7. Generalartikel 1571
Die nächtliche zechereien und geselschafften sol-
len gantz und gar verpotten sein und die, so im land
daheim, sommerszeitten uber neun, winters zeiten
uber acht uher deß abendts sich in wurtshauß finden
laßen, die wurtt auch bey unserer straff nach solcher
zeit keinen wein nicht uftragen noch außwendig in
andere geselschafften schicken. |21|
Es sollen auch die wurtt, die vertühnliche, losse
zechbruder, welche sich stettiges des weinstrinckens
befleissigen zur verderbung irer weib, kinder und
irer selbs, umb ires gewins willen nicht ufhalten,
sonder die von der handt schlagen, ihnen nicht ge-
statten auß einer zech in die ander zu sitzen, sonder
da sie ein glachen8 gehalten, damit sie fur einmalh
wol genugen haben können, alspaldt fur die tuhr
weissen und, da sie sich unnutz machen und nicht
volgen wollen, den bevelchhabern jedes ortts solcher
zu wisssen tuhn.
Auch sollen der wurtt das ubrig zutrincken, da
einer den andern mit dem außtrincken nöttigen wil-
le, in ihren heussern keins wegs gestatten, sonder die
gest jederzeit vermahnen, das sie ehrliche, zuchtige
geselschafft halten.
Welche in wurtsheussern, uf der gassen oder
sonst voller weins und unbeschaiden |22| gesehen
werden, die sollen durch einen j[e]glichen, wer es si-
het, und sonderlich durch die censores, schulthessen,
scheffen und andere bevelchhaber antgezaigt und
ufgeschrieben und nachmals in geburliche straff ver-
mög unserer ordnung eingenommen werden.
Und da pfarrer, censores, schulthessen, scheffen
und andere, so darzu bestaldt, das sie gute ordnung
und zucht helffen erhalten sollen, sich selbs mit dem
wein ubernemen und ergerlich sein wurden, sollen
dieselbige zweifache straff tragen. Und wo sie es
8 Gelage.
9 Vgl. oben Anm. 5.
10 Possen oder putzen (= sich herausputzen, verkleiden),
11 Das von Dorf zu Dorf bzw. von Tür zu Tü ziehen der
Jugend, meist der jungen Burschen, um bestimmte, re-
gional oder zum jeweiligen Fest verschiedene Speisen zu
erbitten.
12 Das vom Berg Herabrollen brennender Strohräder,
meist zu Frühlings- oder Maianfang, Johannis, Himmel-
fahrt oder Pfingsten.
13 Das Springen der jungen Burschen und Mädchen über
nach geschehener straff und warnung nicht mussig
stehn, von iren amptern gentzlich abgesessen wer-
den und uns mit allem verfallen sein.
Vom fluchen und schweren.
Wer da bei Gottes namen leichtfertiglich schwert
oder sonst flucht und gottslesterung redt, soll von
denen, so es hören, angezaigt und vermög un- |23|
serer ordnung9 ernstlich gestrafft werden. Und da
solche Gotteslesterung, mit fluchen und schweren
im wurtshäußern geübt, von dem wurdt nicht ge-
strafft noch angebracht wurde, soll er des thätters
straff doppel tragen.
Deßgleichen sollen auch alle andere, so Gottsles-
terung von jemandts gehört und solches nit, da sichs
gepurt, angezaigt haben, gleich den Gottslesterern
gestrafft werden.
Von fastnacht spielen.
Wir befinden auch, das noch die haidnische grewel
der faßnacht potzen10 gemain und im schwanck
gehn, darin die menschen, jung und alt, man und
weib, mit uberflussigem fressen und sauffen und an-
derer laichtfertigkeit, bevorab die jungen gesellen
und manschafft mit ungeburlicher klaidung, lestern
und untugenden sich garr verstellen, also christli-
cher zucht und erbarkeit gentzlich zuwieder dem
teuffel offentlich dienen, dardurch großer |24| erger-
nuß geben, unser christlich name und religion ge-
schendt und das heylig evangelium zu spott gesetzt
wirdt. Sollen derhalben solche schlemmereien, eier-,
erbeß- und bratenheischen,11 faßnacht potzen, rath
schieben,12 Johannes feier,13 lehen außruffen14 und
das Johannisfeuer sollte Erfolg, Fruchtbarkeit und
glückliche Geburt verleihen, vgl. Sartori, Johannis-
feuer, HWDA 4, Sp. 735.
14 Das Lehenausrufen war ein in ganz Deutschland ver-
breiteter Brauch, zu den Frühlings- oder Sommerfesten
(regional verschieden terminiert, meist zu Maianfang,
Pfingsten oder Johannisnacht) Paare auszulosen oder
sich wählen zu lassen (durch Strauß oder Kranz), die
eine bestimmte Zeit (während des Festes oder den Som-
mer hindurch) miteinander tanzten, vgl. Grimm,
DWb 2, Sp. 506f, Grimm, DWb 12, Sp. 538.
