Einleitung
5. Die Wendung zum Straßburger Luthertum nach 1555
Auch nach dem Ende des Interims blieben die konfessionellen Verhältnisse Landaus, wie in vielen anderen
Reichsstädten, zwar stabil, aber es erfolgte keine Einführung einer explizit reformatorischen Kirchenord-
nung. De facto gab es außer den nur noch zwei Stiftsherren und den ein oder zwei Augustinermönchen (und
ihrem Gesinde) keine Katholiken in der Stadt. In den drei landauischen Dörfern Queichheim, Nußdorf und
Dammheim erwies sich die Einsetzung evangelischer Prediger anstelle der Messpriester dagegen als schwie-
riger, wie die immer wiederkehrenden Verhandlungen in den Ratsprotokollen belegen; konsequent gelang sie
erst im letzten Drittel des Jahrhunderts.50 Auch die simultane Nutzung der Stiftskirche brachte die übli-
chen langwierigen Streitigkeiten zwischen den katholischen Priestern und den evangelischen Predigern mit
sich, die immer wieder in den Ratssitzungen verhandelt wurden. Schon im Ratsprotokoll von 1554 wird
Leonhard Brunner zur Mäßigung gemahnt - das Thema blieb aber virulent, wie z.B. das Predigtmandat
von 1608 belegt.
Unklar ist auch, welcher Kirchenordnung der Gottesdienst in Landau folgte. In der Feiertagsordnung
von 1562 ist davon die Rede, dass die Feiertage nun gemäß der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557
gefeiert werden sollen,51 1611 wird beschlossen, die Kirchenzensur nach dem Vorbild der Straßburger Zensur
durchzuführen. Beides muss keinen Gegensatz darstellen; beim festen politischen Anschluss Landaus an den
elsässischen Städtebund ist allerdings auch von einer kirchlichen Vorherrschaft Straßburgs auszugehen.52
De facto war die Landauer Kirche im 16. Jahrhundert so organisiert, dass der erste Pfarrer, der Senior,
eine Art Superintendentenfunktion ausübte. Ihm standen ein zweiter Pfarrer, der Diakon, sowie der Schul-
meister der städtischen Lateinschule und derjenige der deutschen Schule mit jeweils einem oder mehreren
Kollaboratoren zur Seite. Die Schulmeister fungierten in der Regel auch als Pfarrer der Landauer Dörfer.
Auf Seiten des Rates waren zwei Ratsherren als Kirchenpfleger für die kirchlichen Belange zuständig. Der
Senior brachte die Anträge der Kirchendiener meist selbst in den Ratssitzungen vor.
Brunner begann schon bald nach seinem Amtsantritt mit der Regelung einzelner Fragen, die in den
Sitzungen behandelt und deshalb in den Ratsprotokollbüchern überliefert sind.
3. Ratsprotokoll zu Fragen der Kirchenordnung 1554 (Text S. 57)
4. Ratsprotokoll zur Predigt 1554 (Text S. 58)
5. Ratsprotokoll zum Almosen 1554 (Text S. 59)
Nach Brunners frühem Tod wurde der aus Würzburg stammende Mag. Adam Doccander sein Nachfol-
ger,53 der den Kurs Brunners im Gefolge des Straßburger Luthertums konsequent fortsetzte: 1558 ist eine
Visitation durch Johann Marbach, den Straßburger Kirchenpräsidenten, belegt, in der insbesondere die
50 In Nußdorf lag das Patronat z.B. bei den katholischen
Herren von Dahn, vgl. Biundo, Pfarrerbuch 1930,
S. 376. Queichheim und Dammheim wurden vom Dia-
kon bzw. Schulmeister pfarramtlich versorgt, vgl. Bi-
undo, Pfarrerbuch 1930, S. 343, 381; Biundo, Pfarrer-
buch 1968, Nr. 1440, 3940.
51 Vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 205f.
52 Auch in späterer Zeit blieb Landau eng der kirchlichen
Entwicklung Straßburgs verbunden: Jung, Geschichte
S. 162, gibt an, dass 1657 eine eigene Landauer Kirchen-
ordnung erlassen worden sei. In der Landauer Seniorats-
bibliothek findet sich allerdings nur eine gedruckte
Straßburger Kirchenordnung von 1670 mit dem hand-
schriftlichen Vorsatz: In die Kirch zu Landau gehörig. 2.
Januar 1734. (Im StadtA Landau, Sign. Nr. 255.)
53 Adam Doccander, geb. 1517 Würzburg, 1552 imm. Hei-
delberg, 1558 Senior in Landau, gest. 1585; vgl.
Biundo, Pfarrerbuch 1968, Nr. 979.
