Worms
XIII. Von andern gemeinen Kirchendiensten,
als ordnung der Predigten und des Gesangs inn der Kirchen.
Nach dem es gewißlich Gottes unwandelbar Gebott
ist, das inn diesem leben das Ministerium Evangelii
inn offentlichen versamlungen erhalten werde, Und
|XCIIIv| aber inn solchen versamlungen eine gewisse
ordnung sein muß, Dann ohne ordnung ists unmüg-
lich, das einige Gemein bleiben oder bestandt haben
möge, Derhalben auch der Heilige Apostel Paulus
gebeut, 1. Corinth. 14: die Christen sollen alles ehr-
lich und ordentlich lassen zugehen.235 So sollen wir
Gott hierinn auch mit hertzlicher danckbarkeit gern
gehorsamb sein und nicht durch wüste, wilde unord-
nung (so sonst auch den menschen, welche zu guter
ordnung von Gott erschaffen und derhalben mit die-
sem schönen liecht des verstandts, das sie ordnung
verstehen, gezieret und begabet und dardurch son-
derlich von bestien unterschieden seien, nicht gezim-
met) zu zerrüttung und zerstörung solcher offentli-
cher ehrlicher versamlungen ursach geben.
[Ordnung der predigten inn gemein.]l
Demnach und dieweil nu Gott inn diesem der Kir-
chen ihre freyheit gelassen, gewisse ordnung der
zeit, Lection, Gesang, Gebett, Segen und anderer
Christlichen ubungen, nach gelegenheit eines jeden
orts, Landts und Leut anzurichten und zu bestellen,
doch so ferne, das dieselbigen dem Wort Gottes
nicht entgegen und zu auffbawung und besserung
der Gemein im Glauben an Christum dienstlich und
fürderlich seien, Auch diese volgende, wiewol nicht
scheinbarliche, aber doch dem Wort Gottes gemesse
ordnung biß anhero inn dieser unser Christlichen
Kirchen allhie gebreuchlich gewesen und man der-
selben wol gewohnet ist, So wöllen wir sie gleich
noch zur zeit, biß auff ein gemeine vergleichung
auch nicht endern, sondern auff dißmal also bleiben
lassen und im rechten Christlichen verstandt und
gehorsamb, nach der Regel S. Pauli Coloss. 2, für-
l Diese Überschrift fehlt hier, steht aber im Inhaltsver-
zeichnis.
235 1Kor 14,40.
236 Kol 2,16f.
nemlich umb der armen Jugendt und |XCIIIIr | des
gemeinen Völckleins willen (damit man wisse, wann
man zur Predigt Göttlichs Worts und administrati-
on der Sacrament zusammen kommen und was zu
jeder zeit gehandelt werden soll) erhalten,236 Nem-
lich das alle Sontag und obverzeichnete Feyertag
zwo ordentlicher Predigten, die erste vor, die ander
nach mittag und dann uber diese an den Sontagen
und dreyen hohen Festen, Weihenachten, Ostern
und Pfingsten, der Catechismus oder Kinderlehre
und volgendts inn der wochen ausserhalb der andern
Feyertag noch drey Predigten, Nemlich am Diens-
tag, Mittwoch und Freytag gehalten werden, Alle
inn der form und ordnung, wie hernach volget.
Ordnung der Vormittags Predigt an Sontagen,
wann man das Abendtmal halten will.
Erstlich, so die Gemein unter dem glockengeleut
(welches unverzüglich ein halbe stundt nach sieben
uhren angehen soll) inn die Kirchen zusammen
kommen ist, so fehet der Chor an und singet die
Litaniam deutsch,237 Nach der Litania gehet der
Kirchendiener einer auff die Cantzel und vermahnet
das Volck zu fernerem Gebett und liset erstlich die
Collecten umb vergebung der sünden und ablassung
der verdienten straffen, sambt zweien andern, wie
oben im Titel vom Gemeinen |XCIIIIv| Gebett ver-
meldet,238 darauff so singet der Chor das: Nun bit-
ten wir den Heiligen Geist,239 oder, so es an hohen
Festen ist, derselbigen Deutschen gesang eines auff
die Festa verordnet, als zu Weihenachten: Ein Kin-
delein so löbeleich,240 Zu Ostern: Christ ist erstan-
den241 etc. Auff das Gesang volget alßbaldt die Pre-
digt, darinn das gewöhnliche Sontags Evangelion
dem Volck deutlich fürgelesen und dann kurtz und
einfeltigklich mit etlichen Christlichen lehren er-
kleret wirdt.
237 Wahrscheinlich Luthers Litanei, vgl. AWA 4, Nr. 29.
238 Vgl. oben S. 178.
239 Luther, AWA 4, Nr. 19.
240 Wackernagel III Nr. 573.
241 Luther, AWA 4, Nr. 32.
206
XIII. Von andern gemeinen Kirchendiensten,
als ordnung der Predigten und des Gesangs inn der Kirchen.
