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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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138. Vereinbarungen des gesammten Ministeriums zu Zerbst unter einander und mit dem Rathe zu Zerbst. 1545. 593

138. Vereinbarungen des gesammten Ministeriums zu Zerbst unter einander und mit dem Rathe zu Zerbst,
zusammengestellt vom Superintendenten Theodor Fabricius. 1545.
[Aus Zerbst, Superintendentur-Archiv, VI, S. 56 ff.]

Theodoricus Fabricius d. t. pfarrer und
superattendens zu Zerbst allen predi-
gern und gleubigen in Christo.
Nachdem, lieben und günstigen hern und
bruder in Christo, unser her Jesus Christus, der
einige geborne gottes sohn seinen lieben jüngern
so hochlich bevohlen hat, das sie sollen gehn in
alle welt und das evangelion predigen allen vol-
kern und sie teufen in dem namen des vaters,
des sons und heiligen geistes, Matth, und Marci
am letzen, und auch der apostel Paulus in den
geschichten der apostelen am 20., und der apostel
Petrus in seiner ersten epistel am 5. alle hirten und
prediger so getreuelich ermanen, das sie uf sich
selbs sehen und die herde Christi mit dem evan-
gelio speisen sollen, so ist keine bessere und got
gefelligere kirchen ordenung zu machen und auf-
zurichten, dann das wir diener des theuren evan-
gelions uns in demselbigen stetlich befleissigen
und die schofelein Christi damit getreulich speisen,
auch das scharfe gesetz Mosi allen hands mit under
dise süsse und himlische speise mengen, weil es
doch in der predige des evangelions verfasset ist,
damit die scheflein Christi durch diese süsse speise
des evangelions nicht faul werden und ewiglich
sterben, darneben, das wir die sacramente der
heiligen tauf und des leibs und bluts Christi, von
im ingesetzt und bevohlen, getreulich reichen und
treiben, und die scheflein Christi zu guten werken
und zu einem christlichen wandel treiben und
halten, damit sie geübet und getrieben werden
und in der furcht gottes bleiben mogen, zulest, das
wir auch uf uns selbs sehen und neben der reinen
lehr auch einen gotseligen wandel furen, uns under-
einander nicht hassen, ubel nachreden und in got-
lichen dingen unsern obersten gehorsam sein, damit
wir mit unseren ergerlichen leben nicht ver-
derben, das wir mit reiner lehr gebauet haben.
Doch damit diese bruderliche [fehlt etwa: ein-
tracht] desto vester gehalten werde, haben wir
uns undereinander vergleichen und vor gut an-
gesehen, wo einer under uns dienern des worts
krank wurde oder uber feld ziehen musste, das
die anderen wo moglich ihm seine predigt ver-
hegen sollen, wo aber seine krankheit oder aus-
bleiben sich zu lange verzüge, das als dann seiner
predigt zwo sollen fallen und ein erbar rath sampt
der gemein mit uns gedult tragen, bis der wider-
umben anheimisch kem oder gesund wurde. Doch
das in der andern kirchen mitler zeit uf die stunde
eine predigt geschehe.
Dieweil auch in dieser stat, bis anher von
Sehling , Kirchenordnungen. Bd. II.

unsern fornfarn wir diese festage entpfangen haben,
als die geburt Christi mit zweien nachvolgenden
tagen, die beschneidung Christi, die berufung und
besuchung der heiden , die opferung Christi, die
entpfengnis Christi, den ostertag und pfingstag mit
zweien nachvolgenden tagen, item die himmel-
fart Christi, desgleichen auch den heiligen sonn-
tag, so lassen wirs hierbei bleiben bis zu einer
gemeinen reformation der kirchen.
Wir haben auch mit wissen und willen eines
erbarn rats uns vereiniget und beschlossen, das
man in einer itzlichen kirchen 12 korales halten
solle, die des morgens mit der schulmeistern einen
die metten singen sollen, und darvor alle quartal
ein itzlicher vor solch 3 groschen nehmen, des-
selbigen auch von begräbnis der reichen 1 pfennig
oder semel. Desgleichen hat sich auch ein erbar
rath mit beden pfarhern vorglichen, das man wie
zu Wittemberg, und anderswo des heiligen tages
in der frupredigt und in der vesperpredigt, des-
selbigen gleichen auch in allen andern predigen,
so am werktage geschehen, nicht lenger soll dann drei
virtel1) von einer stunden, und des sontages zur hoch-
messen eine stund [fehlt etwa: predigen], damit die
zuhörer im gotlichen wort nicht verdrossen werden.
Uf das aber solliches gehalten moge werden, soll ein
seiger von drei virtel stunden vor dem canzel stehen,
damit der prediger sehen moge, wann er schliessen
soll, und der custer soll auch zween zaiger, einen
von einer stunden, den andern von dreien virtel
stunden bei sich behalten, und den saiger von
einer stunden zur hochmessen, und den zeiger von
dreien virtel stunden aber zu allen andern predigen
gebrauchen und umkeren, so bald der predicant
uf die canzel gehet, und wann also der seiger
vor einer oder dreien virtel stunden ausgelaufen,
so soll er mit einer darzu verordenten schellen
clingen, damit der predicant schliesse und der ge-
meine urlauben moge. Solliges soll geschehen in
beiden pfarkirchen zu Zerbst.
[Es folgen eine lateinische Schul-Ordnung
(Ordo lectionum) und eine deutsche Jungfrauen-
schul-Ordnung. Dieselben werden nicht abgedruckt.]
Von der begrebnüss.
Weil aber bis anher die begrebnus der armen
in beiden kirchen etwas einsam und verechtlich
gewesen ist, so hat ein erbar rath sampt beden
pfarhern vor gut angesehen und verordent, das kein
mensch soll begraben werden, er sei reich oder

1) Am Rande: ¾ stund predigt.

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