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5. Die Wendung zum Straßburger Luthertum nach 1555
Auch nach dem Ende des Interims blieben die konfessionellen Verhältnisse Landaus, wie in vielen anderen
Reichsstädten, zwar stabil, aber es erfolgte keine Einführung einer explizit reformatorischen Kirchenord-
nung. De facto gab es außer den nur noch zwei Stiftsherren und den ein oder zwei Augustinermönchen (und
ihrem Gesinde) keine Katholiken in der Stadt. In den drei landauischen Dörfern Queichheim, Nußdorf und
Dammheim erwies sich die Einsetzung evangelischer Prediger anstelle der Messpriester dagegen als schwie-
riger, wie die immer wiederkehrenden Verhandlungen in den Ratsprotokollen belegen; konsequent gelang sie
erst im letzten Drittel des Jahrhunderts.50 Auch die simultane Nutzung der Stiftskirche brachte die übli-
chen langwierigen Streitigkeiten zwischen den katholischen Priestern und den evangelischen Predigern mit
sich, die immer wieder in den Ratssitzungen verhandelt wurden. Schon im Ratsprotokoll von 1554 wird
Leonhard Brunner zur Mäßigung gemahnt - das Thema blieb aber virulent, wie z.B. das Predigtmandat
von 1608 belegt.
Unklar ist auch, welcher Kirchenordnung der Gottesdienst in Landau folgte. In der Feiertagsordnung
von 1562 ist davon die Rede, dass die Feiertage nun gemäß der Zweibrücker Kirchenordnung von 1557
gefeiert werden sollen,51 1611 wird beschlossen, die Kirchenzensur nach dem Vorbild der Straßburger Zensur
durchzuführen. Beides muss keinen Gegensatz darstellen; beim festen politischen Anschluss Landaus an den
elsässischen Städtebund ist allerdings auch von einer kirchlichen Vorherrschaft Straßburgs auszugehen.52
De facto war die Landauer Kirche im 16. Jahrhundert so organisiert, dass der erste Pfarrer, der Senior,
eine Art Superintendentenfunktion ausübte. Ihm standen ein zweiter Pfarrer, der Diakon, sowie der Schul-
meister der städtischen Lateinschule und derjenige der deutschen Schule mit jeweils einem oder mehreren
Kollaboratoren zur Seite. Die Schulmeister fungierten in der Regel auch als Pfarrer der Landauer Dörfer.
Auf Seiten des Rates waren zwei Ratsherren als Kirchenpfleger für die kirchlichen Belange zuständig. Der
Senior brachte die Anträge der Kirchendiener meist selbst in den Ratssitzungen vor.
Brunner begann schon bald nach seinem Amtsantritt mit der Regelung einzelner Fragen, die in den
Sitzungen behandelt und deshalb in den Ratsprotokollbüchern überliefert sind.
3. Ratsprotokoll zu Fragen der Kirchenordnung 1554 (Text S. 57)
4. Ratsprotokoll zur Predigt 1554 (Text S. 58)
5. Ratsprotokoll zum Almosen 1554 (Text S. 59)
Nach Brunners frühem Tod wurde der aus Würzburg stammende Mag. Adam Doccander sein Nachfol-
ger,53 der den Kurs Brunners im Gefolge des Straßburger Luthertums konsequent fortsetzte: 1558 ist eine
Visitation durch Johann Marbach, den Straßburger Kirchenpräsidenten, belegt, in der insbesondere die
50 In Nußdorf lag das Patronat z.B. bei den katholischen
Herren von Dahn, vgl. Biundo, Pfarrerbuch 1930,
S. 376. Queichheim und Dammheim wurden vom Dia-
kon bzw. Schulmeister pfarramtlich versorgt, vgl. Bi-
undo, Pfarrerbuch 1930, S. 343, 381; Biundo, Pfarrer-
buch 1968, Nr. 1440, 3940.
51 Vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 205f.
52 Auch in späterer Zeit blieb Landau eng der kirchlichen
Entwicklung Straßburgs verbunden: Jung, Geschichte
S. 162, gibt an, dass 1657 eine eigene Landauer Kirchen-
ordnung erlassen worden sei. In der Landauer Seniorats-
bibliothek findet sich allerdings nur eine gedruckte
Straßburger Kirchenordnung von 1670 mit dem hand-
schriftlichen Vorsatz: In die Kirch zu Landau gehörig. 2.
Januar 1734. (Im StadtA Landau, Sign. Nr. 255.)
53 Adam Doccander, geb. 1517 Würzburg, 1552 imm. Hei-
delberg, 1558 Senior in Landau, gest. 1585; vgl.
Biundo, Pfarrerbuch 1968, Nr. 979.
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