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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0061
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10. Pestordnung 1597

Im fall dan gemelte inficirte noch etwas im felde zue
thun hetten, soll solches durch die andere Gemein
gethan unnd einbracht unnd treulich verwaret wer-
den.
Also das an artzney und labsal den krancken nichts
abgehe, soll jede Gemein an orth und enden, da sie
weiß, und bey uns solche bestellen und abhollen, die
es [ gebraucht oder gehollt, wo sie es vermögen,
selbsten bezallen; den andern solle es nach befin-
dung auß gemeiner steuer erkaufft werden.
Die begräbnus soll, wo müglich, in jedem dorff, da-
rinnen es stirbt, geschehen; wo nicht, zu gewißer
stundt, das sich die gesunden alsdan auß dem weg
machen könen. Unnd solle die begräbnus durch die
inficirten unnd ire wärtter selbst oder die dazu in-
gemein bestellten Todtengräber oder die nechsten
Nachbauren verricht werden. Unnd solle der Pfar-
herr dabey alweg ein Gebett sprechen ohne ferner
Leichtpredigt.
Wofern dan, das Gott gnedigh verhüette, die seuch
nach in ein oder 2 hauß vortschreiten solte, wöllen
wir, das es nachmal bey dißer ordnung bleibe. Wan
auch nach ferner einreiß geschehen wolte, ordnen
wir, das allwegen, wo man nicht wartter gnug haben
kan, die zween nechsten Nachbauren sich der
kranckhen annemen und vor sie sorgen sollen.
Nichstdestoweniger ist den verwanthen freygestellt,
an der Nachbauren statt die warttung der gebür zu
versehen.
Were es dan sach, das die helffte eines dorfs einge-
nomen würde, da soll nicht ferner verbotten sein,
das jeder seines pfadts gehe und, wer da will, | ihne
besuche; doch die vorsichtigkeit in allweg vorbehal-
ten, das die behafften und ufgestandnen den gesun-
den uff der gaßen unndt in versamlungen, so viell
müglich, entweichenn.

Den Kirchgangh anlangent, sollen alle Sontag die
inficirten besonder zu besonderer stundt erscheinen,
die kirch unnd Predigt besuchen unnd die sacrament
empfahen; nach irem abschiedt die kirch fleißigh be-
reuchert unnd allsdan den gesunden ein zeichenn
mit der Glockhen gegeben, ein Predigt gethann und
mit inen der Gottesdinst verrichtet werdenn.
Trüge es sich dan zue, das der Pfarrer selbsten infi-
cirt und kein caplann vorhannden, so ist einem je-
den underthanen erlaubt, annderstwo bey einem
evangelischen predicanten zue communiciren, doch
das er es seinem Pfarrer berichte oder berichten la-
ße.
Dieweilln auch kein zweiffell, Gott werde unßer arm
Gebett erhören unndt dieße straffe jedes orths nach
seinem willen unndt zue seiner zeit wider abnemen,
so soll alsdan in der kirchen Gott eine offentliche
dancksagungh geschehen unnd den warttern ir auß-
stehender lohn aller gebür außgerichtet werden.
Dies alles und jedes, sambt und sonders ist unßer
ernstlicher Will unndt Meynungh unnd geschieht
daran, was | recht, Gott unnd unnß lieb unnd euch
underthanen nutzlich ist. Solte aber einer oder der
ander dis verachten unnd übertretten, solle es alß-
balden durch unßere Schultheißen an unns gelangen
unnd gegen solche unnachleßige, ernstliche straff
vorgenomen werden.
Geben zue Dhaun, den 27ten Augusti Anno etc.
1597.
[Siegel]
Adolff Henrich, wildt- und Rheingraffc

c Eigenhändige Unterschrift.

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