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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0221
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2. Kirchenregimentsordnung 1577

euch untereinander einer den andern höher denn
sich selbst etc. Und zum Röm. 12. cap.4: Habt ei-
nerley synn untereinander, trachtet nicht nach ho-
hen dingen, sonder haltet euch herunter zu den ni-
derigen etc. Und 1. Cor. 115: Ist jemandt unter
euch, der lust zu zancken hat, der wisse, das wir
solche weiß nit haben, die gemein Gottes auch nicht.
Demnach ist auß wolgehaltem, hochverstendiger
leuth und teglicher erfarung hergeflossenem rath
notwendig und fur gut angesehen worden, das zu
reformirung der kirchen, damit sie in ihrem rechten
standt und wesen gepracht (sonderlich auch zu su-
perintendenten und dergleichen emptern) gepraucht
werden sollen nicht solche aufgeblasene leuth, die
sich ihrer erudition oder anderer gaben, ja auch
nicht ihrer inspection uberheben möchten, sondern
die nit wissen, das sie gelert sein und zugleich de-
mütig, andere immerdar für höher, gelerter und er-
farner halten dann sich selbst, durch welliche dann
wahre und gottselige eynigkeit erhalten, wie auß
oben angezogenen orten der schrift zu sehen. Da
hergegen durch andere, die sich selbst vermessen,
andere neben ihnen verachten, hören allein das graß
wachsen, laßen sich bedünckhen, sie wissen alles, do
sie oft das geringste nit verstehn und auch bessern
und nutzlichem rhat nicht volgen wollen, allein was
sie sagen und thun, das muß gut und erbaulich sein
und weißlich gethan haißen, dardurch dan oft viel
guts verhindert und durch ihre stoltze unwissenheit
viel böses geordnet, uneynigkeit gepflantzet und an-
gerichtet, welches auch in weltlichem regiment bil-
lich solt observirt und in acht gehalten werden.
[2. Das ein kirchenrhat und geistlich consistorium
geordnet werden soll.]
Zum andern sol auch ein geistlich consistorium und
kirchenrhat geordnet werden, auf das baides, alle
fürfallende streitige sachen in der kirchen Gottes
darinnen dijudicirt und entschaiden, dann auch gute
kirchendisciplin erhalten werd, durch welche die-
jhenigen, so in offentlichen sünden wider das gewis-
sen und ergerlichem leben mutwillig und trutzlichen
4 Röm 12,16.

verharren, von den christlichen kirchen abgesondert
und als ein faul und unhailsam glid abgeschnitten
und nach dem befelch Christi und apostolischen ge-
haptem brauch gethon würden.
Darzu dann das, das nemblich ein idweder inson-
derheit sich bey den kirchendhienern anzuzaigen
und der privatabsolution thailhaftig zu machen ge-
wießen werde, neben andern nutzbarkeiten nicht
wenig dhienen wirdt.
Das auch durch itzt gedachten kirchenrhat von
dem geistlichen gefellen und kirchengüetern, wie
dieselben recht und wol angelegt, ihrer ordenlichen
obrigkeit durch ihren hierzu deputirten Verwalter
gnugsame rechnung gethan werde.
Damit auch bey dem gemeinem pöfel und andern
groben und unverstendigen das liebe ministerium
mehr ansehens haben möchte, sollen diejhenigen kir-
chendhiener, so hierzu qualificirt und gelert gnug
befunden, zu dem doctorat promovirt und gefodert
werden.
Es sollen auch durch itzt gedachten kirchenrhat
diejhenigen, so sich der rainen lehr widersetzen und
mit einiger ihriger opinion befleckt und dieselben in
die kirchen Gottes einzuschlaichen bedacht, wann
sie zuvor treuhertziger, zum ofter mal angewandter
vermanung nit rhaum noch statt geben wollen, von
dem heuflein christlicher kirchen umb volgender ur-
sachen willen außgeschlossen werden,
1. Das andere in der rainen religion confirmirt und
gesterckt werden,
2. Die irrenden und strauchelten, so noch wancken,
auf den wegk der warheit gebracht,
3. Die halsstarrigen feindt der warheit aber geoffen-
baret, vermieten und geflohen werden.
Und solchen gottseligen eiver erfordere jawol die
gottesfurcht als die lieb deß nechsten, damit die ein-
faltigen, gehorsame und geliernige scheflin Christi
gehandthabt und geschützt, die halsstarrige, unge-
horsame und ungeliernige aber gestraft werden.
5 1 Kor 11,16.

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