Edition
1. Eheordnunga
30. April 1583
Ordnung in ehesachen
Nachdem ein erbarer rath dieser deß heyligen reichs
statt Giengen befindet, daß die höchste noturfft er-
fordern will, in den ehesachen, Gott, dem allmäch-
tigen, zu lob und preiß, deßgleichen zu befürderung
deß gemainen nutz, christliche, rechtmeßige und bil-
liche fürsehung zuthun, damit der heylige, von
Gott, dem herrn, selbst eingesetzte ehestandt1 so vil
müglich christlich, auch wie sich gebürt angefangen
und erhalten, darzu auch allerley ungöttlich und un-
erbares weesen gewöhrt und abgestelt werde, so hatt
wolgedachter rath in betrachtung solches alles nach-
folgende ordnung zu halten fürgenommen. |3|
Erstlich von heimblicher, unordenlicher eheverpflichtung der kinder ohne vorwißen
und willen der eltern, pfleger und vormünder
Dieweiln auß göttlicher ordnung und in crafft kay-
serlicher geschribner recht2, auch natürlicher erbar-
und billichkeit, darzue schuldiger danckhbarkeit
nach, die kinder ihren eltern gehorsam sein und für-
nemblich auch mit ihrem rath, vorwißen und willen
verehelicht werden sollen, so ist in betrachtung sol-
cher und anderer mehr erbarn und christlichen ur-
sachen eines ehrsammen raths mainung, ordnung
und ernstlicher befelch, daß forthin niemandt, so
noch under vätterlichem gewalt ist, sich ohne rath,
vorwißen und willen seiner eltern ehelich verpflich-
ten soll. Im fall aber, daß ein kind, so noch in vät-
terlichem gewalt, ohne |4| bewilligung seiner eltern
sich würde ehelich verpflichten, alßdann sollen die-
selbe persohnen im fall, wo die eltern darein nit be-
willigen wolten, in der kirchen nit verkündiget noch
eingeseegnet, sondern rechtmeßige erkanntnus da-
rüber erwartet werden.
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Giengen, A F 12
Nr. 70.
1 Vgl. Gen 2,24; Mt 19,5-6.
2 Vgl. Inst. 1, 21 = ClCiv I, S. 8; Inst. 3, 19, 9 = ClCiv I,
Und so sich befinden würde, daß das kind sich
unbedächtlich3 oder ohn alle rechtmeßige, billiche
ursachen, allein auß muthwilligem ungehorsamb
und hinderlistigkeit vermeintlich ehelich verspro-
chen hette, so will ein ehrsammer rath dieselben
bayde, ungehorsamme und muthwillige manns- und
weibspersohnen, an leib oder guth nach gestalt der
sachen ernstlich straffen laßen und so vil desto
ernstlicher, wo neben solchem ungehorsamb auch
die beyschlaffung, schwechung4 oder schwängerung
gefolget were. |5 | Es will auch ein ehrsamer rath die-
jenigen, so zu der kinder obgemeltem ungehorsam
und unrechtmeßiger eheverlobung gerathen oder ih-
nen in ainigerley weyse hinderruckhs der eltern ge-
holffen haben, ernstlich straffen laßen, allso daß
auch sonst alle die jenige, so fürsetzlich und wißent-
lich zu unehren verkuplen, es seye mit haimblichem
S. 37, Dig. 26, 8= ClCiv I, S. 386f.; Cod. Just. V, 4: 8, 18
und 20 = ClCiv II, S. 195f.
3 Unerwartet.
4 Entehrung, Schändung.
423
1. Eheordnunga
30. April 1583
Ordnung in ehesachen
Nachdem ein erbarer rath dieser deß heyligen reichs
statt Giengen befindet, daß die höchste noturfft er-
fordern will, in den ehesachen, Gott, dem allmäch-
tigen, zu lob und preiß, deßgleichen zu befürderung
deß gemainen nutz, christliche, rechtmeßige und bil-
liche fürsehung zuthun, damit der heylige, von
Gott, dem herrn, selbst eingesetzte ehestandt1 so vil
müglich christlich, auch wie sich gebürt angefangen
und erhalten, darzu auch allerley ungöttlich und un-
erbares weesen gewöhrt und abgestelt werde, so hatt
wolgedachter rath in betrachtung solches alles nach-
folgende ordnung zu halten fürgenommen. |3|
Erstlich von heimblicher, unordenlicher eheverpflichtung der kinder ohne vorwißen
und willen der eltern, pfleger und vormünder
Dieweiln auß göttlicher ordnung und in crafft kay-
serlicher geschribner recht2, auch natürlicher erbar-
und billichkeit, darzue schuldiger danckhbarkeit
nach, die kinder ihren eltern gehorsam sein und für-
nemblich auch mit ihrem rath, vorwißen und willen
verehelicht werden sollen, so ist in betrachtung sol-
cher und anderer mehr erbarn und christlichen ur-
sachen eines ehrsammen raths mainung, ordnung
und ernstlicher befelch, daß forthin niemandt, so
noch under vätterlichem gewalt ist, sich ohne rath,
vorwißen und willen seiner eltern ehelich verpflich-
ten soll. Im fall aber, daß ein kind, so noch in vät-
terlichem gewalt, ohne |4| bewilligung seiner eltern
sich würde ehelich verpflichten, alßdann sollen die-
selbe persohnen im fall, wo die eltern darein nit be-
willigen wolten, in der kirchen nit verkündiget noch
eingeseegnet, sondern rechtmeßige erkanntnus da-
rüber erwartet werden.
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Giengen, A F 12
Nr. 70.
1 Vgl. Gen 2,24; Mt 19,5-6.
2 Vgl. Inst. 1, 21 = ClCiv I, S. 8; Inst. 3, 19, 9 = ClCiv I,
Und so sich befinden würde, daß das kind sich
unbedächtlich3 oder ohn alle rechtmeßige, billiche
ursachen, allein auß muthwilligem ungehorsamb
und hinderlistigkeit vermeintlich ehelich verspro-
chen hette, so will ein ehrsammer rath dieselben
bayde, ungehorsamme und muthwillige manns- und
weibspersohnen, an leib oder guth nach gestalt der
sachen ernstlich straffen laßen und so vil desto
ernstlicher, wo neben solchem ungehorsamb auch
die beyschlaffung, schwechung4 oder schwängerung
gefolget were. |5 | Es will auch ein ehrsamer rath die-
jenigen, so zu der kinder obgemeltem ungehorsam
und unrechtmeßiger eheverlobung gerathen oder ih-
nen in ainigerley weyse hinderruckhs der eltern ge-
holffen haben, ernstlich straffen laßen, allso daß
auch sonst alle die jenige, so fürsetzlich und wißent-
lich zu unehren verkuplen, es seye mit haimblichem
S. 37, Dig. 26, 8= ClCiv I, S. 386f.; Cod. Just. V, 4: 8, 18
und 20 = ClCiv II, S. 195f.
3 Unerwartet.
4 Entehrung, Schändung.
423