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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0033
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Einleitung

hindeuten könnte), zum anderen als Reinschriften in einem eigenständigen Faszikel innerhalb des Akten-
bestandes. Die in den Konzepten (also bei KO II) vorhandenen Randbemerkungen, Ergänzungen und
Verbesserungen sind dabei ausnahmslos in den Haupttext der Reinschrift eingegangen. Aber festzuhalten
ist, dass die Seitenzahlen der Reinschrift direkt an das Manuskript KO I anschließen und außerdem genau
zu den von Pappus zitierten Seitenzahlen passen! Somit könnte Pappus eine Kopie von KO I vorgelegen
haben.61
Das Problem der Datierung der vier Manuskripte wird letztlich dadurch fast unlösbar, dass die beiden
augenscheinlich späteren Fassungen III und IV unvollständig sind: KO III beginnt erst mit fol. 22 im
zweiten Kapitel (in der Taufordnung); KO IV setzt zwar etwas früher mit fol. 11 (bei der Ordination) ein,
ist aber eine noch weitergehende Bearbeitung. Denn, wie oben schon gesagt, stellt es in einigen Teilen (z.B.
bei der Ordination, der Visitation oder im Katechismus) eine gegenüber den Beilagen von KO I und KO II,
auf die im Haupttext jeweils dezidiert hingewiesen wird, veränderte Fassung dar, die nicht mit den Beilagen
übereinstimmt, und der Verweis auf die beigelegte Ordnung ist auch konsequenterweise getilgt.
Wenn also die Abhängigkeitsverhältnisse der vier Manuskripte nicht restlos geklärt werden können und
auch ihre Zuordnung zu den von Hellbach in seinem Amtstagebuch dokumentierten Erarbeitungsstufen
und zum Pappus-Gutachten nicht einwandfrei möglich sind, so bleibt aber doch zur zeitlichen Abfolge
grundsätzlich das von Fröhlich festgestellte Ergebnis bestehen, dass nämlich KO II eindeutig auf KO I
folgt, denn der unkorrigierte Grundtext von KO II entspricht KO I mit seinen Verbesserungen, während die
Änderungen, die eine zweite Hand in KO II einfügt, dann wiederum im Grundtext von KO III auftauchen.
Schließlich kann aber definitiv das Jahr 1603 als terminus ad quem der Ordnungen I-III und als
terminus a quo von KO IV festgestellt werden. Denn im Teil über die Gefangenenseelsorge wird in den
ersten drei Ordnungen lediglich auf die entsprechenden Kapitel anderer Ordnungen hingewiesen, während
in KO IV das 1603 erstmals erschienene Manuale Ministrorum Ecclesiae62 von Felix Bidenbach erwähnt
wird. Als Datum a quo der vollständig erhaltenen Ordnungen KO I und II muss dagegen 1606, das Todes-
jahr des Grafen Adolf Heinrich gelten. Die anderen beiden im Vorwort genannten Grafen, Otto I. und
Friedrich I., starben 1607 bzw. 1608.
Über den Fortgang der Verhandlungen zur Veröffentlichung der Kirchenordnung ist leider nichts
bekannt. Fröhlich vermutet, dass 1606, nach dem Tode von Hellbachs Landesherrn, des Grafen Adolf
Heinrich, das Projekt zwischen den widerstrebenden Interessen von dessen Brüdern, Neffen und Vettern
bzw. deren politischen Räten buchstäblich zerrieben wurde, die von einer gemeinsamen Konsistorialver-
waltung offenbar eine Beschneidung ihrer Rechte befürchteten, sowie im besonderen denen seiner refor-
mierten Witwe Juliane, einer geborenen Gräfin von Nassau-Dillenburg und Nichte Wilhelms von Ora-
nien.63 Kurz vor dem Tode Adolf Heinrichs klagt Hellbach: Zum Siebenden bleibt es mit der Kirchenordnung
gar ersitzen.
Ob Hellbachs Kirchenordnung also tatsächlich noch zu seinen Amtszeiten offiziell eingeführt wurde, ist
nicht mit letzter Sicherheit zu entscheiden. Auf der anderen Seite ist sowohl in den Beilagen zur Kirchen-
ordnung von der eingeführten Kirchenordnung als auch im Vorwort der gedruckten Kirchenordnung von
1693,64 die in weiten Teilen die Vorarbeiten Hellbachs wörtlich übernimmt, davon die Rede, dass lediglich

61 Gegen Fröhlich, Geschichte, S. 21, der an KO II
denkt.
62 Manuale Ministrorum Ecclesiae. Handbuch, Darinnen
Volgende sieben Stuck begriffen. 1. Evangelia und Epi-
stolae/... 2. Passio Christi/ auß den vier Evangelisten/...
3. Fünffhundert zu Leichpredigten außerlesne Text/... 4.
Hundert außerlesener Text zu Hochzeitpredigten. 5.
Bericht/ wie mit Krancken und Sterbenden zuhandeln.

6. Bedencken/ wie den Melancholicis zurhaten. 7.
Bericht/ wie mit den Maleficanten/ so zum Tode verur-
theilet/ zuhandlen. / Für die junge angehende Kirchen-
diener/ im Hertzogthumb Würtemberg/ zugerichtet/
Durch Felicem Bidembachium, ... Tübingen, Leipzig
1603. (VD 17 = 39:158207Z).
63 Vgl. Fröhlich, Geschichte, S. 21f. Fröhlich, Super-
intendenten, S. 70.

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