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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0300

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286

Die Grafschaft Henneberg.

48. Visitations- und Consistorial-Ordnung. 1574. 1577.
[Nach dem Henneberg. Gem.-Archiv IV, C. 2 und der Abschrift von Juncker, Ehre (Dresdener Handschrift).]

Ausschreiben, in sich enthaltend die
ursachen, warumb ein absonderlicher
kirchen ratb angeordnet worden.
Von gottes gnaden Georg Ernst etc.
Wiewohl wir uns aus gottes wort christlich
und guter massen wohl zu bescheiden wissen, dass
die weltliche obrigkeit selber zu lehren oder mit
ihrem weltlichen regiment innerlich über die herzen
oder gewissen zu herrschen mit nichten berechtigt,
gleichwohl ist uns herwiederumb der wille des
allmächtigen gottes auch unverborgen, dass sie von
seines worts, reichs, kirchen und andern göttlichen
sachen die hand auch nicht allerding abthun und
an ihrer statt einem andern dieselben alleine be-
fehlen solle.
Dann dieses ir wort des lebendigen gottes,
allen regenten auf erden mit ernste gesagt, machet
die thore weit, und die thüre in der welt hoch,
das der könig der ehren einziehe, psalm 24, item
huldet dem sohne, dass er nicht zürne und ihr
umkommt auf dem wege, psalm 2, item die könige
sollen der kirchen pfleger und die fürsten derselbigen
säugammen seien, Esaias 49, item euch ist die obri-
keit gegeben vom herrn und die gewalt vom
höchsten, welcher wird fragen was ihr handelt
und forschen, was ihr ordnet, denn ihr seid seines
reichs ambtleute (Sap. 6). Welche und dergleichen
mehr sprüche warlich einem jeden regenten, dass er
es in seinem regiment wohl treffe, auferlegen, wie
sie desselben zur pflege der kirchen brauchen
und derenwegen dem lebendigen gotte als seine
beampten uf rechnung sitzen sollen. Zu deme
leuchten uns auch hierinnen aller gottsfürchtigen
weltlichen regiments personen manchfältige clare
exempel vor, wie dieselbige von anbeginn der
kirchen sich ihres ambts auch gegen derselben zu
brauchen schuldig erkant und befunden.
Was David ampts halben in gottes und
kirchensachen ihme hat angelegen sein lassen,
sehet man im ersten buch der Chron.: am 7., 14.,
16., 17., 24., 25. und anders wo mehr.
Wie herzlich und ernstlich auch Asa, Josa-
phat, Hiskia und Josia, gottes und seines worts
oder dienstssachen gemeinet und was vor grosse
geschäfte sie in denselbigen verrichtet, hat man
lebendige spiegel und vorbilde, 2. Chron. 14. 15.
17. 19. 29. 30. 31. 34. 35. Nebucadnesar war
eine heidenische obrikeit, doch gleich wohl do er
zu wahrer erkäntnüss gottes kommt, stellet er
kraft seines weltlichen regiments ordnung, wie sich
seine unterthanen in äusserlichen dingen gegen
dem wahren gott halten sollen (Daniel 3, v. 4).
Und dass man nicht vorwenden möchte, es

hätte mit regiments personen im alten testament
eine andere gelegenheit als im neuen, so ist in
der kirchen des neuen testaments doch von an-
beginn eben dasselbig also gehalten worden.
Das christliche obrikeiten in kirchen glaubens
und christlicher policei sachen auch allewege das
ihre darbei zuthun gehabt, synodos convociret,
leute darzu deputirt, auch ihnen process und noth-
wendige fürsehung und verordnungen anstellen
helfen, wie solches alle bewehrte historien nicht
allein von denen grossen keisern Constantino,
Theodosiis, Valentiniano, sondern auch ebener
massen von nidern special-oberkeitendes ganzen
alten recht heilgen reichs bis auf das babstum,
welches alle kirchen vorsehung alleine zu sich
gerissen, bezeuget.
Und ist hierüber auch dieses eben derjenigen
wohlthaten eine, die itzo zu diesen letzten zeiten
der allmechtige gott durch offenbarung seines
lieben worts seiner kirchen bewiesen, dass er der
geistlichen obrigkeit ihre von gott habende autoritet,
dass sie wissen, sie seien wohl keine weltliche
bäbste, die sie sich mit Saul’s und Usias handen
an kirchen gescheften über das ziel vorgreifen
solten, hergegen aber seien sie gleichwohl als vor-
nehme mitglieder, ja pfleger der kirchen, von
ihrer inspection und äusserlichen gubernation auch
nicht auszuschliessen, sondern vielmehr zur selben
aufs höchste verpflichtet, wie derenhalben in
d. Luthers seligen und auch anderen christlichen
lehrer schriften aus gottes wort gute bestimbte
und unterschiedliche masse zu finden. Auch sich
derselbigen alle christliche potentaten der augs-
purgischen confession in ihren gebieten gehalten.
Wir aber führen uns auch insonderheit zu
müthe, dass unser getreuer gott dieser herrschaft
bei regierung weiland des auch durchlauchtigen
hochgebornen fürsten, unsers gnädigen lieben herrn
vaters in gott seligen, das licht seines heilwertigen
worts gleich eben in höchsten gefahr beschwerung
und drangsal der armen und dermals hochbetrübten
wahren kirchen aufgehen und scheinen hat lassen,
dasselbige auch gleich mitten unter so vielen sturm
wider allerlei falscher rings umb uns hero schwe-
bender irrthumben, mehr aus besonderen und
lautern gnaden als einigen menschlichen mitteln
erhalten. Aber finden wir uns für gott und auch
in unsere gewissen, bede amts und dankbarkeit
halben, so viel desto mehr schuldig, bevorab, weil
es immer je länger je erger zu werden beginnet,
darnach auch nachmals unseren von gott befohlenen
vleiss einsehen und christliche mittelung uf das
beste so immer mehr möglich zu suchen und für-
zuwenden, damit es bei alter und wohlanhero ge-
 
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