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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0488
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474

Das Bisthum Halberstadt.

lehr, leben und wandels, welcher die tugenden,
so S. Paulus 1. Tim. 3 von den predigern fordert,
habe und guter verständiger sprache und ausrede
in diese kirchen dienlich zu forschen und zu
trachten vermanet werden. Da dan also nach ge-
schickten personen, so hiebevorn in ambten gewest,
hin und wieder mit guter muessen getrachtet, soll
man dieselbe dem rath insinuiren und angeben.
Darauf dan derer geschickligkeit und gelegen-
heit an lehr, leben und ausreden mit vleiss von
etlichen vielen gründlich erforschet und erlernt,
auch durch etzliche verständige des raths selbst
in concionibus, da sie sesshaftig gehört und dan
eins jeglichen gelegenheit dem rath eingebracht
und angezeigt werden solle. Und da 2, 3 oder
mehr tüchtige personen erforschet und fürgeschlagen,
sollen alle geschworne des raths nach anrufung
des heiligen geistes darüber rathschlagen und aller
affection, nutz, freundschaft, liebe, hass oder neid
hindangesetzt, in betrachtung ihrer aide einen aus
den fürgeschlagenen frei eligiren, also das der
prozess in electione gehalten, das alle hern der
dreier rethe entweichen, die 3 bürgermeister
allein bleiben und sich unterlang berathschlagen
und jeder seine stimm geben und folgents ein
herr nach dem andern inbesonder verhört und wo
er aufstimmt, verzeichnet werden soll. Auf welchen
dan die meisten des raths stimmen werden, der-
selbe soll im namen des hern ordentlicher weis
schriftlich oder mündlich vocirt und berufen werden.
Wan aber im fall keine tugliche person, so
albereit im ministerio gebraucht, kan angetroffen
und derwegen eine aus den universitäten darzu
berufen muss werden, soll es mit derselben
election und vocation aller umbstende halber, wie
obberürt, zu erkunden und zuverfaren gehalten
werden.
Und wan der electus und vocatus consentirt
und sich zu uns zu begeben geneigt, soll er ge-
beten werden, sich alhie hören zu lassen. Nach
gethaner predigt soll durch den anwesenden pre-
dikanten der gemein, das der gehörte herr zum
ministerio und unser kirchen diener berufen, an-
gekundet und zum fleissigsten gebeten, das gott
ime gnade gebe, solch ambt zu göttlicher ehre
und unser seligkeit zu folenden, vermanet werden.
Wan dan der pfarher oder predicanten einer
angenommen wirt, soll ihnen ihr besoldung also-
bald angezeigt und das sie sich höher nicht er-
streckt, dan sie an sich selbst ist, verwarnet
werden. Ob dann jemands damit nicht content,
das er solchs nicht uf der canzel stets ansteche,
besondern das beim rath suche. Und wie wol
sich ein jeder seins ambts zu bescheiden wird
wissen, sollen sie doch uf folgende condition und
bescheid bestellt werden.

Von der lehr und ambt der prediger
in gemein.
1. Erstlich das sie das heilige evangelium ein-
drechtig und gleichförmig vermög und inhalts der
heiligen, göttlichen prophetischen und apostolischen
schriften, auch der augsburgischen confession rein
predigen und lehren, sich gesunder wort und reden
nach dem bevehl S. Pauli stets fleissigen, sich aller
rotten, secten, verdächtiger bücher, lehr und dis-
putirlicher sachen und fremder hendel, so in die
schulen gehörig, dadurch die kirche und gemeiner
mann mehr verwirret dan unterrichtet wirt, auf
der canzel, auch sonsten sich genzlich enthalten
solle.
2. Den gotteskasten getreulich helfen fördern,
die schule, hospitalen aufs wenigste in der wochen
zweier, und kranke ofte besuchen, blöde, arme,
trostlose gewissen in der beicht auch sonsten
fleissig, willig und unverdrossen unterrichten und
trösten.
3. Sollen sich auch in irem leben und wandel
unanstössig erzeigen und den pfarkindern mit
gutem exempel vorangehen, auch die irigen zu
aller christlicher zucht und erbarkeit zihen und
halten.
4. Auch mit den andern ein gut friedlich
sittig einig leben füren, keiner uf den andern
stechen und predigen noch einig ergerniss geben,
do sich aber span und gebrechen unter dem pfar-
hern und predicanten (das göttliche almechtigkeit,
gnediglichen verhüten wolle) zutragen würde und
durch einen erbarn rath nicht können concordirt
werden, sollen die irrungen vor das consistorium
welches unsers verhoffens in diesen landen soll an-
gerichtet werden oder in mangel dessen an etzliche
unverdächtige, wolgelerte personen in umbligenden
stedten, die der augsburgischen confess. gemäs rein
lehren, gelangt und durch dieselben mit zuthun eines
erbarn raths verhört und concordirt werden. Und
do dan einer oder mehr unrecht in seinen sachen
befunden, und in die concordien sich nicht schicken
würde, soll dem oder denselbigen ihr bescheid ge-
geben werden.
5. Auch das sie uf der kanzel iren affecten
nicht folgen noch nachhängen oder ire dreum und
privatos dolores, noch was zur aufruhr und ver-
achtung des raths dienstlich predigen oder lehren
sollen, dan do sie mengel oder gebrechen am rath
oder sonsten etwas an sie gebracht, das sie das-
selbe erst nach genommener gründlicher erkundi-
gung in geheim gütlich melden und freundlich
suchen und nicht sobalde uf der kanzel, in col-
lation und sonsten ex affectu darauf stechen, damit
nicht uneinigkeit erwecket und der pöfel zu un-
gehorsamb gereizt auch jemand an seinem leumuth
verletzt werde. Doch soll inen hiermit alle sünde
in genere und öffentliche ärgerniss in unser
 
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