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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0301
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48. Visitations- und Consistorial-Ordnung. 1574. 1577.

287

brachten reinikeit christlicher lehr, auch guter
friede, zucht und aufnehmung unserer herrschaft
kirchen, also durch gott und seine gnade erhalten
werde.
Ob aber wohl gesagt werden möchte, dass
eben dasjenige kirchen-regiment, welches bisher
darzu gedienet, auch fürs beste zu solchen zu achten
were, sagen wir doch hinwieder, dass wol nicht ahn
soviel aus gnaden gottes an uns gewesen, hetten
wir ir nichts gerne an unserem vleiss erwinden
lassen wollen, und mag der superintendens auch
seines teils etwas fleisses darbei gethanhaben,
welches denn zu seinem wort stehet. Aber doch
gleichwohl der sachen im grunde nachzudenken
ists nichts desto weniger misslich gnug gewagt ge-
wesen.
Dann es nun bisanhero etwas glücklich und
wohl gedieen, daher mögen wir unserem herren
gott wohl sonderlich darumb danken.
Es ist aber mit nichten zu rathen, wir könnens
auch gewissens halber als die wir für uns selbst
redlich die strengeste rechenschaft geben müssen
in keinem wege länger vertragen, dass wir es also
und solcher gestalt gleich als auf ein gerathwohl
ferner dahin wagen solten.
Derowegen wir gänzlich entschlossen kraft
unsers ambts und der pflichten nach die wir
unsern armen landsassen und unterthanen für gott
dem allmächtigen schuldig, im namen desselbigen
gottes nothdürftige visitationen und einen bestalten
gefasten kirchen rath zuverordenen.
Und haben desselbigen diese nachfolgende
uns zum höchsten ob - und anliegende ursachen
als nemlichen:
Dass itzo gemelte göttliche majestet diese
form, kirchen zu guberniren, selbst für die beste
gehalten, ja mündlich durch Mosen befohlen und
eingesetzt, auch mit wunderbarlicher darreichung
seines heiligen geistes bekräftiget, wird von Mosen
an bis auf Christum darüber gehalten, wie in vierten
buch Mose am eilften und volgend durch das ganz
alte testament klar zu sehen. So wenig aber nur
ein mensch, wie weise klug oder vorsichtig der-
selbe auch immer mehr ist, in andern sachen den
rath des allein weisen ewigen gottes verbessern
kan, also wenig wird auch hierinnen von uns
armen menschen ein besserer weg getroffen werden
können.
Zum andern so hat auch Christus im anfange
des neuen testaments solchen christlichen kirchen-
rath, so im alten verordnet gewesen, nicht alleine
nicht abgestelt, sondern aufs neu privilegirt und
bestetiget. Denn er je klärlich dasjenige, was ein
christ in sonderheit oder in gegenwart eines oder
zweien zeugen an seinem sündhaftigen bruder
nicht ausrichten oder gewinnen kan, an die ge-

meine gelanget haben wil, welches je klärlich
vom rath der eltesten, die der gemeine stim und
stat halten, lautet, und anders mit grunde nicht
kan vorstanden werden.
Fürs dritte haben die hocherleuchte treffliche
leute Samuel, David, Josaphat und dergleichen
im alten testament, item im neuen die apostel,
heilige väter und christliche potentaten der ersten
uralten kirchen in glaubens und geistlichen re-
gimentssachen auch selbst keine andere form für
bequemer, nützer und besser erachtet als eben
diese, dass man die embter des aufsehens aus-
getheilet, visitirt, synodos publicas und privatas,
consistoria und dergleichen gerichte der kirchen
durch anzehlige darzue deputirte und tägliche
leute gehalten.
Zum vierten, obwohl der satan als ein gemeiner
feind gottes und seiner kirchen in allen guten
ordnungen, aus verhengnüss desselben unordnung
gestiftet und untergemenget, jedoch bezeuget die
allgemeine erfahrung, dass in der kirchen gottes
nie keine form ihrer regierung besser gethan, als
eben diejenige, wann dieselbe durch mehr als
eine person mit gesambletem rath zugleich ver-
waltet worden, wie obererzehlte exempel und alle
bewehrte kirchen historien klärlich ausweisen.
Dargegen ist niemals keine gestalt der kirchen-
regierung schedlicher oder zu einführung eigenes
gewalts, ehrgeizes, geltsucht, rachgierigkeit, simonei
oder auch unreiner und falscher lehre bequemer
gewesen, als eben die monarchei einzeler leute,
wann alles auf einer person alleine gestanden,
wie aus des babstumb exempel fast in die tausent
jahr lang mit höchstem schaden befunden.
Zum fünften, wann wir nun über dis alles
unserer kirchensachen also wie jetzund und deme-
nach anders als gott der allmächtige selbst für’s
beste erkant, der herr Christus [fehlt: im] neuen
testament sonderlich approbirt, alle gottselige fromme
regenten, ein jeder an seinen ort, je und je ge-
braucht, auch all wege von anbeginn das beste
gethan, gleich widersinnisch anhin hangen liessen
und würden darunter gotts, seines worts, kirchen
und armer gewissen sachen, daran je mehr als an
der welt hendeln gelegen, versäumet oder da auch
gott sonst in gnaden vor sei, trüge sich etwa ein
heimlich geschmeiss oder auch öffentlich zu, würde
es niemands heftiger als uns von hoher obrigkeit
wegen in unser gewissen rieren, als die wir hier-
innen gott versucht und seiner von ihm selbst
eingesatzten althergebrachten heilwertigen mittel
nach unserem vermögen muthwillig nicht brauchen
hetten wollen.
Zum sechsten sind mehrersteils aller der
augspurgischen confession verwander frommer
christlicher fürsten und herrn exempel hierinnen
für augen, dass unsers wissens derselbigen keiner
 
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