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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0401
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Mühlhausen.

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1579 ward die Höchstdauer der Predigten auf ¾ Stunde festgesetzt.
Aber auch selbständig traf der Superintendent Anordnungen, welche der Fortbildung
des Kultus und des Rechts dienten. Die Passions- und ordentlichen Wochenpredigten verlegte
er in die „barfüsser oder catechismus-kirchen“; er verordnete, dass die Kinder und andere Per-
sonen , „so zuvor zum hochw. sacrament nicht gangen seien, ehe sie sich zur beichte und ab-
solution begäben, sich erstlich privatim bei den priestern im hause angeben sollten, damit man
sie zuvor verhören und in dem was sie nicht wissen sie desto eigentlicher berichten könne“,
und weiter, dass „die mägdelein des sonntags nach der nachmittags predigt sollten auftreten
und den catechismum öffentlich beten und dabei ein examen gehalten werden“. Zu diesem
Zwecke setzte er 1577 ein Spruchbüchlein zum Catechismus hinzu. Die Pastoren auf den Dörfern
sollten jeden Freitag den Katechismus „von stücken zu stücken“ predigen. —
Was das Spruchbüchlein anlangt, so seien hier folgende Bemerkungen gestattet. Ge-
wöhnlich wird das Jahr 1580 als Entstehungsjahr genannt (so bei Thilo, Helmbold, S. 92,
und darnach in Schmid, Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens,
IX, 121). Aber Frohne nennt ausdrücklich (Programm, 1712, S. 15) das Jahr 1577, und in
der Zwickauer Rathsschulbibliothek XV, VIII, 20 habe ich einen Druck in 80 von 1577 gesehen.
Derselbe führt den Titel: „Für der stadt Mühlhausen kinder etzliche furnemen sprüche aus dem
alten und neuen testament. Mühlhausen 1577“. Zur Würdigung dieser Spruchsammlung vgl.
Thilo, Helmbold, S. 92 ff.; Schmid, a. a. O.
Auch die Synoden wurden von ihm regelmässig veranstaltet.
1581 ertheilte der Rath dem Ministerium das Recht, die Kirchendiener selbst zu exami-
niren und zu ordiniren, während bisher die Candidaten nach auswärts geschickt worden waren.
Die Concordienformel wurde unterschrieben.
1586 starb Petrejus. Am 29. September 1586 erliess der Rath eine Ordnung über die
Zeit der Taufen und der Hochzeiten. Die „Brautmesse“ wurde auf „punkt elfe“, die Taufe auf
„punkt zwei“ angesetzt. (Frohne, Programm, 1713, S. 2.)
1586 wurde Mag. Ludwig Helmbold, ein Mühlhäuser Stadtkind, zum Superinten-
denten gewählt. Unter ihm beschloss das Ministerium, das Katechismus-Examen für Braut-
leute einzuführen „ob sie auch ihren catechismum könnten, wo nicht die auslegunge, doch die
gründlichen worte eines jeden hauptstücks“. Im Übrigen förderte Helmbold durch wissenschaft-
liche Anregungen und strenge Handhabung der Aufsicht die ihm unterstellte Geistlichkeit,
sowie durch Visitationen das gemeindliche Leben. Zu einer Visitation liess der Rath am 15. Juli
1592 folgendes Decretum von den Kanzeln verkünden: „Auf e. e. rats dieser stadt befehl wird
allen bürgern und einwohnern der kirchspielen in den vorstädten angekündigt und ernstlich
auferlegt, dass sie sammt ihren weibern, kindern und gesinde auf die zeit, tage und stunde,
wenn der herr superintendens die visitation nechst-künftig anordnen und fürnehmen würde,
sich fleissig zur kirchen finden und keinesweges ihren geschäften und andern dingen nachgehen,
noch sich davon absondern sollen. Darnach sich zu richten. Signatum Mühlhausen anno 1592
den 15. julii. Adspiret dei gratia. Amen.“
Ein bleibendes Denkmal hat sich Helmbold durch seine Dichtungen, namentlich durch
seine geistlichen Lieder, gesetzt. Vgl. dazu die schöne Biographie von. Thilo. —
Wenn wir auch im Vorstehenden manche Verfügung des Rathes oder der Superinten-
denten, manchen Beschluss der Geistlichkeit hervorheben konnten, die eine Fortbildung des Kirchen-
rechts bezweckten, so ist es doch bei der rechtlichen und politischen Situation Mühlhausens er-
klärlich , dass der Kurfürst von Sachsen auch in kirchlichen Dingen einen grossen Einfluss
behielt, und dass man sich in Mühlhausen nach den kursächsichen Kirchen-Ordnungen, soweit
man eigene nicht besass, richtete. Als am 24. Mai 1570 Kurfürst August die Mühlhausener
durch ein Schreiben vor den Flacianern warnte, schrieb der Rath zurück, dass seine Geistlichen
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