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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0584
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Aalen

2. Die Einführung der Reformation 1575
1. Ratsverkündung und Abstimmung zur Annahme der Confessio Augustana 6. Juni 1575 (Text S. 566)
Auch nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 wurde die evangelische Bewegung in Aalen durch die
mächtige Persönlichkeit Kardinal Ottos Truchsess von Waldburg (1552-1573),13 der in Personalunion Ell-
wanger Fürstpropst und Augsburger Bischof war, weiterhin unterdrückt. Erst mit seinem Tod 1573 wurde
die direkte Verbindung der Abtei mit dem Bischofssitz aufgelöst; dem Magistrat schien es nun möglich, die
Reformation in der Reichsstadt zuzulassen.14 Unter der Führung von Bürgermeister Andreas Bader und
Stadtschreiber Johannes Preu suchte der Rat Unterstützung in Ulm, Nördlingen und Esslingen sowie bei
Herzog Ludwig von Württemberg.15 Nachdem am 8. März 1575 eine Gruppe von 41 Evangelischen den Rat
nachdrücklich zur Annahme des Augsburger Bekenntnisses aufgefordert hatte,16 veranlasste dieser am
6. Juni - nach dem Vorbild anderer südwestdeutscher Reichsstädte17 - eine Abstimmung unter der Bevöl-
kerung. Wie groß die Zahl der Evangelischen in Aalen inzwischen war, zeigt die Tatsache, dass sich die
Mehrheit der Einwohner18 für die Einführung der Reformation aussprach.19 Lediglich rund 40 Personen
lehnten den Übertritt zum evangelischen Glauben ab.20

2. Vertrag zur Besoldung der evangelischen Geistlichen 25. November 1576 (Text S. 569)
Nachdem die Abstimmung unter der Bevölkerung vom 6. Juni 1575 dazu geführt hatte, das Augsburger
Bekenntnis anzunehmen, bemühte sich der Rat darum, evangelische Geistliche in die Stadt zu holen. Auf
Vorschlag Herzog Ludwigs von Württemberg hatte man den 29. Juni als Termin für die feierliche Bekannt-
gabe der Reformationseinführung bestimmt und bis zu diesem Stichtag sollte ein Prediger gefunden werden.
Herzog Ludwig entsandte schließlich den Theologen und Tübinger Kanzler Jakob Andreä nach Aalen.
Dieser traf am 28. Juni ein und predigte am folgenden Tag in der Nikolaikirche.21 Bis zu seiner Abreise am
23. Juli leitete Andreä vermutlich alle wichtigen organisatorischen Schritte zur evangelischen Umgestaltung
des Kirchenwesens in die Wege:22 Die Messfeiern wurden eingestellt und die Gottesdienste vermutlich nach
der württembergischen Kirchenordnung von 1553/59 umgestaltet.23 Der katholische Pfarrer verließ die
Stadt, Adam Salomon24 wurde 1575 erster evangelischer Amtsinhaber und blieb bis 1610 mit der Ausge-
staltung der Reformation in Aalen betraut.

13 Zu Otto Truchsess von Waldburg siehe Zeller, Aebte,
S. 9; Gatz, Bischöfe, S. 707-710; Unterburger, Reli-
gionsfriede, S. 207f.; Schall, Reformation, S. 145-163.
14 Vgl. Tüchle, Reformation, S. 237.
15 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 397.
16 Zapf, Reformations-Urkunden 1, Nr. VII, S. 15fAuff
das auch dise klain und arme stat vor Got in göttlichen und
hayligen sachen, groß und reich, der augspurgischenn con-
feßion mit rainer leer göttliches worts und diener derselben
gezieret und auß den dücken finsternussen der abgöttischen
und menschen leeren ans liecht göttlichs worts und die war-
hait gepracht werde ... so haben e.f.e.w. unserm geringen
verstandt nach ein gute gelegennhait, dieweil sie auch als
ein stat des reichs vermög des aufgerichten fridens die reli-
gion frey haben, mutation in derselben furzunemen. Vgl.
Rau, Wie Aalen evangelisch wurde, S. 15; Tscher-
ning, Geschichte, S. 3f.
17 Zu Ulm siehe oben, S. 66, zu Esslingen oben, S. 314, zu
Biberach oben, S. 433. Zu Heilbronn siehe Sehling,
EKO XVII/1, S. 228 und S. 293.

18 Rau, Andreä, S. 36; ders, wie Aalen evangelisch wurde,
S. 19f.
19 Zapf, Reformations-Urkunden 1, S. 51. Vgl. Rau, Wie
Aalen evangelisch wurde, S. 16-20; Tscherning,
Geschichte, S. 9f.
20 Siehe unten, S. 568.
21 Zu Andreäs Aufenthalt in Aalen siehe Zapf, Reforma-
tions-Urkunden 1, Vorrede und Nr. XXVI, XXVII,
XXX, XXXIV; vgl. Bauer, Geschichte und Kultur,
S. 99; Thibaut, Aalen, S. 33f.; Rau, Wie Aalen evan-
gelisch wurde, S. 20f.
22 Rau, Andreä, S. 38; Zapf, Reformations-Urkunden 1,
Nr. XXVII. Vgl. auch Thibaut, Aalen, S. 36f.;
Tscherning, Geschichte, S. 13f.
23 Bauer, Geschichte und Kultur, S. 99; Bauer,
Geschichte und Beschreibung, S. 86.
24 Salomon stammte aus Stetten im Remstal. Zu seiner
Person siehe Plickert, Geistliche, S. 83; Bauer,
Geschichte und Kultur, S. 99.

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