Nach dem es gewißlich Gottes unwandelbar Gebott
ist, das inn diesem leben das Ministerium Evangelii
inn offentlichen versamlungen erhalten werde, Und
|XCIIIv| aber inn solchen versamlungen eine gewisse
ordnung sein muß, Dann ohne ordnung ists unmüg-
lich, das einige Gemein bleiben oder bestandt haben
möge, Derhalben auch der Heilige Apostel Paulus
gebeut, 1. Corinth. 14: die Christen sollen alles ehr-
lich und ordentlich lassen zugehen.235 So sollen wir
Gott hierinn auch mit hertzlicher danckbarkeit gern
gehorsamb sein und nicht durch wüste, wilde unord-
nung (so sonst auch den menschen, welche zu guter
ordnung von Gott erschaffen und derhalben mit die-
sem schönen liecht des verstandts, das sie ordnung
verstehen, gezieret und begabet und dardurch son-
derlich von bestien unterschieden seien, nicht gezim-
met) zu zerrüttung und zerstörung solcher offentli-
cher ehrlicher versamlungen ursach geben.
[Ordnung der predigten inn gemein.]l
Demnach und dieweil nu Gott inn diesem der Kir-
chen ihre freyheit gelassen, gewisse ordnung der
zeit, Lection, Gesang, Gebett, Segen und anderer
Christlichen ubungen, nach gelegenheit eines jeden
orts, Landts und Leut anzurichten und zu bestellen,
doch so ferne, das dieselbigen dem Wort Gottes
nicht entgegen und zu auffbawung und besserung
der Gemein im Glauben an Christum dienstlich und
fürderlich seien, Auch diese volgende, wiewol nicht
scheinbarliche, aber doch dem Wort Gottes gemesse
ordnung biß anhero inn dieser unser Christlichen
Kirchen allhie gebreuchlich gewesen und man der-
selben wol gewohnet ist, So wöllen wir sie gleich
noch zur zeit, biß auff ein gemeine vergleichung
auch nicht endern, sondern auff dißmal also bleiben
lassen und im rechten Christlichen verstandt und
gehorsamb, nach der Regel S. Pauli Coloss. 2, für-
l Diese Überschrift fehlt hier, steht aber im Inhaltsver-
zeichnis.
235 1Kor 14,40.
236 Kol 2,16f.
nemlich umb der armen Jugendt und |XCIIIIr | des
gemeinen Völckleins willen (damit man wisse, wann
man zur Predigt Göttlichs Worts und administrati-
on der Sacrament zusammen kommen und was zu
jeder zeit gehandelt werden soll) erhalten,236 Nem-
lich das alle Sontag und obverzeichnete Feyertag
zwo ordentlicher Predigten, die erste vor, die ander
nach mittag und dann uber diese an den Sontagen
und dreyen hohen Festen, Weihenachten, Ostern
und Pfingsten, der Catechismus oder Kinderlehre
und volgendts inn der wochen ausserhalb der andern
Feyertag noch drey Predigten, Nemlich am Diens-
tag, Mittwoch und Freytag gehalten werden, Alle
inn der form und ordnung, wie hernach volget.
Ordnung der Vormittags Predigt an Sontagen,
wann man das Abendtmal halten will.
Erstlich, so die Gemein unter dem glockengeleut
(welches unverzüglich ein halbe stundt nach sieben
uhren angehen soll) inn die Kirchen zusammen
kommen ist, so fehet der Chor an und singet die
Litaniam deutsch,237 Nach der Litania gehet der
Kirchendiener einer auff die Cantzel und vermahnet
das Volck zu fernerem Gebett und liset erstlich die
Collecten umb vergebung der sünden und ablassung
der verdienten straffen, sambt zweien andern, wie
oben im Titel vom Gemeinen |XCIIIIv| Gebett ver-
meldet,238 darauff so singet der Chor das: Nun bit-
ten wir den Heiligen Geist,239 oder, so es an hohen
Festen ist, derselbigen Deutschen gesang eines auff
die Festa verordnet, als zu Weihenachten: Ein Kin-
delein so löbeleich,240 Zu Ostern: Christ ist erstan-
den241 etc. Auff das Gesang volget alßbaldt die Pre-
digt, darinn das gewöhnliche Sontags Evangelion
dem Volck deutlich fürgelesen und dann kurtz und
einfeltigklich mit etlichen Christlichen lehren er-
kleret wirdt.
237 Wahrscheinlich Luthers Litanei, vgl. AWA 4, Nr. 29.
238 Vgl. oben S. 178.
239 Luther, AWA 4, Nr. 19.
240 Wackernagel III Nr. 573.
241 Luther, AWA 4, Nr. 32.
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