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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0424
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Pfalz-Zweibrücken

35. Festmandata
8. Februar 1594

Johannes, von Gottes Gnaden Pfaltzgrave bei
Rhein, herzog in Beyern, Grave zu Velldenz unndt
Sponheim.
Lieber getreuer. Wir haben gleichwohl hiebevor zu
mehrmahlen ernstliche geheiß und Bevelch An Alle
und Jede unsers Fürstenthumbs Ambtleut und dhie-
ner Abgehen lassen,1 daß ungebürlich wesen in der
Fastnacht An keinem Ort zugestatten, deßgleichen
auch das Bradten heischen,2 Ungebürlich danzen
Ausserhalb Ehrlichen hochzeitten und andere Up-
pigkeit, so gemeinlich zu solcher Fastnacht zeit
pflegt fürzugehen, genzlich abzuschaffen, und hat-
ten uns billich versehen, Es solte denselben unsern
ernstlichen befelchen durchaus gehorsamlich nach-
gesetzt und keine weitere Klag deßwegen gehört
worden sein.
Nachdem uns aber in glaubwürdigem bericht für-
komt, daß Angeregte unser hievor Ausgangene be-
felch gleichsam in Vergeß gestelt und derenselben
nit fast mehr geachtet, sondern das obbesagt Heid-
nisch ungebürlich Fastnachtwesen, sonderlich aber
das Bradtenheischen und umblaufen, wie nit wen-
niger das unordenlich, uppig danzen sowohl bei den
Alten Als jungen Leutten An etlichen Orten Inn
Stetten und ufm Land noch sehr im Schwang gehe
und getrieben werde, Da doch die leuft jetziger zeit
dermassen sich Allenthalben Ansehen lassen, Als ob
der allmechtig Gott mit einer schweren straff (so
man mit dergleichen und andern sünden verursacht
und heuffet) nit fern, sondern gleichsam gegenwer-
tig für augen, daher billigh ein jeder, dem Christ-
liche zucht und Erbarkeit lieb und Angelegen, sich

a Textvorlage (Druck): Faber/Crollius, Stoff Bd. 2,
S. 209-211.

ob angedeutten ergerlichen und ungebürlichen we-
sens genzlich entschlagen Und vilmehr sich zu Ab-
wendung Gottes des Allmechtigen gerechten zorns,
Aller Tugendt unnd Erbarkeit befleissen solle. Da-
mit dan an unserer Als der fürgesezten Oberkeit
Christlicher fürsorg und wohlmeinender Verord-
nung desfals nichts ermangele, Inmassen vilange-
regte unsere vorige mandata und Bevelch eben
auch zu solchem ende gerichtet und dardurch unser
gemüet und meinung dißfals genugsam erklert und
noch ist, Also gebietten und bevelhen nochmalen
wir hiemit ganz erstlich und wöllen, Daß du Al-
spaldt in Allen und jeden deines von uns ahnbefoh-
lenen Ambts Angehörigen Stetten, Flecken unnd
Dörffern Alle solche ob angedeutte Und Andere
dergleichen unerbare, ungebürliche mißbreuch und
uppigkeitten bei Jungen unnd Alten mit allem ernst
bei straff 10. fl., Welche ein jeder wissentlicher
ubertretter unnachlessig zu zahlen Angehalten
oder, da es nit in seim Vermögen, Acht tag mit dem
Thurn gestrafft werden soll, verbreitest. Auch dar-
uff nit Allein vor dein Person gute fleissige Achtung
gebest, Sondern auch durch eines Jeden orts Schul-
thessen, Meyern oder andere dazu verordnete der-
gleichen thun lassest und also ob disem unserm be-
felch, den wir durch aus mit ernst gehalten haben
oder in mangell dessen Andere ernstliche mittel ge-
gen den Uebertretter desselben gebrauchen wöllen,
mit fleiß haltest, uff das umb so vil desto mehr
Christliche zucht und Erbarkeit bei unsern undert-
hanen und angehörigen fortgepflanzt, erhalten und
Alles Ergerlich Gottlos leben, dardurch Gott, der
Allmechtig, Jhe lenger Jhe mehr zu Zorn gereitz
würdt, Welches auß obgehörten Ursachen billich bei

1 Vgl. z.B. Text Nr. 10, S. 296; Text Nr. 16, S. 308; Punkt
8 in Text Nr. 30, S. 378.
2 Zum Bratenheischen vgl. S. 379, Fußnote 19.

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