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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0241
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5. Kirchenbußordnung [1579]

selbigen erkennen und bekennen, hertzlich beway-
nen und in ungezweifeltem glauben auf den ver-
dienst unsers lieben herren und heylandes Jhesu
Christi vergebung all unserer sünden suchen, so sol-
len dieselben, wann sie gleich blutrot sein, schne-
weiß werden und, wann sie gleich sein wie rosinfarb,
sollen sie doch wie Wolle werden.8
Weiln dann solchem unwidersprechlich also und ge-
genwertiger N.N. vor Gott und seiner theur erkauf-
ten kirchen in warer hertzreue (als wir hoffen) seine
grosse sünde und schweres verbrechen erkennet und
offentlich bekennet, mit sehnlichem seuftzen und
hertzthrenen Gott, dem himlischen vater, in wah-
rem glauben auf den verdienst unsers herrn Jhesu
Christi abbittet, gnad und vergebung derselben be-
geret und euch gegebener ergernuß wegen umb brü-
derliche verzeihung und fürbitt zu Gott demütig er-
suchet, so seindt wir erstlich schuldig, ihme, der da
begeret, von seinem fall aufgerichtet zu werden,
hertzlich zu verzeihen und alsdann mit treuhertziger
vorbitt zu Gott die christliche brüderliche helfhandt
zu bieten.
Darnach frage der minister:
N.N., ist solches dein hertzliches flehen, bitten
und begeren von Gott und seiner kirchen, so beste-
tige es mit eim lauten, vernemlichen ja.
Dicat: ja.
Weiln wir dann dieses unsers mitbruders bitten und
verlangen angehöret, seindt wir ihme christlich zu
willfahren für Gott schuldig. Derhalben wöllen wir
uns seines als unsers eigenen jammers annemen und
in folgendes gebet denselbigen einschliessen, Gott,
unserm lieben, himmelischen vater, fürtragen, unge-
zweifelt, er werde solch unser gebet erhören und die-
sem unserm mitbruder seiner warhaften väterlichen
zusag nach mit gnaden erscheinen. Bittet demnach
mit andacht auß rechtglaubigem hertzen also:
O allmechtiger, barmhertziger Gott, himlischer va-
ter, der du väterlich in deinem wort versprochen
8 Vgl. Jes 1,18.
9 Vgl. Ez 33,11.

und mit höchstem eidschwur betheuret hast, daß du
nit wöllest den todt deß sünders, sonder daß er sich
bekere und lebe,9 und hast deinen lieben sohne nit
für die gerechten, sondern für die armen, verdamp-
ten sünder in den todt gegeben und denselbigen ih-
nen zu ewiger gerechtigkeyt wider auferwecket10
und wilt, das alle, so sich in wahrem glauben fest an
ine, deinen lieben sohn, halten, nicht verloren wer-
den, sondern das ewige leben haben,11 wie du solches
an den armen und in gleichem fall ligenden sündern
Davide, Maria Magdalena und andern väterlich er-
wiesen. Wir, deine kinder, kommen jetzt für dein
angesicht und bitten deine väterliche barmhertzig-
keit, du wöllest durch deinen heiligen geist in dem
hertzen dieses unsers mitbruders rechte erkantnuß
seiner sünden und schweren falls, damit er dein gne-
digst vaterhertz zu höchsten beleydiget und diese
deine liebe kirchen verärgert hat, auch hertzlich reu
und leyd erwecken und wahren glauben auf den al-
lerheiligsten verdienst deines lieben sohns Jhesu
Christi und, daß du umb deßselbigen willen ihme
alle seine sünde und missethat wöllest verzeihen und
nachlassen, darinnen pflantzen und befestigen.
Ach, herr, seye gnedig. Ach, herr, erbarme dich uber
ihne, spreche trost, fried und freude in sein betrüb-
tes hertz umb unsers mittlers und seligmachers
Christi willen. Regire ine auch durch deinen heiligen
geist und erneuere sein hertz, daß er hinfürter sein
gantzes leben nach deinen heiligen geboten und be-
felch anrichte und führe, dem teufel, der sünden, der
ärgerlichen welt und seines fleisches verderblichen
lüsten widerstrebe und nimmermehr in solche und
andere sünde und laster falle, sondern dein gehor-
sames kind und geheiligtes glidmaß deiner kirchen
bleibe und erhalten werde umb deines lieben sohns
Jhesu Christi willen, der mit dir und dem heiligen
geist lebt und regiert,wahrer und gleicher Gott,
hochgelobt in ewigkeit, Amen.
Wolan, geliebten im herrn, wir zweifeln nit, Gott
habe vermög seiner verheissung diß unser gebet mit
allen gnaden erhöret.
10 Vgl. Röm 4,25.
11 Vgl. Joh 3,16.

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