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Die nächtliche zechereien und geselschafften sol-
len gantz und gar verpotten sein und die, so im land
daheim, sommerszeitten uber neun, winters zeiten
uber acht uher deß abendts sich in wurtshauß finden
laßen, die wurtt auch bey unserer straff nach solcher
zeit keinen wein nicht uftragen noch außwendig in
andere geselschafften schicken. |21|
Es sollen auch die wurtt, die vertühnliche, losse
zechbruder, welche sich stettiges des weinstrinckens
befleissigen zur verderbung irer weib, kinder und
irer selbs, umb ires gewins willen nicht ufhalten,
sonder die von der handt schlagen, ihnen nicht ge-
statten auß einer zech in die ander zu sitzen, sonder
da sie ein glachen8 gehalten, damit sie fur einmalh
wol genugen haben können, alspaldt fur die tuhr
weissen und, da sie sich unnutz machen und nicht
volgen wollen, den bevelchhabern jedes ortts solcher
zu wisssen tuhn.
Auch sollen der wurtt das ubrig zutrincken, da
einer den andern mit dem außtrincken nöttigen wil-
le, in ihren heussern keins wegs gestatten, sonder die
gest jederzeit vermahnen, das sie ehrliche, zuchtige
geselschafft halten.
Welche in wurtsheussern, uf der gassen oder
sonst voller weins und unbeschaiden |22| gesehen
werden, die sollen durch einen j[e]glichen, wer es si-
het, und sonderlich durch die censores, schulthessen,
scheffen und andere bevelchhaber antgezaigt und
ufgeschrieben und nachmals in geburliche straff ver-
mög unserer ordnung eingenommen werden.
Und da pfarrer, censores, schulthessen, scheffen
und andere, so darzu bestaldt, das sie gute ordnung
und zucht helffen erhalten sollen, sich selbs mit dem
wein ubernemen und ergerlich sein wurden, sollen
dieselbige zweifache straff tragen. Und wo sie es
8 Gelage.
9 Vgl. oben Anm. 5.
10 Possen oder putzen (= sich herausputzen, verkleiden),
11 Das von Dorf zu Dorf bzw. von Tür zu Tü ziehen der
Jugend, meist der jungen Burschen, um bestimmte, re-
gional oder zum jeweiligen Fest verschiedene Speisen zu
erbitten.
12 Das vom Berg Herabrollen brennender Strohräder,
meist zu Frühlings- oder Maianfang, Johannis, Himmel-
fahrt oder Pfingsten.
13 Das Springen der jungen Burschen und Mädchen über
nach geschehener straff und warnung nicht mussig
stehn, von iren amptern gentzlich abgesessen wer-
den und uns mit allem verfallen sein.
Vom fluchen und schweren.
Wer da bei Gottes namen leichtfertiglich schwert
oder sonst flucht und gottslesterung redt, soll von
denen, so es hören, angezaigt und vermög un- |23|
serer ordnung9 ernstlich gestrafft werden. Und da
solche Gotteslesterung, mit fluchen und schweren
im wurtshäußern geübt, von dem wurdt nicht ge-
strafft noch angebracht wurde, soll er des thätters
straff doppel tragen.
Deßgleichen sollen auch alle andere, so Gottsles-
terung von jemandts gehört und solches nit, da sichs
gepurt, angezaigt haben, gleich den Gottslesterern
gestrafft werden.
Von fastnacht spielen.
Wir befinden auch, das noch die haidnische grewel
der faßnacht potzen10 gemain und im schwanck
gehn, darin die menschen, jung und alt, man und
weib, mit uberflussigem fressen und sauffen und an-
derer laichtfertigkeit, bevorab die jungen gesellen
und manschafft mit ungeburlicher klaidung, lestern
und untugenden sich garr verstellen, also christli-
cher zucht und erbarkeit gentzlich zuwieder dem
teuffel offentlich dienen, dardurch großer |24| erger-
nuß geben, unser christlich name und religion ge-
schendt und das heylig evangelium zu spott gesetzt
wirdt. Sollen derhalben solche schlemmereien, eier-,
erbeß- und bratenheischen,11 faßnacht potzen, rath
schieben,12 Johannes feier,13 lehen außruffen14 und
das Johannisfeuer sollte Erfolg, Fruchtbarkeit und
glückliche Geburt verleihen, vgl. Sartori, Johannis-
feuer, HWDA 4, Sp. 735.
14 Das Lehenausrufen war ein in ganz Deutschland ver-
breiteter Brauch, zu den Frühlings- oder Sommerfesten
(regional verschieden terminiert, meist zu Maianfang,
Pfingsten oder Johannisnacht) Paare auszulosen oder
sich wählen zu lassen (durch Strauß oder Kranz), die
eine bestimmte Zeit (während des Festes oder den Som-
mer hindurch) miteinander tanzten, vgl. Grimm,
DWb 2, Sp. 506f, Grimm, DWb 12, Sp. 538.
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