Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0608

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
594

Das Fürstenthum Anhalt.

arm, es sei dann der schulmeister einer mit seinen
coralibus dabei und singe vor dem leiche her bis
zu dem kirchhof etliche geistliche gesenge, von
Martino Luthero darzu verordenet und gestellet.
Diejenige auch, so es vermogen, sollen demselben
schulmeister einen groschen zu geben schuldig
sein, den choralibus aber jedem ein semel oder
ein pfennig.
Weil auch bis anher keine sonderliche zeit
zur begrebnis verordent gewesen, und derhalben
die knaben oftmals an ihrer besten und nutzesten

lection verseumet gewesen, so hat ein erbar rath
sampt iren beden pastoribus vor gut angesehen
und beschlossen, das man ausserhalben gemeinen
sterben des tags nur einmal begraben solle, nem-
lichen des werktages nach neun uhren, wann die
knaben aus der schulen kommen, und des heiligen
tages und heiligen abends, zu einer uhr, uf das
sie von der begrebnis fort zu der vesper gehn.
In gemeinen sterben aber mag man des tages
zweimal begraben, nemlich nach neun und drei
schlege, wann die knaben aus der schulen kommen.

Die Abtei Gernrode.
Litteratur: Vgl. unter Anhalt, insbesondere; Popperod, Annales Gernrodenses, bei
Beckmann, Historie des Fürstenthums Anhalt. Accessiones Zerbst 1716, S. 27 ff.; Kind-
scher, in: Anhalt. Staatsanzeiger vom 26. Juli 1892; Franke, Elisabeth von Weida, in: Mit-
theilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte 8, 313 ff.; Suhle, Die Reformation im Stift
Gernrode, 1521, in: Unser Anhaltland. 1902. S. 489.
Archive: St.A. zu Zerbst. St.A. zu Magdeburg.
Das reichsunmittelbare Jungfrauenstift Gernrode, welches unter der Vogtei der An-
haltiner stand, wurde durch die Äbtissin Elisabeth von Weida († 1532) der Reformation zu-
geführt. Über den Zeitpunkt herrscht Streit. Kindscher, a. a. O. ist für 1525, Franke,
a. a. O. für 1526, und Suhle, a. a. O. bricht eine Lanze für das althergebrachte Jahr 1521.
Ich möchte aus allgemeinen Gründen den Termin nicht zu früh angesetzt sehen. Stephan Molitor
wird als erster Pfarrer genannt. Dass man sich auch in kirchlichen Dingen nach Anhalt richtete,
ist erklärlich. Es befindet sich im Staatsarchiv zu Zerbst (V, 2) ein Brief der Äbtissin Anna
an den Fürsten Georg von Anhalt vom 23. Juli 1541. Hier schreibt die Äbtissin u. A.: „Auch
haben wir die ordnung, wie es mit den frauchen gehalten wird, so gut sie auf diesmal zu-
sammengetragen hat werden mugen, sonderlich einschliessen und e. l. zuschicken wollen, die
werden e. l. ubersehen und uns ir freundlichs bedenken nicht verhalten.“
Diese Ordnung der Äbtissin liegt offenbar in einer im Zerbster Staatsarchiv, Vol. V, 209, 9
erhaltenen zeitgenössischen Aufzeichnung, welche die Aufschrift „Ordnung wie es mit dem gottes-
dienst in der kirchen gehalten wird zu Gernrode“ trägt, vor uns. Dafür spricht der Inhalt und
die wiederholte Bezugnahme auf „Euer liebden“ als Gutachter. Ich drucke diese Ordnung ab.
(Nr. 139.) — [Franke hat dieselbe in: Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte 8, 313 ff.
ohne jede Bemerkung abgedruckt.]
Als Gutachter liess man sich fremde Fürstlichkeiten gefallen, Visitationen dagegen
lehnten die Äbtissinnen als Eingriffe in ihre landesherrlichen Rechte entschieden ab. So als im
Jahre 1564 halberstädtische Räthe in Gernrode visitiren wollten (Magdeburger St.A., A. 13,
Tit. 1, Nr. 8). Andererseits konnte sich die Abtei dem Einflusse der Anhaltischen Fürsten nicht
ganz entziehen: Im Magdeburger St.A., A. 13, Tit. 1, Nr. 24 finden wir ein Rescript Joachim Ernst’s
an den Prediger zu Gernrode, das Schulwesen betr., vom Jahre 1585. Es ist dies um so leichter
erklärlich, als seit dem Jahre 1565 nur Damen aus dem Anhaltischen Fürstengeschlechte
regierten. [Auf Anna von Plauen 1532—1548 folgten Anna von Kittlitz 1548—1558, Elisabeth
von Gleichen 1558—1564, sodann: Elisabeth von Anhalt 1565—1568, Anna Maria von Anhalt
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften