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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0019
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Vorwort der Bearbeiterin

Der 2007 erschienene erste Teilband dieser Reihe zu südwestdeutschen Reichsstädten (Sehling, EKO,
Bd. XVII/1) beinhaltet Texte aus Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach. Der vor-
liegende zweite Teilband bietet die Regelwerke der Reichsstädte Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen,
Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen und Aalen. Damit wird die Sehlingsche Edition zu
den Reichsstädten auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg vervollständigt.
Während im ersten Teilband Texte solcher Reichsstädte versammelt sind, deren Magistrate bereits in
den 1520er Jahren die Reformation einführten, beinhaltet der vorliegende Band die Ordnungen der Reichs-
städte, die sich seit 1530 der neuen Lehre zuwandten. Dem Beispiel Ulms im Jahre 1530 folgten Giengen,
Biberach, Esslingen und Wimpfen. Die Magistrate von Ravensburg, Bopfingen und Leutkirch bekannten
sich erst um 1545 zur Reformation, und Aalen, das erst 1575 den Konfessionswechsel vollzog, gehört - wie
Colmar und Hagenau - zu den Städten mit „Spätreformation“. In dieser Gruppe stellt Reutlingen einen
Sonderfall dar: Hier wurde 1524 mit dem Markteid bereits früh ein protestantisches Zeichen gesetzt, und
der Rat führte bereits seit 1526 einzelne protestantische Neuerungen ein, eine Kirchenordnung und weitere
umfassendere Regelwerke entstanden jedoch erst in den 1530er Jahren. Hierdurch mag die Unterbringung
der Reutlinger Texte im zweiten Teilband der südwestdeutschen Reichsstädte gerechtfertigt sein.
Der Weg zur Einführung der Reformation war in den einzelnen Reichsstädten von unterschiedlichen
Voraussetzungen geprägt, etwa der innen- und außenpolitischen Lage, der Sozialstruktur des Rates oder
dem Einfluss führender Persönlichkeiten in Politik und gesellschaftlichem Leben. Während der Rat sich
etwa in Reutlingen, Ulm, Esslingen, Biberach und Aalen infolge von Bürgerbefragungen eindeutig der
neuen Lehre zuwandte, entwickelten sich in Biberach, Ravensburg, Wimpfen und Leutkirch bikonfessio-
nelle Strukturen. Die vielfältigen religionspolitischen Gegebenheiten in den einzelnen Reichsstädten bedin-
gen hinsichtlich der Edition von Kirchenordnungen immer wieder Zweifelsfälle, ob Texte aufgenommen
oder beiseite gelassen werden sollen. Auch in diesem Band finden sich einige Ausnahmen von den grund-
sätzlichen Aufnahmekriterien der Edition. Zu den Sonderfällen zählen etwa mehrere Mandate Ferdinands
I. und Maximilians II. für Biberach und Wimpfen. Kaiserliche Verordnungen zählen zwar nach den Edi-
tionsrichtlinien nicht zum Kreis der aufzunehmenden Texte, sie dokumentieren jedoch wichtige Entschei-
dungen für das Zusammenleben der evangelischen und katholischen Gemeinden beider bikonfessioneller
Reichsstädte. In einigen Fällen erschien es erforderlich, auch solche Texte aufzunehmen, die zeitlich zwar
noch vor Einführung der Reformation anzusiedeln sind, die jedoch bereits reformatorischen Charakter
tragen. Hier sind das Reutlinger Täufermandat von 1528 und die Ulmer Almosenordnung von 1528 zu
nennen. Mit diesen Stücken soll der oft schwer zu fassende Zeitraum des Übertritts eines Gemeinwesens zur
Reformation etwas intensiver dokumentiert werden.
Auch die Überlieferungssituation in den einzelnen Reichsstädten hat Folgen für unsere Edition. In Ulm
und Esslingen findet sich reiches Material reformationsgeschichtlicher Quellen, die Edition von Texten
beider Reichsstädte nehmen deshalb den Hauptanteil dieses Bandes ein. Demgegenüber sind durch Quel-
lenverluste infolge von Stadtbränden und Aktenausscheidungen in Reutlingen, Ravensburg, Biberach,
Wimpfen und Leutkirch nur wenige, in Giengen, Aalen und Bopfingen lediglich Einzelstücke überliefert.
Insgesamt können aus allen Reichsstädten 108 Texte vorgelegt werden. Von diesen sind nur zehn Texte in
zeitgenössischen Drucken, die übrigen als Handschriften überliefert. 66 Stücke - mehr als die Hälfte der
Texte - sind hier zum ersten Mal ediert.

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