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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0362
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348

Die Grafschaft Henneberg.

der regel des herrn Christi Matth. 18 anzeigen
sollen.
Zum dritten sollen die eingepfarten dörfer
den siebendentheil der unkost, so auf den gottes-
acker gangen und noch hinforter gehen mochten,
tragen. Do aber kein neue pfarre dem wald-volk
aufgericht würde, sollen sie den viertentheil darzu
zugeben schuldig sein.
Man soll aber den kirchhof in der stat und
gottesacker draussen ehrlich enhalten, nicht zimmer1)
darauf legen, noch die kühe darauf gehen lassen,
oder spiel und ander leichtfertigkeit aldo treiben,
oder jemands zutreiben gestaten, sondern solche
der christen schlafkammer und ruhebettlein, zum
zeugniss der auferstehung der toden, ehrlich halten.
Es soll auch hinfort dem todengreber nicht
nachglassen werden die jüden zubegraben.
Zum vierten weil bis doher, heilgemeister-
ampt, brotspende, tuchspende, der kasten und das
ampt der kirchendiener besoldet, unterschieden
gewest, und aber solche weitlauftigkeit grosse un-
richtigkeit gebieret, als hat man beschlossen,
einem erbarn rath auch ernstlich bevohlen, das sie
alle oberzelte stiftung in den gemeinen kasten
tranferiren und in ein ampt schlagen sollen, sollen
darüber vier christliche erbar gottfürchtige und
aufrichtige menner, zwen aus dem rath und zwen
aus der gemeine ordnen, welche solchs gelt ein-
nemen, an gebürliche ort geben und der vorigen
ampt treulich und ernstlich verwalten sollen.
Solche mochten einen gewissen boten halten und
belohnen, welcher die ausstendige zins zu rechter
zeit einbrechtet und den verordneten castenherrn
uberantwortet. Domit man aber sehe, wem man
gebe, das das almosen nicht bösen unchristlichen
leuten zur sterkung ihrer und anderer bosheit ge-
reicht werde, soll man niemand hinfort die brot-
spende volgen lassen, er sei dan vom superinten-
denten , pfarrherrn, einem erbarn rath und den
eltesten (welche je umb eines itzlichen wandel
wissenschaft tragen sollen) zuvor dazu für not-
türftig erkand und angenomen, gleicher gestalt
soll man hinfort on gedachter person wissen,
niemand ins spital, siech oder franzosen heuser
einnemen, das man sich zuvor, wie sie ime cat-
echismo gegründet und ir leben zugebracht, er-
kundigen möge.
Zum fünften sollen die kastenmeister jerlich
den bevelhabern beider unser gnedigen fürsten und
herren, und einem erbarn rath, in beiwesen des
superintendenten und eines pfarrherrn unterschied-
liche klare und deutliche volstendige rechnung
und bezalung ires einnemens und ausgebens thun,
nicht schülde im hinderstant lassen, sondern die-

selbigen für der rechnung mit hülfe der rentmeister,
schüldessen und eines erbarn raths (denn dan
hiemit ernstlicher bevehl geschehen, das sie inen
schleunige hülfe thun sollen) einbrengen.
Zum sechsten sollen duchtige, erfarne, gott-
fürchtige ammen von einem erbarn rath mit vor-
wissen des pfarrherrn angenommen und nach
notturft besoldet, auch inen vom pfarrherrn unter-
saget werden, was ihr ampt sei, wie sich die hier-
innen halten sollen, das sie mütter und kind nicht
zu schaden bringen, sonder ernstlich mit dem
gebet und irem vleiss bei armen und reichen an-
halten, das das kind zur welt gesund gebracht werde.
Item wie sie es mit der nottauf halten sollen.
Und sollen jerlich die ammen aufs neue vom er-
barn rath in beiwesen des pfarrherrn, der dan
inen solchs aufs ernstlich[ste] fürhalten solle, an-
genommen und bestetiget, auch treulich ires ampts
unterrichtet werden. Sonderlich soll ein erbarer
rath inen untersagen, das sie sich der trunkenheit
enthalten, stets nüchtern, messig und gottfürchtig
leben.
Zum siebenten soll ein erbarer rath ein christ-
liche und gottfürchtige matron oder einen erbarn
alten man verordnen, der eine jungfraue schule
anfahe, mit vorwissen des superintendenten und
pfarrherrn, die jungfrauen umb einen zimlichen
Ion ime catechismo, geistlichen liedern und
psalmen unterweise, sie schreiben und lesen lere,
die litanei in der kirchen singen helfen. Dem
ein erbarer rath jerlich 20 fl. und 4 clafter holz
zur besoldung geben und ihn mit einem kirchen
haus versehen soll. Arme kinder sollen nichts geben,
die andern sollen im wochentlich 3 pfennig geben.
Domit man aber vleissig auf der schuldiener vleiss
achtung gebe, soll ein erbar rath zweien raths-
personen bevehlen, das sie alle monat ein mal
mit dem pfarrherrn in die knaben und jung-
fraue schule gehen, der diener vleiss und der
kinder aufnemen zu besichtigen, und im fall, do
die diener nachlessig, sie ernstlich zu reden setzen.
Deutsche knaben schule, welche den lateinischen zum
abbruck gereichen, sollen gar nicht gelieden werden.
Zunt achten soll man hinfort allwege des
sommers umb 4, des winters umb 6 uhr in der
pfarre frühe gebet halten, die stück des catechismi
von wort zu wort erzelen, ein stück nach dem
andern auf ein viertel stunde auslegen, darnach
gott die noth der ganzen christlichen kirchen für-
tragen, und das volk an ihre arbeit gehen lassen.
Und soll ein jeder hausvater und hausmutter für
sich selbs hinein gehen oder ire kinder und ge-
sinde darzu halten.
Man solle auch wochentlich am mittwochen
umb zwelf uhr eine stunde halten, do man von
jungen und alten den catechismum reposciren und

1) zimmer = bauholz.
 
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