Wild- und Rheingrafschaft
leßen, wie Paulus vermahnet, da er spricht: Halte
an mit leßen etc.,180 bedürffen, auch offt viel von
dem ihrigem angewendet, so ist auch Gottes geboth,
daß man ihnen so viel gebe, daß sie sich vor ihre
person nit allein erhalten, sondern auch etwaß ubri-
ges haben, zu dem ihrigen wider kommen oder, wan
sie kranck und alt sein, nit noth leiden dörffen oder
aber ihr arm weib und kinder nach ihrem todte an
den bettelstab nicht gerathen laße.u
Nun ist aber leider die welt so voller unordtnung
und undanckbarkeit gegen daß h. predigerampt,
daß der gröste hauffe Gott, sein wort und trewe die-
ner mangeln laßen und es wohl vor einen gemeinen
schaden erachten, wo man einem trewen prediger
deß heilsamen evangelii eine ehrliche undt reichliche
besoldung gibt. Darumb, so hatt sich Gott und sein
lieber sohn im alten |72v| undt newen testament sei-
ner armen kirchendiener sonderlich angenommen
und mit allem ernst befohlen, daß der ackerman, der
den acker bawet, der früchte am meisten genießen,
2. Tim. 2;181 und die daß evangelium verkündigen,
sollen sich vom evangelio nehren, 1. Cor. 9.182 Und
abermahl: Man soll dem ochßen, der da dreschet,
nicht das maul verbinden.183 Welcher reißet jemahls
auff seinen eigenen soldt? Welcher pflantzet einen
weinberg und ißet nit von seiner frucht?184 Sorget
Gott für die ochßen? Oder sagt er es nit allerding
umb unßert willen? Dann es ist ja umb unßert wil-
len geschrieben: Denn der da pflüget, soll auff hoff-
nung pflügen, und der da treschet, soll auff hofnung
dreschen, daß er seiner hoffnung theilhafftig werde.
Und so wir auch daß geistliche seen185, so ist es ein
groß ding, ob wir ewer leibliches erndten?186 1. Cor.
9, Deuter. 25, 1. Tim. 5,187 Gal. 6,188 2. Tim. 2.
Auß welchem allen clar, daß alle die schwerlich wi-
der Gott sündigen und ihn durch ihre undanckbar-
180 1 Tim 4,13.
181 2Tim 2,6.
182 1 Kor 9,14.
183 Dtn 25,4.
184 1 Kor 9,7.
185 Säen.
186 1 Kor 9,9-11.
keit hoch erzürnen, welche entweder die kirchendie-
ner spärlich abspeißen oder zu underhaltung des
predigampts nach ihrem standt und vermögen nicht
hülffe thun wollen. Derhalben wollen wir beide nach
dem exempel unßerer lieben vorfahren und dann der
alten, Gottseligen keiser, alß Joviani189, Theodosii,
Caroli Magni etc., an unß nit erwinden laßen und
für unßere person ex proprio motu mit unßerm zeit-
lichen gute den armen kirchen gern alle be- |73r| für-
derung thun undt leisten.
Waß aber sonst noch ubrig undt vorhanden, da
ist unßer ernstlicher will undt meinung, daß in allen
stätten unndt dörffern daß pfargut trewlich erhal-
ten undt gebeßert werde, daß man auch hinfurter
von den kirchen, hospitalen, pfrunden undt derglei-
chen güteren nichts verkauffe, hinweg gebe oder in
einem weg vereußere, sondern allen möglichen fleiß
ankehre, damit daßjenige, so einmahl zu milten
wercken verordtnet, bestandiglich darbei bleibe
undt den kirchen, schulen und hospitalen nichts ent-
zogen, sondern alles zum besten angewendet werde.
Trüge es sich aber zu, daß an einem oder dem an-
dern ort der kirchen, schulen und hospitalen nütz-
lich were, ein liegendt oder ander gutt, außerhalb
waß die kirchendiener zu ihrem hauß oder zu erhal-
tung ihrer hinderlaßener weib und kinder nottürff-
tig sein würden, zu vereußern oder anders zu be-
stellen, so solle solches nit anders dann mit vorge-
hender, genugsamer der censoren und unßerer be-
ampten und superintendenten, auch unßer alß der
landsherrn willen, vorwissen unndt zeitlicher be-
rathschlagung geschehen undt hierinnen nichts
dann der kirchen, schulen undt hospitalien augen-
scheinlicher nutzen angesehen undt bedacht werden.
Wir halten es auch für nützlich undt rathsam, daß
man in allen stätten, flecken und, wo möglich, in
187 1 Tim 5,17f.
188 Gal 6,10.
189 Flavius Jovianus, röm. Kaiser 363-364, gab der Kirche
nach dem (heidnischen) Restaurationsversuch seines
Vorgängers Julian („Apostata“) alle Privilegien aus der
konstantinischen Zeit zurück; vgl. KP 2, Sp. 1444f.,
1516f.
