Gebäude bis Ende des 17. Jahrhunderts wieder aufgerichtet werden konnten, sind zahl-
reiche Dokumente aus der Zeit vor dem Brand verloren. Das Wissen um die Aalener Reformationsge-
schichte speist sich im wesentlichen aus den heute in Stuttgart aufbewahrten Dokumenten, die der Aalener
Stadtschreiber Johannes Preu 1575 aufgezeichnet hat.7
Seit 1529 lässt sich eine reformatorische Bewegung in Aalen erkennen, angestoßen nicht zuletzt durch
den aus Stuttgart stammenden Pfarrer Konrad Delphinus, der die neue Lehre predigte. Der Rat duldete die
Protestanten zwar, der Fürstpropst von Ellwangen und der Augsburger Bischof konnten die Einführung der
Reformation jedoch erfolgreich verhindern,8 nicht zuletzt, weil 1526/27 einige zum Teil blutige Exempel an
den Reformationsanhängern in Aalen statuiert wurden.9 Nachdem Delphinus 1535 durch einen altgläubigen
Pfarrer ausgetauscht worden war,10 kam es in den folgenden Jahrzehnten nur noch vereinzelt zu Glaubens-
bezeugungen der Evangelischen: Unter dem Einfluss Georg Hummels, des evangelischen Pfarrers der
benachbarten Reichsstadt Bopfingen, sang der Aalener Schulmeister 1563 mit der Gemeinde deutsche Lie-
der aus dem Nördlinger Gesangbuch,11 im Jahr darauf lernte er mit den Schulkindern den Brenz-Katechis-
12
mus.

1 Schaab, Aalen, S. 662; Bauer, Stadt und Landschaft,
S. 36f., 39f.; Bauer, Geschichte und Beschreibung,
S. 25-33; Plickert, Aalen, eine Stadt des Reiches,
S. 18-24; Tscherning, Geschichte, S. 3.
2 Die Benediktinerabtei Ellwangen wurde 1460 in ein
Chorherrenstift umgewandelt, Bauer, Geschichte und
Kultur, S. 98.
3 Bauer, Stadt und Landschaft, S. 35; Schaab, Aalen,
S. 662; Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 13; Hilde-
brand, Von Pfarrern, S. 137; Mayer, Pfarreien, S. 214.
4 Bauer, Stadt und Landschaft, S. 35; Bauer,
Geschichte und Beschreibung, S. 76f.
5 Bauer, Geschichte und Beschreibung, S. 77-79, 87-92,
97f.; von Greyerz, Reformation, S. 189.
6 Siehe Hildebrand, Aalen im Jahre 1634, S. 67-81.
7 Der umfangreiche Band mit 171 Blatt (Württ. LBibl
Stuttgart Cod. 2° 533) ist auf einem der vorderen Vakat-
blätter mit einem Eigentumsvermerk versehen: Johann

Prew, stattschreiber zu Awlen. Auf dem Titelblatt ist die
Handschrift auf 1575 datiert. Georg Wilhelm Zapf ließ
Preus Manuskript 1770 wortgetreu drucken: Zapf,
Reformations-Urkunden.
8 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 397;
Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 13.
9 Rau, Wie Aalen evangelisch wurde, S. 13.
10 Delphinus ging als Stadtpfarrer ins württembergische
Vaihingen/Enz, Rau, Andreä, S. 34; ders., Wie Aalen
evangelisch wurde, S. 12. Zu den Anfängen der Refor-
mation in Aalen siehe Bauer, Geschichte und Beschrei-
bung, S. 80f.; Thibaut, Aalen, S. 34f.
11 StaatsA Ludwigsburg B 389 Bü 206-208; vgl. Häussin-
ger, Musikpflege, S. 112; Brecht/Ehmer, Reforma-
tionsgeschichte, S. 397; Rau, Wie Aalen evangelisch
wurde, S. 14; Tscherning, Geschichte, S. 5.
12 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 397.

563
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften