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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0206
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192 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

hernach gerüget und gestrafet werden. Als, sich
on wissen und willen der eltern, der freundschaft,
und vormünder verehelichen, daraus denn greu-
liche und schreckliche handlungen sich in diesem
lande zutragen.
Mit verlöbnissen scherzen, und sich mehr als
mit einer person verloben.
Sich nicht aufbieten lassen, oder ausrufen
von der canzel.
Nicht mehr denn 6. tisch auf eine hochzeit
laden. Und das solche nur einen tag were, den
nechsten nachtag zu mittag nicht mehr denn
zween tische, und den abend einen haben, und
als denn die hochzeit dabei wenden lassen.
Keine pfingstbier einlegen und saufen. Daher
denn viel todschlege, jammers und elend ent-
sprungen. Ich wil geschweigen, das in etlichen
jaren, umb des pfingstbiers willen, keine communi-
canten die pfingstfeiertage in viel jaren gewesen,
und sehr wenig leute zu der kirchen gangen.
Nicht mehr denn drei gefattern zum kind-
tauf bitten.
Das nicht mehr denn acht weiber bei dem
kindtauf essen sollen.
Das keine menner in die kindtaufe gehen,
alda zu essen oder zu trinken.
Das den weibern die offentlichen wirtsheuser
zur zeche verboten werden, desgleichen auch das
volsaufen.
Das den schenken und wirten auf den dörfern
verboten werde, das sie den weibern zu zechen
nicht gestatten, oder zur zeche sie nider sitzen
lassen. Ausgenomen weiber so uber felt reisen.
Das die wirte und schenken, keine huren
und lose belge herbergen und aufhalten, ir bier
damit zuvertreiben.
Das alle spinstuben abgeschaffet werden, denn
die megde und junge gesellen alle schand und
untugend darinnen uben und treiben, und das die
halter und aufhalter gestraft werden. Was auch
weiter hernach billich sol verboten und gerüget
werden, und das hierinnen auf dismal nicht be-
griffen, das werden folgende järliche visitationes
leren und nachweisen.
Die ruge aber uber die laster der pfarkinder
sol ordentlich also gehalten werden, das einer iden
gemeine, eines jeden dorfs, so viel der dörfer in
ein pfarkirche gehören, auf einmal oder tragt,
vier artikel von obgeschriebenen lastern aufgegeben
werden. Darnach widerumb viere, und also fort-
hin bis zum ende. Damit auch durch das ganze
jar bis auf ein ide visitation gottesfurcht, zucht,
tugend und erbarkeit erhalten werde, so mus man
in dieser visitation vier senschepfen in einer jeden
gemeine verordenen (welche fur zeiten zum latein
scabini synodales genent wurden) die auch sollen
vereidet werden, und derer ampt sein sol, das sie

das ganze jar uber, neben irem pastor, auf alle
schand, laster, und untugend, mit vleis und ernst
sehen sollen, die leute davon abhalten, und auf
das sie in der folgende visitation, oder sonst in
der obrigkeit ruge, und fur einem consistorio un-
verschwiegen bleiben.
Was aber von erzelten lastern gerüget, das
sol mit den personen und allen umbstenden in
das visitirbuch geschrieben werden, auf weitere
erkentnis, der gütlichen unterweisung des super-
intendenten, voraus in kirchen und ganz geist-
lichen sachen. Item, der peen und strafen unserer
g. h., so als denn in der execution nach gehaltener
visitation folgen werden. Welche in keinem wege
darnach aufzuziehen ist. Denn eine visitation on
eine execution ist mehr schedlicher denn nütze.
Wie solchs die erfarung mit sich bringt.
Form und weise aber der execution, ist diese,
das unsere g. h. persönlich mit iren rethen nach
gehaltner visitation sich nidersetzen, alle mangel,
fehl, ubertretung, und gebrechen anhören, und
hierauf stückweise bescheid geben, strafen und
peen verordenen, und alle sachen helfen in besse-
rung stellen. Was aber kirchen und ganz geist-
liche sachen sein, hiervon mögen die geistlichen
visitatores befraget werden, und neben den andern
executoren zur gebürlichen execution gerathen
sein. Und wenn das geschehen, das als denn an
alle amptleute und schösser geschrieben werde,
einem jeden in sein ampt, das sie in einer be-
stimmeten zeit exequiren. Doch las ich mir ge-
fallen , das man mehr thurn als gelt strafen
ordene, damit die armen weiber und kinder
durch die geltstrafen nicht beschweret werden,
die an der verbrechung irer menner und väter
etwa kein schuld haben. Im falle auch, das
etliche gleich umb irer schweren und ergerlichen
verwirkung willen von der obrigkeit würden ge-
straft werden, so sollen doch dieselbige gleichfals
durch die offentliche busse und absolution mit der
kirchen versönet, damit das ergernis aufgehaben
und andere leute von den lastern abgeschrecket
werden. Und das nach der form und weise der
versönung im büchlein des geistlichen gerichts, in
diesen landen verleibet.
Item, damit sich niemand verwunder, warumb
wir eben alle strafen der oberzelten laster der
weltlichen obrigkeit zu strafen, heimgestellet
haben, ist solchs on ursache nicht geschehen,
damit uns geistlichen die höfischen nicht aufrücken
dürfen, wir greifen widerumb nach dem weltlichen
schwerd, und unterfangen uns viel regierens und
herschens. Denn uns wenig dran gelegen, wer
schand und laster strafet, wenn sie allein gestrafet.
Und werden aber gleichwol dem consistorio hier-
mit seine strafen nicht benomen, und bleiben auch
der kirchen strafen. Damit also samptlich und
 
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