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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0121
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5. Kirchenordnung 1569

lust hab an dem tod des sünders, vil mehr das er sich
bekere und lebe.ι
So soll aber, ehe und [wann] man das h. abentmal
uff bestimpte Zeit und tag haltet, den vorgeenden
samstag nachmittag umb 3 ur ain predig gehaltten
werden von der waren und christlichen buß oder
vom nutz und geprauch des h. abentmals etc., da-
rein sich alle, so des nachvolgenden tag des h. sac-
raments des leibs und bluts Christi sich geprauchen
wöllen, verfiegen sollen, die predig mit fleiß anhö-
ren, ir leben darauß bösseren und nach volendter
predig ain jeder dem kirchendiener an bequemli-
chem ort in der kirchen sich anzaigen, |6v| die privat
absolution empfahen. Dan solchs geschieht nit dem
diener, sonder comunicanten zu guten, darmit er
höre gotes wortt und frölich bottschafft des h. evan-
gelii neben rechten prauch des h. sacraments und
grundtlich bericht empfahe, wie er sich nachmals im
gehorsam gotlichs willens verhaltten soll.
So soll es auch nit dahin verstanden werden, als wolt
man darmit ain orenbeicht anrichten, dan allain
zwayerlay beicht in gotes wort gefunden würt. Aine
geschicht got allain, in dem sich der mensch ge-
prächlich sündhafftig und der verdamnus würdig
auß grund seins hertzens erkennet und gottes erbar-
mung in Christo bittet.κ, Die ander sol geschehen
demjänigen, der verlätzt und belaidiget ist, das, der
in belaidiget hätt, frey herauß bekenne und ine umb
verzeihung bitte. Weitter kan auß gottes wortt kain
beicht erwisen werden, das sich aber die drit form
der beicht in der Kirchen eingerissen hatt, deren
man sich auch lange Zeit geprucht, aber in solchen
schwärlichen missprauch auch mit nachtail der kir-
chen geratten, das darauß vil onzucht erwachßen,
wie in tripartita historia zusehen,31 das auch die vät-
ter verursacht, die selbig widerumb abgethon ha-
ben. Doch ist sy in irem rechten geprauch nit
onfruchtpar, wan sy zu trost der betrüpten gewiss-
ne, zu underrichtung der ainfälttigen, sonderlich
ι Ezech. 33 [11].
κ Mat 5 [23f.]; 18 [15-18]; Jaco 5 [16],
λ Math 9 [2-8.20-22],
μ Joh 20 [23]; Math 16 [19],

aber der onerfarne jugent getriben und gepraucht
wurde und die absolution verkündiget, wie Christus
dem gichtprüchigen und dem weiblin ire sünden ver-
zeihetλ und auch seinen Jüngeren und diener des
evangelii zebinden und zelösen befolhen hatt.μ In
diser rechtmäßigen forma soll dise beicht beschehen
und pleiben.
Und dieweil es gar abscheulich, ob ainem messaltar,
da täglich der meßpfaff gott seinen son für die sünd
der lebendigen und der todten wider die einsatzung
Christi aufopfert und das vermaint sacrament han-
deltt und geprauchet, dan was hat Christus mit Be-
lial zeschaffen,ν die warhait mit der lügin, so were es
christlich und löblich, das e. e. w. ain hültzin tisch
oder altar durch ain schreiner außerhalb des chors
bey und neben dem gesang machen ließ, welchen die
gantz kirch im gesicht haben möcht und in verrich-
tung und handlung der h. sacramenten augenschein-
lich sehen und hören, was Christus gethon und zu-
thon befolhen hätt. Da kündt und möcht vil zu er-
bawung der kirchen angericht werden.
Von der krancken besuchung.
Es werden die kranck, gefangne und arme leutt alle
zeitt auch under den schutz und schirm der kirchen
zölet. Dan sy seind ain stuck, die gehören zum reich
Christi, derhalben die kirchendiener auch schuldig
seind, mitt hohem fleiß sy zu besuchen, zu trösten
und den weg der seligkait zu weisen, auch sy fleißig
zur gedultt im kreitz, so der her auf sy gelegt hatt,
vermanen. Und wiewol umb der sunden willen nitt
allain kranckhait, sonder auch der todt selbs in die
weltt komen, so werde doch uns solchs nit zugefügt
zu dem verdörben, sonder das wir als die räben an
dem weinstock purgiertξ und durch solches kreutz
im glauben probiert, dester hitziger und einprüns-
tiger nach dem ewigen vatterland seuftzen und
trachten.

ν 2 Cor 6 [13].
ξ Joh 15 [2].
31 Die Historia ecclesiastica tripartita Cassiodors.

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