642
leßen, wie Paulus vermahnet, da er spricht: Halte
an mit leßen etc.,180 bedürffen, auch offt viel von
dem ihrigem angewendet, so ist auch Gottes geboth,
daß man ihnen so viel gebe, daß sie sich vor ihre
person nit allein erhalten, sondern auch etwaß ubri-
ges haben, zu dem ihrigen wider kommen oder, wan
sie kranck und alt sein, nit noth leiden dörffen oder
aber ihr arm weib und kinder nach ihrem todte an
den bettelstab nicht gerathen laße.u
Nun ist aber leider die welt so voller unordtnung
und undanckbarkeit gegen daß h. predigerampt,
daß der gröste hauffe Gott, sein wort und trewe die-
ner mangeln laßen und es wohl vor einen gemeinen
schaden erachten, wo man einem trewen prediger
deß heilsamen evangelii eine ehrliche undt reichliche
besoldung gibt. Darumb, so hatt sich Gott und sein
lieber sohn im alten |72v| undt newen testament sei-
ner armen kirchendiener sonderlich angenommen
und mit allem ernst befohlen, daß der ackerman, der
den acker bawet, der früchte am meisten genießen,
2. Tim. 2;181 und die daß evangelium verkündigen,
sollen sich vom evangelio nehren, 1. Cor. 9.182 Und
abermahl: Man soll dem ochßen, der da dreschet,
nicht das maul verbinden.183 Welcher reißet jemahls
auff seinen eigenen soldt? Welcher pflantzet einen
weinberg und ißet nit von seiner frucht?184 Sorget
Gott für die ochßen? Oder sagt er es nit allerding
umb unßert willen? Dann es ist ja umb unßert wil-
len geschrieben: Denn der da pflüget, soll auff hoff-
nung pflügen, und der da treschet, soll auff hofnung
dreschen, daß er seiner hoffnung theilhafftig werde.
Und so wir auch daß geistliche seen185, so ist es ein
groß ding, ob wir ewer leibliches erndten?186 1. Cor.
9, Deuter. 25, 1. Tim. 5,187 Gal. 6,188 2. Tim. 2.
Auß welchem allen clar, daß alle die schwerlich wi-
der Gott sündigen und ihn durch ihre undanckbar-
180 1 Tim 4,13.
181 2Tim 2,6.
182 1 Kor 9,14.
183 Dtn 25,4.
184 1 Kor 9,7.
185 Säen.
186 1 Kor 9,9-11.
keit hoch erzürnen, welche entweder die kirchendie-
ner spärlich abspeißen oder zu underhaltung des
predigampts nach ihrem standt und vermögen nicht
hülffe thun wollen. Derhalben wollen wir beide nach
dem exempel unßerer lieben vorfahren und dann der
alten, Gottseligen keiser, alß Joviani189, Theodosii,
Caroli Magni etc., an unß nit erwinden laßen und
für unßere person ex proprio motu mit unßerm zeit-
lichen gute den armen kirchen gern alle be- |73r| für-
derung thun undt leisten.
Waß aber sonst noch ubrig undt vorhanden, da
ist unßer ernstlicher will undt meinung, daß in allen
stätten unndt dörffern daß pfargut trewlich erhal-
ten undt gebeßert werde, daß man auch hinfurter
von den kirchen, hospitalen, pfrunden undt derglei-
chen güteren nichts verkauffe, hinweg gebe oder in
einem weg vereußere, sondern allen möglichen fleiß
ankehre, damit daßjenige, so einmahl zu milten
wercken verordtnet, bestandiglich darbei bleibe
undt den kirchen, schulen und hospitalen nichts ent-
zogen, sondern alles zum besten angewendet werde.
Trüge es sich aber zu, daß an einem oder dem an-
dern ort der kirchen, schulen und hospitalen nütz-
lich were, ein liegendt oder ander gutt, außerhalb
waß die kirchendiener zu ihrem hauß oder zu erhal-
tung ihrer hinderlaßener weib und kinder nottürff-
tig sein würden, zu vereußern oder anders zu be-
stellen, so solle solches nit anders dann mit vorge-
hender, genugsamer der censoren und unßerer be-
ampten und superintendenten, auch unßer alß der
landsherrn willen, vorwissen unndt zeitlicher be-
rathschlagung geschehen undt hierinnen nichts
dann der kirchen, schulen undt hospitalien augen-
scheinlicher nutzen angesehen undt bedacht werden.
Wir halten es auch für nützlich undt rathsam, daß
man in allen stätten, flecken und, wo möglich, in
187 1 Tim 5,17f.
188 Gal 6,10.
189 Flavius Jovianus, röm. Kaiser 363-364, gab der Kirche
nach dem (heidnischen) Restaurationsversuch seines
Vorgängers Julian („Apostata“) alle Privilegien aus der
konstantinischen Zeit zurück; vgl. KP 2, Sp. 1444f.,
1516f.
642